Friedrich Hölderlin zählt heute zu den bedeutendsten Lyrikern der Literaturgeschichte - und zu den umstrittensten. Nicht nur die Deutungen gehen weit auseinander, bereits die Lesart seiner Manuskripte wird seit einem Jahrhundert intensiv diskutiert. Und so ist auch die Geschichte der Hölderlin-Editionen eine umkämpfte Angelegenheit, von der Wiederentdeckung durch die George-Schule bis hin zur Revolution in der Folge der 68er Jahre. Als Michael Knaupp 1992 seine dreibändige Ausgabe begann, wurde diese von der Kritik als Meilenstein gefeiert.
Lyrik (Thema)
Schernikaus Opus Magnum ist Bibel und Travestie, Epos und Musical, ist äußerste Form und Vielfalt der literarischen Formen, ist als dokumentarische Bestandsaufnahme beider Deutschlands in den achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts von nachgerade bestürzender Aktualität - und immer heiter vertieftes Spiel mit der Änderbarkeit der Welt.
Urs Jaeggi, der Bildhauer, Dichter, Essayist, Romanautor, Soziologe, Zeichner, pendelt seit Mitte der 1990er Jahre zwischen Berlin und Mexiko-Stadt. Gedichte und Prosa hat er bereits in seinen Jugendjahren während der Banklehrzeit geschrieben. Und auch die im neuen Band vorliegenden Texte changieren zwischen Lyrik, Prosa und Essay: lustvoll verspielt, politisch, gesellschaftskritisch.
"Uns ist vorgehalten worden, wir hätten das Gedicht aus seinen hehren Gefilden auf die Müllkippe gezerrt. Nach diesem Weltbild besteht unser Publikum aus ungewaschenen Rüpeln ohne Bildung, aus Haschern, Huren, Junkies ... In Wirklichkeit setzte sich unser Publikum natürlich - wie das unserer Kritiker - aus kontaktscheuen Stenotypistinnen, aus Deutschlehrerinnen mit zwei Siamkatzen, aus ebenso vielen Pfarramtskandidaten wie Zollinspektoren zusammen. Und hier und da ein Schwerverbrecher; das kommt davon, wenn man die Leute lesen lernen lässt." Jörg Fauser
Adolf Endler war zweifellos einer der bedeutendsten Autoren der beiden Deutschland, ein singulärer in seiner Art. Sein erstes Gedicht veröffentlichte er als Siebzehnjähriger, zwei Jahre nach Kriegsende, noch im Rheinland, wo er als Sohn einer belgischen Mutter und eines böhmischen Vaters geboren wurde und bis 1955 lebte. Voller jugendlichem Elan (und wie er bald merkte: voller Illusionen) ging er dann in die DDR, studierte am Leipziger Literaturinstitut, schrieb und veröffentlichte bald Gedichte, Essays, Prosabücher, die er selbst phantasmagorisch nannte. Spätestens seit seinem Rauswurf aus dem Schriftstellerverband 1979 war er eine der wichtigsten Orientierungsfiguren für andere Autoren. Begriffe wie "Sächsische Dichterschule" oder "Prenzlauer Berg Connection" sind seine Erfindungen.
Die Auswahl umfaßt 36 Gedichte, die mit liebesfroher Grafik von Thomas J. Richter umrahmt wurden.
Schon in Fausers frühen Gedichten und experimentellen Prosatexten kann von Pose und Erfindung keine Rede sein. Da lebt jemand das, was er schreibt, was er als Text hinausbrüllt oder flüstert. Zu spüren sind auch Fausers erste Helden Kerouac und Burroughs, die ihn vielleicht nach Tophane und in die Sucht, vielleicht auch zum Schreiben getrieben haben. In diesen Texten, die von Beat bis Cut-up reichen, geht Fauser aufs Ganze - dies ist der Band, um ihn neu zu entdecken.
"und Vietnam und" - das sind Elegien, Sprüche, Maximen, Proteste gegen einen amerikanischen Krieg im Namen der Freiheit, der zum Trauma nicht nur einer Nation, sondern einer ganzen Generation wurde. Es sind "engagierte" Gedichte, die neue lyrische Formen erfanden. Diese damals ungewohnte Hineinnahme des lyrischen Ich ins politische Handgemenge blieb nicht ohne Folgen.
Ob als junger Wilder in den späten Jahren der Weimarer Republik oder als kritischer und engagierter Autor im Nachkriegsdeutschland: Günther Weisenborn hat immer wieder klar Stellung bezogen. Die Erinnerung an den Widerstand gegen die Nationalsozialisten war ihm ebenso wichtig wie das Warnen vor einem Wiedererstarken des Faschismus in der jungen Bundesrepublik, in der er sich immer wieder den Anfeindungen der Rechten ausgesetzt sah. Weisenborn war ein vielbeachteter und erfolgreicher Autor: Seine Stücke wurden von zahlreichen Bühnen im In- und Ausland gespielt, seine Romane in 18 Sprachen übersetzt. Heute ist vieles von dem, was er geschrieben hat, in Vergessenheit geraten - oder noch gar nicht veröffentlicht worden.
Dass Wiglaf Droste "ein genialer Journalist ist, der auch gut dichten kann, jedenfalls nicht schlechter als Erich Kästner" (Die Zeit), hat sich spätestens seit seinem hochgelobten Gedichtband "nutzt gar nichts, es ist Liebe" (2005) landesweit verbreitet, und seitdem wartet man auf eine Fortsetzung. Hier ist sie: "Wasabi dir nur getan?" ist eine verblüffende Mischung der Tonfälle und Fallhöhen: zart und herb, scharfsinnig und ausgelassen, melancholisch und ironisch - von "Angela Deutschland" bis zum hymnischen "Reherücken", von den gegen Soldaten geworfenen "Tomaten im Herbst" zu zärtlichen "Ohrenküssen", vom anagrammatischen "Leseesel" bis zum poetischen Ringen mit dem Trauma: "Zur Weihnachtszeit Besinnlichkeit".
