Die Lage
Mesut Bayraktar erzählt die Geschichten von Menschen, die in der Literatur selten vorkommen. Er beschreibt stille Wut und laute Wut. Was es bedeutet, wenn das Arbeitsamt dir mit Sanktionen droht. Wenn Vollstreckungsbeamte gegen deine Tür hämmern. ...
Wenn du deinen Körper verkaufst. Wenn deine Kollegen ins Personalbüro gerufen werden, einer nach dem anderen, und sie nicht wiederkommen. Wenn du von männlicher Gewalt verfolgt wirst. Wie es sich anfühlt, wenn dir im Ruhestand die Einsamkeit auflauert. Wenn du als Jugendlicher wegen deiner Herkunft ausgegrenzt wirst. Wenn Hass deine erste Liebe verprügelt. Und wenn du dich wehrst.
In Deutschland existiert ein Universum der Armut und Gewalt. In den Medien und in der Politik wird hingegen immer von Chancen, Aufstieg und fairem Diskurs gesprochen. Mesut Bayraktar erzählt mit poetischer Kraft und ungeschminktem Realitätssinn die Geschichten von Menschen, die in der Literatur nur selten vorkommen.
In einem der reichsten Länder der Welt werden ihre Leidenschaften und Bedürfnisse verneint. In achtzehn Erzählungen beschreibt er stille Wut und laute Wut. Er konfrontiert die Literatur und Sprache mit Lärm, Arbeit, Enge, Sehnsucht – mit einsamen Körpern und ihrem Widerstand. Die Geschichten sind intensiv, schockierend und einfühlsam.
Mesut Bayraktar hat einen Erzählzyklus über die Begegnung, den Streit und das Begehren von Menschen geschaffen, die mit ihren Bemühungen an den Klippen der Gegenwart zurückgewiesen werden.
INTERVIEW: „Die Revolution braucht ihre Geschichten“: Der Hamburger Autor Mesut Bayraktar beschäftigt sich in seinen Kurzgeschichten mit der Arbeiterklasse. Oldschool? Findet er nicht. von Jonas Kähler taz 21.11.2024
Stimmen der Besiegten: Der Erzählband »Die Lage« von Mesut Bayraktar ist Klassenliteratur im besten Sinn: Keine Stimme ertönt außer der Stimme der Herrschenden«, heißt es in Bertolt Brechts Gedicht »Lob der Dialektik« (1934), und: »Die Gewalt versichert: So, wie es ist, bleibt es.« Diesem erdrückenden Zustand setzt der 1990 in Wuppertal geborene Schriftsteller Mesut Bayraktar mit seinem neuen Buch »Die Lage« etwas entgegen. Er gibt den Besiegten eine Stimme, denen, die zu Bittstellern herabgedrückt worden sind, den Entwürdigten, Beiseitegeschobenen, für die die Welt – auch die literarische – keinen Platz hat. Die 18 Kurzgeschichten werfen Schlaglichter auf biographische Ereignisse sehr unterschiedlicher Art, denen zwei Dinge gemein sind: Die Protagonisten stammen aus der Arbeiterklasse, und sie leiden unter ihrer eigenen Unwissenheit. Lösungen bieten sich ihnen nicht. Von Matthias Rude junge Welt 05.11.2024
»Wenn ich seufze, dann brechen Berge«: Mesut Bayraktars »Die Lage« ist ein Wimmelbild der Ausgebeuteten im Kampf um Selbstbestimmung: Es gibt eine Szene in dem kursiv gesetzten Vorwort oder Prolog von »Die Lage«, in der Mesut Bayraktar eine Poetologie seines 300 Seiten starken Erzählbandes formuliert. Zur Premiere seines Theaterstücks »Gastarbeiter-Monologe« im Hamburger Schauspielhaus ist das Theater von proletarischen Körpern bevölkert und Bayraktar bemerkt: »Die staunenden Gesten im Foyer, die forschen Bewegungen in den Rängen, die ungezwungenen Gespräche im Saal, noch nie fühlte sich ein Theater so vertraut an.« Von Olivier David nd 19.06.2024
Der Autor
Mesut Bayraktar ist 1990 in Wuppertal geboren und aufgewachsen. Nach dem Studium der Rechtswissenschaft en und Philosophie arbeitete er in einer Kanzlei für Arbeitsrecht, in einer Zeitungsredaktion und in einer Theatergewerkschaft . Er ist Autor u.a. des Romans »Aydin – Erinnerungen an ein verweigertes Leben« (2021) sowie eines Sachbuchs zu G.W.F. Hegel »Der Pöbel und die Freiheit« (2021) als auch des Dramas »Die Belagerten« (2018). Im November 2021 wurde sein Theaterstück »Gastarbeiter-Monologe« im SchauSpielHaus Hamburg erstaufgeführt. Im Autumnus Verlag ist von ihm erschienen: »Wunsch der Verwüstlichen. Roman«
Erstellt: 10.12.2024 - 07:47 | Geändert: 31.01.2025 - 10:21