Kriegsspiele
Wie NATO und Pentagon die Zerstörung Europas simulieren
Der Krieg in der Ukraine spitzt sich weiter zu - damit nimmt nicht nur die Gefahr einer militärischen Eskalation zu. Auch die Propagandaschlacht wird von allen Konfliktparteien erbittert und mit den modernsten Manipulationswaffen geführt. Von russischer Seite wird immer wieder die Karte einer möglichen atomaren Konfrontation ausgespielt. Die Falken im Westen versuchen dagegen, die Gefahr eines Nuklearkrieges als gering und paradoxerweise den russischen Invasionshunger auf Europa gleichzeitig groß darzustellen. Dabei gerät ein Aspekt ins Hintertreffen: Bereits während des Kalten Krieges simulierten sowohl die NATO-Staaten als auch die Sowjetunion immer wieder einen möglichen atomaren Konflikt.
Heute führt die NATO diese Planungen und Übungen unter veränderten Vorzeichen fort. Doch über die katastrophalen Folgen einer solchen Konfrontation wird öffentlich kaum gesprochen, obwohl diese Übungen meist von einer vollständigen Zerstörung Deutschlands und weiterer Länder Europas ausgehen.
Inhaltsverzeichnis und Leseprobe des Verlags
INTERVIEW: Militärmanöver in Europa: "Das Bewusstsein der Bevölkerungen ist der Schlüssel": Was zeigen militärische Planspiele über eine mögliche nukleare Eskalation? Und wie kann öffentliche Meinung dem entgegenwirken? (...) Jährliche Militärmanöver der Nato und Russlands sowie Studien über die Folgen eines Atomkriegs auf europäischem Boden zeigen, dass eine militärische Eskalation des Ukrainekrieges für beide Konfliktparteien denkbar ist. Ein Gespräch über historische und aktuelle Militärmanöver und Planspiele, damit verbundene Gefahren sowie mögliche Auswege. Dr. Jonas Tögel ist Amerikanist und Propagadaforscher. Er kritisiert die Vorstellung, militärische Übungen würden zur Abkühlung der Gemüter beitragen. Und fordert eine stärkere öffentliche Debatte. Von Benjamin Roth Telepolis 19.01.2025
Stell dir vor, es ist Zeitenwende und keiner macht mit: Das neueste Buch des Propaganda-Forschers Jonas Tögel „Kriegsspiele – Wie NATO und Pentagon die Zerstörung Europas simulieren“ gibt einen erhellenden Einblick in die Militärplanung und -strategien zu einem möglichen Krieg zwischen Russland und dem westlichen Bündnis und ist ein leidenschaftliches Plädoyer für den Frieden: Alle reden aktuell vom Krieg, aber über die konkreten Folgen, den möglichen Ablauf und das Ausmaß eines solchen möglichen Krieges in und um Europa wissen wir dennoch viel zu wenig. Es werden „Bunker-Apps“ geplant, Krankenhäuser üben „Triage“ wie schon zu Corona-Zeiten, und die etablierten Parteien überbieten sich mit Forderungen nach Waffenlieferungen an die Ukraine sowie Erhöhung des deutschen Wehretats; auch die Bundeswehr pflastert die Städte mit Werbung zu, mit der sie um junge Männer wirbt. Trotz Trumps Versprechen, den Krieg in der Ukraine nach seinem Amtsantritt zügig zu beenden, stehen in Deutschland also weiter alle Zeichen auf Krieg. Die einfach mal so von Olaf Scholz im Frühjahr 2022 deklarierte „Zeitenwende“ scheint damit tatsächlich Realität zu werden. Von Maike Gosch NachDenkSeiten 18.01.2025
Kriegsübungen: Mit seinem Buch „Kognitive Kriegsführung“ hatte Jonas Tögel, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl Pädagogische Psychologie in Regensburg, 2023 eine Analyse der Manipulationstechniken zum Zweck der Kriegsführung insbesondere der NATO vorgelegt. Mit seinem neuen Buch „Kriegsspiele“ liefert er gewissermaßen die Hardware nach: „Wie NATO und Pentagon die Zerstörung Europas simulieren“, lautet der Untertitel. Im ersten Kapitel stellt Tögel die „Herzlandtheorie“ vor, die Europa als Dreh- und Angelpunkt geostrategischer Überlegungen definiert. Ursprünglich Anfang des 20. Jahrhunderts formuliert, nehmen zeitgenössische Weltenplaner hierauf Bezug, so etwa der durch seine Schachbrett-Theorie bekannt gewordene US-Sicherheitsberater Zbigniew Brzeziński. Das Herzland sei der Schlüssel zur Weltherrschaft für die USA – unverzichtbar hierbei die Kontrolle der Länder „südlich von Russland, beispielsweise der Ukraine, (von) Usbekistan, Turkmenistan oder Georgien, die ebenfalls zum Herzland gehören“. (S. 16) [Ein Beitrag aus Unsere Zeit] redglobe.de 15.01.2025
REZENSION: Jonas Tögel zeigt anhand militärischer Planspiele auf, dass die USA bei einem allfälligen großen Krieg auf dem eurasischen Kontinent die nukleare Zerstörung europäischer Länder, inklusive Deutschlands, in Kauf nehmen. Vor diesem Hintergrund betont der Propagandaforscher mit Bezug auf die aktuellen Konflikte die Relevanz der Friedensbewegung: Bücher, die sich kritisch mit der NATO auseinandersetzen, fokussieren sich vorwiegend auf die Expansion der Organisation und auf deren Wandlung von einem Verteidigungs- zu einem Angriffsbündnis. Dabei geht es um Kriege gegen Länder, die kein Land der Allianz angegriffen haben, wie zum Beispiel Jugoslawien, Afghanistan und Libyen. Ein solcher Angriff wäre jedoch laut Artikel 5 des Nordatlantikvertrags Voraussetzung für eine gemeinsame militärische Reaktion. Jonas Tögel schreibt in seinem neuen Buch «Kriegsspiele – Wie NATO und Pentagon die Zerstörung Europas simulieren» hingegen darüber, welche Gefahr die Allianz und die US-Kriegstreiber für Europa selbst darstellen, insbesondere für Deutschland. Auf kompakten, knapp 100 Seiten konzentriert sich der Autor dabei auf die atomaren NATO-Militärübungen während des Kalten Krieges. Von Konstantin Demeter Transition News 12.01.2025
Der Autor
Dr. Jonas Tögel ist Amerikanist, Propagandaforscher und Bestsellerautor. Er hat zum Thema Soft Power und Motivation promoviert und arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Psychologie der Universität Regensburg. Seine Forschungsschwerpunkte sind unter anderem Motivation, der Einsatz von Soft-Power-Techniken, Nudging, Propaganda sowie epochale Herausforderungen des 20. und 21. Jahrhunderts. Bei Westend erschien zuletzt sein Bestseller Kognitive Kriegsführung (2023).
Europa in Gefahr | Ulrike Guérot & Jonas Tögel
In diesem Gespräch diskutiert Katrin Seibold mit Jonas Tögel, Autor von “Kriegsspiele”, und der Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot über heute öffentliche Simulationen zur Zukunft Europas nach dem Zweiten Weltkrieg.
„Kriegsspiele“ als kognitive Operation – das beobachten die beiden Wissenschaftler aktuell. In diesem Gespräch verfolgen sie die Ursachen bis zurück ins Jahr 1945, als die „Operation Undenkbar“ begann.
Wie Dr. Jonas Tögel in seinem Buch „Kriegsspiele“ ausführt, plante Winston Churchill jene „Operation Unthinkable“, „von der die Öffentlichkeit erst 1998, mehr als fünf Jahrzehnte nach ihrem Entwurf erfahren sollte“ (Tögel, Jonas: Kriegsspiele, S. 22).
„Der auf den 22. Mai 1945 datierte Plan sah vor, bereits am 1. Juli 1945, keine zwei Monate nach der Kapitulation Deutschlands, die in Europa stationierten sowjetischen Kräfte mit einem massiven konventionellen Überraschungsangriff zurückzudrängen. (…) Churchills Vorhaben war so ambitioniert, dass selbst die britischen Befehlshaber, die den Plan ausgearbeitet hatten, lieber von einer „unmöglichen“ als von einer „undenkbaren“ Operation sprachen und diese daher auch als „Mission Impossible“ bezeichneten.“ (Thomas Kielinger, Thomas: Als Churchill den „russischen Bären“ angreifen lassen wollte. WELT: 24. März 2023) Prof. Dr. Ulrike Guérot hat sich mit Tögels Buch auseinander gesetzt und erläutert Aspekte davon im Kontext des Zusammenspiels europäischer Staaten.
Moderiert von Katrin Seibold, möchten die beiden Möglichkeiten für Frieden in Europa und der Welt herausarbeiten. Soft-Power-Techniken, die Gefahr einer Eskalation des Ukraine-Krieges für den gesamten Globus und Deutschlands Verantwortung werden hier ebenso skizziert wie Auswege:
„Der starke Wunsch der Zivilbevölkerung nach Frieden bildet daher einen empirisch nachweisbaren Gegenpol zu militärischen Vorhaben. (…) Es ist folglich heute wichtiger denn je, sich möglichst unabhängig eine Meinung über politische Fragen zu bilden, und jedes Narrativ, das dazu beiträgt, Kriege, Waffenlieferungen oder Ähnliches zu unterstützen, kritisch zu hinterfragen.“ (Tögel: Kriegsspiele, S. 89-90)
Ulrike Guérot und Jonas Tögel schließen sich in diesem Interview dem Friedensnobelpreisträger, Theologen und Arzt Albert Schweitzer an, der 1958 feststellte, dass nur die öffentliche Meinung in der Lage sei, einen solchen Krieg zu verändern:
„Die Regierungen können durch solche, die anderer Meinung sind, abgelöst werden. Die Völker sind das Bleibende. Ihr Wille ist das Entscheidende. In unserer Zeit müssen wir uns also darüber im klaren sein, dass, wenn keine öffentliche Meinung der Völker für die Abschaffung der Atomwaffen vorhanden ist, diese nicht durchgeführt werden kann. (…) Die Völker als solche müssen gegen die Atomwaffen sein, wenn es gelingen soll, diese loszuwerden.“
(Ingeborg Maus: Justiz als gesellschaftliches Über-Ich: Zur Position der Rechtsprechung in der Demokratie. Suhrkamp 2018, S. 71)
Erstellt: 22.01.2025 - 07:49 | Geändert: 14.07.2025 - 14:01