Jenseits von Natur und Kultur
Seit der Zeit der Renaissance ist unser Weltbild von einer zentralen Unterscheidung bestimmt: der zwischen Natur und Kultur. Dort die von Naturgesetzen regierte, unpersönliche Welt der Tiere und Dinge, hier die Menschenwelt mit ihrer individuellen und kulturellen Vielfalt. Diese fundamentale Trennung beherrscht unser ganzes Denken und Handeln. In seinem faszinierenden Buch zeigt der große französische Anthropologe und Schüler von Claude Lévi-Strauss, Philippe Descola, daß diese Kosmologie alles andere als selbstverständlich ist.
Dabei stützt er sich auf reiches Material aus zum Teil eigenen anthropologischen Feldforschungen bei Naturvölkern und indigenen Kulturen in Afrika, Amazonien, Neuguinea oder Sibirien. Descola führt uns vor Augen, daß deren Weltbilder ganz andersartig aufgebaut sind als das unsere mit seinen »zwei Etagen« von Natur und Kultur. So betrachten manche Kulturen Dinge als beseelt oder glauben, daß verwandtschaftliche Beziehungen zwischen Tieren und Menschen bestehen. Descola plädiert für eine monistische Anthropologie und entwirft eine Typologie unterschiedlichster Weltbilder. Auf diesem Wege lassen sich neben dem westlichen dualistischen Naturalismus totemistische, animistische oder analogistische Kosmologien entdecken. Eine fesselnde Reise in fremde Welten, die uns unsere eigene mit anderen Augen sehen läßt.
Anthropologie: Hinter dem Schleier der Natur - Der große französische Anthropologe Philippe Descola kämpft für ein "Jenseits von Natur und Kultur". Die Hamburger Zeitschrift "Mittelweg 36" hat ihm nun ihr jüngstes Heft gewidmet. Von Gregor Dotzauer Tagesspiegel 24.11.2013
Pressestimmen:
Aberwitzige Ontologien und bizarre Metaphysiken (...) „Jenseits von Natur und Kultur“ ist der ambitionierte Versuch, die Art, in die der Mensch sich in die Welt eingliedert, anhand bloß zweier Merkmale so zu schematisieren, dass prinzipiell jede Ontologie damit erfasst werden kann. Im Mittelpunkt eines ethnologischen Buches steht natürlich das Verhältnis des Menschen zur Natur, insbesondere zu den Tieren. Der Autor, Philippe Descola, ist Schüler des großen Ethnologen Claude Leví-Strauss und derzeit Inhaber eines Pariser Lehrstuhls für Anthropologie der Natur. Von Stefan Diebitz Literaturkritik 23.04.12/ 11.08.23
Für das Nebeneinander verschiedener Weltbilder - ANTHROPOLOGIE: Der Ethnologe Philippe Descola will mit seinem Buch „Jenseits von Natur und Kultur“ die Reduktion auf binäre Oppositionen überwinden. Von HELMUT HÖGE → taz 12.12.11
Der Stil macht die Welt - Natur ist nicht, was übrig bleibt, wenn man Kultur fortlässt: Philippe Descola hat ein großes Buch über eine alte Unterscheidung geschrieben. Von Helmut Mayer FAZ 23.11.2011
Der Autor:
Philippe Descola, geboren 1949, ist emeritierter Professor für Anthropologie am Collège de France und gilt als der bedeutendste französische Anthropologe der Gegenwart. In seinen Forschungen entwickelt er eine vergleichende Anthropologie, die sowohl die Humanwissenschaften als auch die Reflexion über die ökologischen Herausforderungen unserer Zeit revolutioniert hat. Für sein Werk wurde er vielfach ausgezeichnet, u. a. mit der Goldmedaille des Centre national de la recherche scientifique (CNRS), der höchsten wissenschaftlichen Auszeichnung Frankreichs. Sein Buch Die Formen des Sichtbaren. Eine Anthropologie der Bilder gewann 2021 den Prix Fondation Martine Aublet.
Die Übersetzerin:
Eva Moldenhauer, 1934 in Frankfurt am Main geboren, war seit 1964 als Übersetzerin tätig. Sie übersetzte Literatur und wissenschaftliche Schriften französischsprachiger Autoren ins Deutsche, u.a. von Claude Simon, Jorge Semprún, Marcel Mauss, Mircea Eliade, Gilles Deleuze und Lévi-Strauss. Sie wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u.a. mit dem Helmut-M.-Braem-Übersetzerpreis und dem Paul-Celan-Preis. Eva Moldenhauer verstarb am 22. April 2019.
Die Übersetzerin auf Wikipedia
Nachwort:
Michael Kauppert ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für allgemeine und theoretische Soziologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
Wer hat die Natur erfunden? | Offene Ideen | ARTE
→ ARTEde Youtube 05.12.22
Erstellt: 29.03.2024 - 20:54 | Geändert: 29.03.2024 - 21:11