Als Adam grub und Eva spann
Herrschaftsfeindschaft in der Hebräischen Bibel
»Hochkultur« und Anarchie sind durchaus vereinbar - mit radikalen Folgen auch für den Blick auf unsere eigene Zeit.
Organisierte Religion diente zu allen Zeiten der Herrschaftssicherung. Karl Marx erblickte in ihr zugleich den »Seufzer der bedrängten Kreatur«. Dass in der Religion auch eine wütende Anklage stecken kann, ja das über ihre Erzählungen transportierte Wissen sogar einen Schutzschild gegen die Entstehung von Herrschaft bilden kann, ist dagegen ein Wissen, das historische Befreiungsbewegungen zwar immer wieder aktualisiert haben, die Forschung aber zu vergessen droht.
Rüdiger Haude rekonstruiert die herrschaftsfeindlichen Traditionen, die sich aus den Überlieferungen des richterzeitlichen Israels in das Korpus des alten Testaments eingeschrieben haben. Belege findet er nicht zuletzt in den berühmten Erzählungen von Jonas Seereise oder dem Turmbau zu Babel. Indem Haude die Erkenntnisse der Ethnologie zu segmentären Gesellschaften, neuere archäologische Funde und die historisch-kritische Analyse der Bibel zusammenführt, kommt er zu einem überraschenden Befund: »Hochkultur« und Anarchie sind durchaus vereinbar - mit radikalen Folgen auch für den Blick auf unsere eigene Zeit.
Rezensionen
Eine „frohe Botschaft“ . . . der Anarchie! Rüdiger Haude lehrt historisch orientierte Kulturwissenschaft an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) in Aachen und forscht u. a. zu den kulturellen Bedingungen herrschaftsfreien Zusammenlebens. Sein Interesse gilt also den Phänomenen der gelebten Anarchie. (...) Das Buch von Rüdiger Haude über das Phänomen der Herrschaftsfeindschaft in der Hebräischen Bibel ist eine kleine Perle der libertären Kulturwissenschaft. In einem Bereich, in dem man es nicht vermuten würde, im Bereich der Religion, zeigt sich, dass die Kultur der gelebten Anarchie viel verbreiteter und prägender für die Menschheit war, als gemeinhin angenommen wird. Von Jochen Schmück edition-espero.de 08.01.2024
Werden biblische Texte außerhalb des gewohnten theologischen Zirkels analysiert, ergeben sich oft ungewohnte Perspektiven. Eine solche bietet auch Rüdiger Haude, (...) Haudes Interpretationen und Schlussfolgerungen (...) sind durchaus eigenwillig, mit klar angezeigtem Erkenntnisinteresse und des Öfteren quer zu gängigen exegetischen Positionen. Nichtsdestotrotz kann die Lektüre ein inspirierender „Stachel im Fleisch“ sein in Bezug auf die Wahrnehmung, Herrschaft sei eine unhinterfragbare Selbstverständlichkeit. Von Rita Müller-Fieberg eulenfisch.de (ohne Datum)
»Haude zeigt in diesem schmalen Band, wie fruchtbar und inspirierend es sein kann, Mythen, Legenden und heilige Schriften auf eine neue Weise zu behandeln, sie historisch und kritisch zu lesen.« – Andreas Pavlic, tagebuch
Autoreninfos
Erstellt: 11.12.2025 - 07:41 | Geändert: 11.12.2025 - 08:12
