Seit 200 Jahren ohne Verfassung
USA: Indianer im Widerstand

1976 - alle Welt feiert Amerika. Neun Meter hoch ist die Torte, die Kalifornien dem zweihundertsten Geburtstag der Verfassung backt; Wasserhydranten werden mit dem Sternenbanner neu lackiert; die Indianer aber feiern nicht mit. Die politisch bewußten Indianer des Jahres 1976 wissen, daß dies 200 Jahre ohne elementare Grundrechte sind, daß weder Selbstentfaltung noch Selbstbestimmung gewährt wurde.
Seit dem Zusammenstoß am Wounded Knee 1973 sind die Indianer der Vereinigten Staaten in eine neue Phase ihrer Auseinandersetzung mit dem Staat der Weißen geraten. Sie kämpfen ebensosehr um das Recht auf eigenständige Entwicklung wie um die Gewährung aller individuellen Rechte.
Das vorliegende Buch des deutschen Journalisten Claus Biegert ist das Ergebnis längerer Aufenthalte und intensiver Beschäftigung mit Geschichte und Schicksal der Ureinwohner, vor allem mit der Bewegung politisch bewußter Indianer, die sich auf eine ganz andere Verfassung als die der Bill of Rights, nämlich auf die Verfassungen ihrer Nationen berufen. Er schreibt im Vorwort seines erstmals 1976 erschienenen Buches: «200 Jahre ohne Verfassung. Die Ureinwohner Amerikas kämpfen inzwischen nicht mehr um Bürgerrecht und Chancengleichheit - welche sie nach fast vollzogener Assimilation noch rechtzeitig als Fallen des 'american way of life' entlarvten. Sie kämpfen schlicht ums Überleben in einer Zeit, in der Indianermord vielerorten noch immer ein Kavaliersdelikt ist, in einem Land, in dem Rassismus und Kommunistenhetze die öffentliche Meinung bestimmen, in einem System, das ein Volk kriminalisiert, weil es um seine Identität kämpft.»
Inhaltsverzeichnis und Leseprobe des Verlags
Bedingte Selbstbestimmung Indigener Völker? — Das 23. Treffen des UN Permanent Forum on Indigenous Issues (UNPFII): Neben der üblichen Tagesordnungs-Agenda (...) sollte ein Thema diesmal im Fokus des Interesses stehen: „Enhancing Indigenous Peoples’ right to self-determination in the context of the United Nations Declaration on the Rights of Indigenous Peoples (UNDRIP): emphasizing the voices of Indigenous youth,“ („Die Förderung des Selbstbestimmungsrechts Indigener Völker im Kontext der UN Deklaration der Rechte Indigener Völker (UNDRIP): Bekräftigung der Stimmen der indigenen Jugend.“) Bei genauerer Betrachtung impliziert der Titel bereits eine Beschränkung des Selbstbestimmungsrechts durch den gegebenen Rahmen der UNDRIP und eine Fokussierung auf die indigene Jugend. Während Letzteres kaum problematisch erscheinen mag, kann ersteres durchaus als widersprüchlich interpretiert werden. Von Gawan Maringer akin-group.org 24.11.2024
Gibt es ein Völkerrecht? Es ist schon etwas eigenartig, dass es zwar ein ‚Völkerrecht‘ gibt, aber kein ‚Recht für Völker‘: das herrschende Völkerrecht, das besser mit der englischen Bezeichnung ‚International Law‘ (Internationales Recht) beschrieben wäre, ist ein Recht der Nationalstaaten und deren dominierender (nicht unbedingt zahlenmäßig!) Bevölkerung. Es sind nicht zuletzt die zunehmenden Aktivitäten indianischer Nationen bei der UNO in Genf während der zweiten Hälfte der 70er Jahre gewesen, die zu einem Nachdenken über den Status von indigenen (eingeborenen) Völkern im internationalen wie im innerstaatlichen Recht geführt haben und die vielleicht eines Tages zur Bildung eines Völkerrechts, das diesen Namen auch wirklich verdient, beitragen könnten. Von Reinhard Trink arbeitskreis-indianer.at 22.03.2011
Der Autor
Claus Biegert, geb. 1947. 1970–1972 Redakteur und Fernsehkritiker bei der Münchner Abendzeitung. Seitdem freier Journalist, überwiegend für Rundfunk und Verlag. Zwischen 1973 und 1976 drei längere Aufenthalte in den USA und Kanada. Veröff.: Kinder sind kein Eigentum – Ein Theaterexperiment (mit D. Wies), München 1973; zwei Beiträge in: Von denen keiner spricht (Hg. Tilman Zülch), rororo aktuell 1879.
Der Autor ist Mitglied im Arbeitskreis Indianer Nordamerikas. Arbeitskreis Indianer Nordamerikas (alte Website)
Arbeitskreis Indianer Nordamerikas (neue Website)
Erstellt: 12.03.2025 - 07:31 | Geändert: 12.03.2025 - 08:14