Surrealismus + Antifaschismus
Anthologie. Der Katalog zur preisgekrönten Ausstellung im Münchner Lenbachhaus
Der Surrealismus war nicht nur eine Kunstbewegung - er war eine politische Kraft. Surrealist:innen kämpften gegen Faschismus und Kolonialismus, unterstützten die Spanische Republik und hinterließen ein Erbe radikaler Poesie, Malerei, Fotografie und kritischer Theorie.
Dieser Ausstellungskatalog des Lenbachhauses München versammelt zentrale Manifeste und Texte des politischen Surrealismus - viele davon erstmals übersetzt - und zeigt die revolutionäre Bedeutung des Surrealismus als Methode, die bis in die Gegenwart wirkt.
Ausstellung Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München 15.10.2024 – 30.3.2025.
Bildbeschreibung von Theodor W. Adorno, Georges Bataille, Walter Benjamin, Andre Breton, Claude Cahun, Leonora Carrington, Aimé Césaire, Suzanne Césaire, Robert Desnos, China Miéville, Lee Miller, Karel Teige, Leo Trotzki, Paul Westheim et al.
Lenbachhaus: Zur Ausstellung | Zur Ausstellung (PDF)
Mit Traumprotokollen und Cadavres exquis die Welt ändern: Anfangs war der Surrealismus fast militant politisch. Wie er entschieden für Freiheit und Revolution stritt, doch dabei stetig an Boden verlor, zeichnet das Lenbachhaus nach – allerdings überladen und mit eigenwillig gesetzten Schwerpunkten. Der Ausstellungstitel ist so catchy wie missverständlich. Im gleichnamigen Song der Diskurspop-Band Tocotronic auf ihrem Album „Pure Vernunft darf niemals siegen“ (2005) beschwört Sänger Dirk von Lowtzow in poetischen Versen etwas, das durchaus nach surrealistischer Utopie klingt: „Ich mag’s, wenn sich die Wut entfacht/ Und ich mag Deine Zaubermacht … Wenn der Wahnsinn flammend grüßt/ Wenn die Träume Funken sprühen…“ usw.. Doch der Refrain hält schneidend dagegen: „Aber hier leben, nein danke“ – eine eindeutige Absage ans Sichverlieren im Irrationalen. Von Hannah Osterkorn Kunst & Film 26.02.2025
Was wäre wenn? Das ist eine kleine, eigentlich unscheinbare Frage, durch die sich ein Kosmos aus Träumen, Fantasien und Möglichkeiten auftun kann. Wie etwa im Roman „Die letzten Tage von Neu-Paris“ (2016) von China Miéville, der darin in einem ins Surrealistische übersteigerten Paris 1950 lebendige Kunstwerke gegen satanistische Nazis ins Rennen schickt. Ein historischer Bezugspunkt ist dabei die surrealistische Poesie- und Widerstandsgruppe La Main à plume, die 1941 im durch die Nazis besetzten Frankreich entstand. Beide, Miévilles irrwitziger Roman und die politischen Poet*innen, sind derzeit im Münchner Lenbachhaus Thema. Von Jürgen Moises artline 23.01.2025
Unter der Schablone wächst es wild: Was kommt raus, wenn die Kunst des Surrealismus als politische Bewegung gedeutet wird, wie es jetzt das Lenbachhaus München in einer Ausstellung tut? Für viele ist der Surrealismus wohl eher ein kitsch-ästhetisches Psychedelikum, wenn man etwa an Salvador Dalís Taschenuhren denkt, die auf seinen Bildern in irritierenden Landschaften wegschmelzen wie eine Scheibe erhitzter Raclettekäse. Da mag die Ausstellung „Aber hier leben? Nein danke. Surrealismus + Antifaschismus“ im Kunstbau des Lenbachhauses München überraschen. Denn in dieser Schau wird der Surrealismus nicht mehr als ein künstlerisch-literarischer Stil der Moderne dargestellt, sondern als „politisierte Bewegung von internationaler Reichweite und internationalistischen Überzeugungen“, so der Pressetext. Von Hans-Jürgen Hafner taz 26.10.2024
Erstellt: 09.04.2025 - 09:44 | Geändert: 09.04.2025 - 10:20