Stern 111. Von Lutz Seiler. Rezension von Manfred Kunz

REZENSION
Stern 111. Von Lutz Seiler   Suhrkamp   ISBN 978-3-518-42925-9

Mit Lutz Seilers Roman geht es zurück in das erste wilde Jahr nach dem Mauerfall. Wir tauchen mit seiner Hauptfigur Carl Bischoff ein in das (Ost-) Berlin des Jahres 1990, in der noch alles möglich schien und alle Utopien geträumt werden durften. Carl kommt aus der Thüringer Provinz, will Dichter werden und schließt sich einer Gruppe junger Leute, dem „klugen Rudel“ an. Gemeinsam nehmen sie leerstehende Wohnungen und Häuser in Beschlag, bauen einen Gewölbekeller um zur Kneipe „Assel“, betreiben diese mit großem Erfolg und lassen so ihre Träume von politischer Freiheit praktisch werden.

Ein nicht minder wichtiger zweiter Handlungsstrang begleitet Carls Eltern, die sich unmittelbar nach der Grenzöffnung auf den Weg nach Westen machen und nicht nur in Notaufnahmelagern mit Bürokratie und Fremdenfeindlichkeit zu kämpfen haben. Ein historisch genaues und atmosphärisch dichtes Zeitpanorama und zugleich ein sinnlich-romantischer Künstlerroman - meiner Meinung nach das literarische Ereignis des Jahres.

Stern 111. Von Lutz Seiler

 

Erstellt: 06.12.2020 - 20:52  |  Geändert: 06.12.2020 - 20:56