I:Rez (Thema)


Nächte im Tunnel. Von Anna Woltz   Carlsen Verlag   ISBN 978-3-551-58474-8

Als Buchhändlerin bin ich immer froh über Neuerscheinungen, die weniger als 250 Seiten umfassen. Wir sind ja immer auf der Suche nach Titeln, die sich auch gut als Klassenlektüre eignen, weil wir danach oft von Lehrern gefragt werden und die sollen möglichst nicht so dick sein. Anna Woltz tut uns diesen Gefallen häufig, und ihr neues Buch ist darüber hinaus auch noch thematisch gut dafür geeignet, weil es 1940 in London spielt und das Leben während der deutschen Bombenangriffe beschreibt. Im Mittelpunkt steht die 14-jährige Ella, die lange in der Eisernen Lunge lag, weil sie an Polio erkrankt war und beatmet werden musste. Sie ist gerade erst wieder gesund geworden und leidet noch sehr unter der langen traumatischen Zeit. Außerdem hat sie ein Hinken zurückbehalten und braucht Spezialschuhe, worüber sie natürlich sehr unglücklich ist. An ihren heimlichen Traum, Schriftstellerin zu werden, kann sie gar nicht recht glauben.


Sem und Mo im Land der Lindwürmer. Von Frida Nilsson   Gerstenberg Verlag   ISBN 978-3-8369-6149-3  

Die Brüder Sem und Mo sind Waisen und leben bei ihrer Tante Tyra in großer Armut und müssen ihr den ganzen Tag bei der Arbeit helfen. Als die Tante wegen eines verlorenen Geldstücks Mo verprügelt, laufen die beiden weg. Bei ihrer Flucht treffen sie eine sprechende Ratte, die ihnen von ihrer Königin Indra erzählt, die sich sehnlichst ein Kind wünscht. Sie würden dort verwöhnt und umsorgt werden und dürften den ganzen Tag spielen.

Durch einen unterirdischen Gang gelangen die Brüder ins Land der Lindwürmer, denn Indra ist ein Lindwurm und lebt dort in einem uralten Schloss mit verschiedenen Tieren, die sie verzaubert und dadurch zu Dienern gemacht hat. Als die Ratte ihr den kleinen Mo bringt, ist Indra überglücklich und überschüttet ihn mit ihrer Liebe. Sem ist zuerst einfach nur froh, dass sie nicht mehr den ganzen Tag schuften müssen und in Sicherheit sind, aber schon bald fühlt er sich zunehmend unwohl.

Schön wie die Acht. Von Nikola Huppertz   Tulipan Verlag   ISBN 978-3-86429-484-6

Malte liebt Mathe und trainiert intensiv für die Matheolympiade. Er hat sich bereits für die Landesrunde qualifiziert, als in seiner Mathe-AG Lale auftaucht. Sie wird ebenfalls zum Landesentscheid fahren und ist somit eine ernstzunehmende Konkurrentin. Malte findet Lale großartig, aber sie verunsichert ihn auch extrem. Zudem ist bei ihm daheim gerade sowieso alles ziemlich chaotisch, denn seine 17-jährige Halbschwester Josefine – von deren Existenz er erst jetzt erfahren hat – wohnt vorübergehend bei ihnen und zwischen seinem Vater und Josefine gibt es ständig Streit. Als Malte von Josefines Mutter mehr über die Familiengeschichte und die Umstände ihrer Trennung von seinem Vater erfährt, wird klar, dass ihn das alles viel mehr angeht, als er geahnt hatte.


Hush - Verbotene Worte. Phantasyroman über Wahrheit und Lüge. Von Dylan Farrow   Loewe Verlag   ISBN 978-3-7432-0516-1

Bücher sind gefährlich.
Tinte kann tödlich sein.

Das gilt nicht für die Welt, in der wir leben, allerdings für Montane. Als dort vor ein paar Jahren die Flecken, eine Pandemie, ausgebrochen ist, wurden Bücher und Tinte und vieles weitere verboten. Dafür, dass diese Regeln eingehalten werden, sorgen die Barden, die gnadenlos über das verarmte und hungernde Volk herrschen. Eine Bewohnerin ist Shae. Doch sie fürchtet noch viel mehr um ihr Leben als andere, denn Shae hat ein Geheimnis: Immer, wenn sie etwas stickt, wird es real. Genau diese Gabe, die sie Anfangs für einen Fluch hält, wird später noch ihr Segen.

Rezension
Die Stadt ohne Wind. Band 1 – Arkas Reise. Von Éléonore Devillepoix   Insel Verlag   978-3-458-17960-3  

Als die junge Kriegerin Arka nach Hyperborea aufgebrochen ist, hatte sie nur ein Ziel. Ihren Vater finden. Einen Mann zur finden, der nicht gefunden werden will, ist nicht so einfach und in einer Stadt voller Gauner und Gefahren schon gleich gar nicht. Doch dann bekommt sie einen überraschenden Verbündeten, Lastyanax. Doch dieser verfolgt auch ein eigenes Ziel: Er will den Mörder fassen, der die Stadt in Angst und Schrecken versetzt. Die Wahrheit ist allerdings viel gefährlicher als gedacht und wird nicht nur das Vertrauen der beiden auf die Probe stellen, sondern auch ganz Hyperborea erschüttern.


Nordstadt. Von Annika Büsing   Steidl Verlag   ISBN 978-3-96999-064-3

„Wenn du mit wem anders rummachst, stecke ich die Stadt in Brand.“ – „Episch“, finden zumindest Nene und Boris.

Die beiden Hauptcharaktere des Kurzromans begegnen sich in ihren Zwanzigern, doch nicht immer ist es Liebe auf den ersten Blick, sondern manchmal eben erst auf den zweiten. Auch Nenes Leben ist keine Geschichte, die man in einem Märchenbuch entdecken würde und Boris nicht der Traumprinz, der auf dem weißen Pferd angeritten kommt. Was soll man auch erwarten, wenn man im Norden der Stadt aufwächst?


Hanna - Wackelpudding-Beine, Freundinnentage und das Glück der Erde. Von Kristin Varner   Ueberreuter Verlag   ISBN 978-3-7641-5238-3

Der Loewe Verlag mit seiner Loewe Graphix Reihe hat es vorgemacht und jetzt erscheint bei Ueberreuter ein Comicroman, der direkt zu den autobiographischen Titeln von Debbie Tung und dem gerade erschienen „El Taubinio“ von Cece Bell passt und diesen beiden Loewe-Titeln auch qualitativ ebenbürtig ist. Hanna ist eine pummelige Zwölfjährige und liebt Pferde, das Reiten und die Arbeit im Reitstall. Damit verdient sie sich die eine oder andere zusätzliche Reitstunde, denn sie besitzt kein eigenes Pferd. Leider trifft sie dort immer auf Jana, die sich häufig über ihre Körperfülle lustig macht. Auch Hannas älterer Bruder und dessen beiden Freunde sind wirklich fies zu ihr, Ausdrücke wie Schwabbelbacke und Dickmops muss sie regelmäßig über sich ergehen lassen, und natürlich leidet ihr Selbstbewusstsein sehr darunter. Wenigstens hat sie ihre Freundin Becky, die sie gernhat, so wie sie ist und ihre Reitlehrerin, die an sie glaubt und immer wieder bestärkt, egal wie oft sie vom Pferd fällt. Das Reiten und der Kontakt mit den Pferden ist ein wichtiger Halt in Hannas Leben.


Ich bin Joy. Von Jenny Valentine   DTV   ISBN 978-3-423-64094-7

Joy Applebloom ist eine Frohnatur. Ihr bisheriges Leben hat sie mit ihrer älteren Schwester Claude und den Eltern, die echte Globetrotter sind, in aller Herren Länder verbracht. Nach dem Tod der Großmutter zieht die Familie nach England zum Großvater und die beiden Mädchen gehen zum ersten Mal in ihrem Leben in eine Schule. Claude gewöhnt sich schnell ein und fühlt sich sehr wohl in ihrer Schule, bei Joy läuft es nicht so toll. Sie ist es nicht gewöhnt, so lange still und in geschlossenen Räumen zu sitzen, und Joy gerät schnell ins Visier ihrer Lehrerin, die auf der Einhaltung absurd erscheinender Regeln besteht. Kein guter Start, zumal auch das Leben im Haus des Großvaters eine echte Herausforderung ist. Aber dann findet Joy in Benny einen echten besten Freund und vielleicht kann das Leben in England doch noch richtig gut werden.


Mama, bist du's? Von Michael Escoffier   Moritz Verlag   ISBN 978-3-89565-425-1

Selten habe ich so über ein Buch gelacht! Und auch jetzt, beim vierten und fünften Anschauen kann ich mich noch köstlich amüsieren. Ein Kind trägt einen Hut, der ist aber so riesig, dass der ganze Kinderkopf darin verschwindet. „Mama?“ ruft es und mit Gepiepse antworten – 3 gelbe Küken. Noch einmal ruft das Kind: „Mama?“ „Mäh“, antwortet ein Schaf und die Suche geht weiter. Immer wieder ruft das Kind nach der Mutter und trifft weitere Tiere ohne ein einziges zu sehen.


Von Schildflöten, Herdmännchen und Großmaulnashörnern. Das kleine Tierlexikon bislang kaum bekannter Tiere. Von Juri Johansson
Kraus Verlag   ISBN 978-3-9823493-0-5

Wie ihr Name schon vermuten lässt, ist die Schmolle die beleidigte Leberwurst der Meere. Sie hat immer schlechte Laune, da sie mit der Gesamtsituation nicht einverstanden ist: Der Sand ist zu sandig, das Wasser zu wässrig, die Strömung zu strömig – die Schmolle findet an allem etwas auszusetzen. Mit diesem Tier lässt Juri Johansen seinen fantasievollen, geistreichen und höchst amüsanten Reigen an eigenartigen Tieren stilvoll ausklingen.
Er beschreibt deren besondere Verhaltensweisen und bringt immer wieder Licht ins Dunkel, denn wer weiß z. B., dass das Bisont als Kreuzung von Wisent und Bison gezüchtet wurde, damit man diese beiden Tiere nicht mehr miteinander verwechseln muss, denn die Unterschiede zwischen beiden kann sich doch eh keiner merken. Ob es um den Ichwardasnicht-Kranich oder den Tiefseehasen, die Geparden-Schnecke oder das Pyjamalama geht, vermag Juri Johansen wunderbare Wortspiele zu kreieren und grandiosen Nonsens zu erfinden, den er seinen kuriosen Wesen andichtet.