Die Prüfungen des Lebens
Der Staat als Garant von Sicherheit: Immer mehr Bürgerinnen und Bürger westlicher Demokratien teilen dieses Verständnis nicht mehr. Was ist der Grund dafür? Woher kommt die Wut vieler Menschen, die sich im Netz oder auf der Straße formiert?
Im Zentrum von Pierre Rosanvallons neuem Buch stehen die Prüfungen des Lebens, persönliche Erfahrungen mit Geringschätzung, Ungerechtigkeit, Diskriminierung und Ungewissheit. Er richtet den Blick dabei auf so unterschiedliche Bewegungen wie Black Lives Matter, #MeToo oder die »Gelbwesten« und befasst sich mit den Folgen der Verunsicherung durch den Klimawandel und die Covid-19-Pandemie.
Rosanvallons präzise Gegenwartsbeschreibung mündet in ein Plädoyer für eine »neue Regierungskunst«, eine Politik des Respekts, der Würde und der Aufmerksamkeit für die erlebten Realitäten. Das sei die einzige Alternative zu den »Gefahren, die mit dem Populismus auf der einen Seite und dem Technoliberalismus und der Politik der Abschottung auf der anderen Seite verbunden sind«.
Dieses Buch eröffnet eine neue Etappe in der Arbeit des renommierten Demokratieforschers, die sich der subjektiven Dimension der Gesellschaft, einer Neudefinition der sozialen Frage und den Bedingungen für eine Konsolidierung des demokratischen Lebens widmet.
Pierre Rosanvallon ist ein prominenter Autor, der in rascher Folge viel beachtete Werke zur Demokratiegeschichte, zur politischen Gegenwartsdiagnose und zu grundlegenden sozialen Fragen vorgelegt hat. In der „Neuen Politischen Literatur“ hat ihm Lutz Raphael 2013 bereits eine ausführliche Werkschau gewidmet. Rosanvallons neuestes Buch liefert eine Analyse insbesondere der französischen Gegenwartsgesellschaft und trägt den merkwürdig poetischen, geradezu elegischen Titel „Die Prüfungen des Lebens“. Der Autor benutzt die Kategorie der „Prüfungen“ freilich ganz ernsthaft als analytisches Instrumentarium, um den Blick auf die subjektiven Lebenslagen, Probleme und Erfahrungen zu lenken, die die jüngsten gesellschaftlichen, ökonomischen und politischen Entwicklungen mit sich bringen. Mehr als in seinen vorausgegangenen Büchern versteht sich Rosanvallon hier als Soziologe, der seine Aufmerksamkeit zahlreichen Problemlagen der Gegenwartsgesellschaft widmet, die als individuelle Herausforderungen erlebt werden. Von Emanuel Richter ResearchGate 17.01.2023
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Der Autor:
Pierre Rosanvallon war von 2001 bis 2018 Professor für Moderne und Zeitgenössische Geschichte der Politik am Collège de France und Directeur de Recherche an der École des Hautes Études en Sciences Sociales (EHESS). 2001 rief er den internationalen intellektuellen Workshop »La République des Idées« ins Leben, deren Vorsitzender er ist. 2016 wurde ihm der Bielefelder Wissenschaftspreis im Gedenken an Niklas Luhmann verliehen. Pierre Rosanvallon ist einer der renommiertesten Demokratieforscher von internationalem Rang und hat zahlreiche Schriften publiziert, die in 22 Sprachen übersetzt und in 26 Ländern herausgegeben wurden. (Stand: Oktober 2020)
Die Übersetzerin:
Ursel Schäfer studierte Politikwissenschaft und Germanistik. Dass Übersetzen Spaß machen entdeckte sie bei ihrer Promotion über die französische Parteienlandschaft. Nach einigen Jahren als Wissenschaftliche Mitarbeiterin an einem Lehrstuhl für Politikwissenschaft war Übersetzen aus dem Französischen und Englischen seit 1988 ihr Hauptberuf. Sie übersetzte über hundert Bücher, vorwiegend Sachbücher aus den Bereichen Politik, Wirtschaft und Finanzen, Geschichte und Biografisches. Seit 2012 übersetzte sie außerdem regelmäßig Beiträge für die deutsche Ausgabe von “Le Monde diplomatique”. Seit 2022 ist sie in Rente.
Erstellt: 22.08.2024 - 07:00 | Geändert: 18.09.2024 - 12:40