Politische Ökonomie der Zeitenwende
Perspektiven der Regulationstheorie

Derzeit erleben wir eine Zuspitzung von Krisentendenzen. Fragile globale Produktionsnetzwerke sowie die Energiekrise infolge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine ließen die Inflation in die Höhe schnellen und ermöglichten profitmaximierende Preisaufschläge. Die Covid-19-Pandemie offenbarte und verschärfte die Krise sozialer Reproduktion. Angesichts der dramatischen Zuspitzung der Klimakrise soll mittels grüner Industriepolitik eine umfassende Dekarbonisierung von Industrie und Energieversorgung eingeleitet werden. Stehen wir also am Beginn einer neuen, möglicherweise post-neoliberalen Entwicklungsformation des Kapitalismus?
Aus regulationstheoretischer Perspektive unternimmt der Band eine Bestandsaufnahme aktueller kapitalistischer Veränderungsdynamiken und beleuchtet das Verhältnis von Kontinuität und Bruch entlang verschiedener Politikbereiche. Zugleich stellt er das analytische und zeitdiagnostische Potenzial des Regulationsansatzes angesichts der aktuellen Entwicklungen und der neuen Diskussion über "Wachstumsmodelle" auf den Prüfstand.
Es schreiben: Roland Atzmüller, Joachim Becker, Hans-Jürgen Bieling, Uli Brand, Alex Demirovic, Christoph Görg, Susanne Heeg, Stefanie Hürtgen, Philipp Köncke, Thomas Sablowski, Birgit Sauer, Stefan Schmalz und Markus Wissen.
REZENSION: Im Verlag Westfälisches Dampfboot ist aktuell ein Sammelband erschienen, der der Bedeutung und der neuen Konjunktur der Regulationstheorie Rechnung trägt: Etienne Schneider/Felix Syrovatka (Hrsg.): Politische Ökonomie der „Zeitenwende“. Perspektiven der Regulationstheorie. Aus regulationstheoretischer Sichtweise unternimmt der Band eine Bestandsaufnahme aktueller kapitalistischer Veränderungsdynamiken und analysiert an unterschiedlichen Politikbereichen das Verhältnis von Kontinuität und Bruch. Deshalb ist dieses Buch wohl als eine Weiterentwicklung des Sammelbandes Fit für die Krise? Perspektiven der Regulationstheorie zu verstehen, ebenfalls im Verlag Westfälisches Dampfboot (2013) erschienen. Durch die gesellschaftstheoretische Fundierung der Regulationstheorie ist es möglich, nicht nur aktuelle Krisenprozesse zu erklären, sondern diese auch in einem umfangreicheren Rahmen politökonomisch zu analysieren. „Denn wenn heute von ‚Zeitenwende‘ und ‚Polykrise‘ die Rede ist, dann ist dies eben auch als Suche nach Begriffen zu verstehen, mit denen sich die aktuellen Umbrüche und Disruptionen in ihrem gesellschaftspolitischen Zusammenhang erfassen lassen. Genau dafür bietet sich die Regulationstheorie mit ihrem breiten analytischen Instrumentarium an“, so die beiden Herausgeber in ihrem Vorwort über Bedeutung und Wirkungsmacht dieser Theorie. (7) Die kapitalistische Entwicklung wird, so das Grundverständnis dieser Theorie, als strukturell widersprüchlich gesehen. Die raum-zeitliche Akkumulations- und Regulationsweise, die gesellschaftlichen Strukturen und Institutionen werden grundlegend analysiert und es wird dabei aufgezeigt, wie diese Widersprüche bearbeitet und eingehegt werden. Für die beiden Herausgeber hat diese Theorie „wie kein anderer theoretischer Ansatz zur Periodisierung und zum Verständnis kapitalistischer Entwicklungsphasen und ihrer Krisen beigetragen“. Von Wolfgang Kastrup Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung 21.10.2024
Perspektiven der Regulationstheorie: (...) Der Band ist das Ergebnis einer intensiven Diskussion im Rahmen der Assoziation für kritische Gesellschaftsforschung (AkG) über die Aktualität und den Nutzen der Regulationstheorie in Zeiten von Krieg, Krise und Klimakatastrophe. Die elf Beiträge gehen daher der Frage nach, ob die Regulationstheorie auf der Höhe der «Zeitenwende» ist und die mit der Polykrise verbundenen Entwicklungen analytisch fassen kann. Von Bernd Hüttner Rosa-Luxemburg-Stiftung 31.05.2024
Die Herausgeber
Etienne Schneider, geb. 1989, arbeitet am Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien und ist Mitglied der Redaktion der PROKLA sowie der Assoziation für kritische Gesellschaftsforschung. Seine Arbeitsschwerpunkte: materialistische Staatstheorie, Politische Ökonomie der Krise in Europa und Gesellschaftstheorie im Anschluss an Marx.
Felix Syrovatka ist Politikwissenschaftler und arbeitet derzeit an der Freien Universität Berlin als Koordinator und Post-Doktorand des Promotionskollegs "Gerechtigkeit durch Tarifvertrag". Er forscht zur Politischen Ökonomie der Europäischen Integration sowie zur Arbeits-, Tarif- und Sozialpolitik.
Erstellt: 13.01.2025 - 08:18 | Geändert: 13.01.2025 - 08:44