Wer hat Angst vor der Angst? Das große Buch über die Angst, nicht nur für kleine Angsthasen. Von Milada Rezková. Rezension von Britta Kiersch

Wer hat Angst vor der Angst? Das große Buch über die Angst, nicht nur für kleine Angsthasen. Von Milada Rezková   Helvetiq Verlag ISBN 978-3-907293-09-6

Was für ein unfassbar fülliges, überraschendes und kluges Buch! Auf stolzen 200 Seiten dreht sich alles um die Angst und ihre vielen Facetten. Es ist durchaus geeignet, um Kindern (und Erwachsenen) das Gefühl der Angst zu erklären, den Sinn dieses Gefühls deutlich zu machen und die Angst vor der Angst zu nehmen, weil sie uns ja vor Schaden und Gefahren bewahrt und somit wichtig und unverzichtbar ist. Es geht also darum, dass wir die Angst als Teil unseres Lebens begreifen, denn ein Gewitter kann tatsächlich gefährlich für uns sein oder darum, Verbote der Eltern zu begreifen, weil sie Angst um ihr Kind haben.

Die Idee, die Angst selbst zur Erzählerin zu machen, finde ich großartig: „Ich heiße Angst.“ So stellt sich das schwarze Kugelwesen vor. „Keine Angst! Ich bin deine Freundin. Ich helfe dir! Ich sitze herum und warte, bis ich gebraucht werde. Du bemerkst mich, wenn etwas gefährlich ist… Dank mir springst Du nicht einfach so von einem Felsen… Erschrick nicht vor meinem Namen, es ist nur ein Wort …“ Und dann wird erklärt, was die Angst in unserem Körper macht, warum man vor Angst zittert, der Schweiß ausbricht und sich der Atem beschleunigt. Wir erfahren einiges über Albträume, Tiere und Angst und wie die Angst aussehen kann, was die Unterschiede zwischen Nervosität, Sorge, Beklemmung, Erschrecken und Grausen sind oder was eine Phobie ist. Alles wird heiter und klar erzählt und durch eine Vielzahl an sehr unterschiedlichen Illustrationen in buntem Genremix gekonnt präsentiert, was noch durch die Variationen in der Typografie unterstrichen wird.

Mir hat besonders die Geschichte „Der Dieb in der Speisekammer“ gefallen, in der ein Junge (der Detektiv Max Conan Doyle) seine Mutter um Pfannkuchen bittet, aber weil jemand das Backpulver geklaut hat, wird nichts daraus. Max schließt seinen Bruder an einen Lügendetektor an, weil er glaubt, dass er der Dieb war. Er überführt ihn der Lüge, aber dann stellt sich heraus, dass er das Backpulver mit einem Jungen getauscht hat, der es brauchte, um eine Bombe zu bauen. Ja, eine Bombe. Natürlich wird erklärt, wie das geht und das sollte man unbedingt selbst ausprobieren. Und was hat diese Geschichte in einem Buch über Angst verloren? Der Lügendetektor basiert auf der Annahme, dass eine bewusste Lüge bei dem lügenden Menschen die Angst hervorruft, beim Lügen ertappt zu werden. Das schlägt sich in körperlichen Veränderungen nieder. Man beginnt zu schwitzen, Puls und Atmung werden schneller und der sogenannte Polygraf kann das messen.

Ein rundum gelungenes Buch, dass keine Fragen offenlässt. Wer nach der Lektüre immer noch das Wort Angsthase verwendet, hat es wirklich nicht kapiert.

Wer hat Angst vor der Angst? Das große Buch über die Angst, nicht nur für kleine Angsthasen. Von Milada Rezková  

 

Erstellt: 17.05.2021 - 06:52  |  Geändert: 14.08.2021 - 09:12

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