John Mearsheimer: «Ich hätte dasselbe getan wie Putin. Ich hätte die Ukraine sogar noch früher überfallen» Der amerikanische Politologe John Mearsheimer sieht die Schuld am Krieg in der Ukraine beim Westen. An eine friedliche Lösung glaubt er nicht. Trump verachte die Europäer, und der Kontinent stehe womöglich vor neuen Kriegen. Herr Mearsheimer, haben Sie Wladimir Putin jemals getroffen? Nein, ich habe ihn nie getroffen. Aber Sie legen grossen Wert darauf, dass Putin ein rationaler Akteur sei. Warum? Es ist ganz klar, dass Putin ein erstklassiger Stratege ist und sich rational verhält. Das bedeutet nicht, dass man mit seinem Handeln einverstanden sein oder es gut finden muss. Putin hat seit April 2008, als die Nato erklärte, dass die Ukraine Mitglied werden würde, eines sehr deutlich gemacht: Er und seine russischen Eliten betrachten die Nato-Mitgliedschaft der Ukraine als existenzielle Bedrohung für Russland. Seitdem hat er nach dieser Überzeugung gehandelt. Dazu gehört auch die Entscheidung, im Februar 2022 in die Ukraine einzumarschieren. Aus Sicht der russischen Interessen hat er sich also strategisch klug verhalten Das Interview führte Benedict Neff Neue Zürcher Zeitung 06.05.2025
John Joseph Mearsheimer (* 14. Dezember 1947 in Brooklyn, New York City) ist ein US-amerikanischer Politikwissenschaftler an der University of Chicago. Sein Schwerpunkt ist die Analyse internationaler Beziehungen aus der Perspektive des offensiven Neorealismus, den er erstmals 2001 in seiner Monografie The Tragedy of Great Power Politics darstellte.
Wikipedia (DE): John J. Mearsheimer