SRF Kultur Sternstunden (Medienpräsenz)

32:34

Durchhalteparolen sollen über eine Durststrecke hinweghelfen. Was aber, wenn das Streckenende nicht in Sicht ist und gewaltige Herausforderungen existenzielle Ängste hervorrufen? Spätestens, wenn sich das Gefühl von Überforderung und Ohnmacht breit macht, stellt sich die Frage nach Hoffnung und Optimismus.

Doch lassen sich diese herbeireden und gar erlernen? Wer oder was bringt Hoffnung, und ist sie ohne Angst überhaupt denkbar? In allen Religionen spielt die Aussicht auf Lohn für Anstrengung und Heilsgewissheit eine grosse Rolle. Doch was taugt Religion heute noch konkret als Quelle der Hoffnung und inwieweit sind grosse Versprechen und Schönwetterprognosen naive Selbsttäuschung?

Ein Gespräch gegen das Verzweifeln mit dem Theologen und Religionsphilosophen Hartmut von Sass, moderiert von Amira Hafner-Al Jabaji.

58:42

Hartmut Rosa ist einer der bekanntesten Soziologen Deutschlands. In seinen Überlegungen zur Sozialkritik der Moderne nimmt die Religion eine wichtige Rolle ein. Olivia Röllin spricht mit ihm über die Bedeutung der Religion, wozu sie nützt und warum sie trotz der Säkularisierung nicht verschwindet.

Der Mensch sehnt sich nach Resonanz, da ist sich Hartmut Rosa sicher. Sei es in der Interaktion mit Menschen, Dingen wie einem Brotteig oder der Welt als Ganzes, in Form von Religion etwa – überall kann Resonanz entstehen. Diese Beziehungen sind es, die dem Menschen das Gefühl von Selbstwirksamkeit und deshalb auch Lebenssinn geben.

Speziell in der Religion sieht Rosa eine Antwortstruktur angelegt, die dem menschlichen Bedürfnis nach Resonanz besonders entgegenkommt. «Es gibt da jemanden, der mich meint und hört und zwar vom Ursprung meiner Existenz her», erklärt er das grosse religiöse Versprechen. Was bedeutet das konkret für den Menschen?

Ein Gespräch über die Wirkmächtigkeit der Idee Gottes, Schweizer Berge und die Resonanzfähigkeit von Brotteig.

57:10

Die Flüchtlingsfrage ist eine zentrale Herausforderung unserer Zeit. Statt mit Abschottung und Abstumpfung zu reagieren, fordert die Philosophin Donatella Di Cesare radikales Umdenken: Eine Welt der Migration kann nur ohne Grenzen, Nationalstaaten und falsche «Wir-Identitäten» friedlich sein.

«Ich bin eine radikale Philosophin», sagt die italienische Denkerin Donatella Di Cesare von sich selbst. In der Tat fordert die in Rom lehrende Professorin ein grundlegendes Umdenken – insbesondere mit Blick auf die Phänomene der Migration und der Existenz von Nationalstaaten. In der Spur Hannah Arendts diagnostiziert di Cesare in ihrem Werk «Philosophie der Migration» einen grundlegenden, gar tödlichen Widerspruch zwischen den Menschenrechten und der Existenz staatlicher Grenzsouveränität. Sie meint gar, Europa führe derzeit einen «Krieg gegen die Migranten». Stattdessen gelte es, eine neue Kultur «ansässiger Fremder» zu schaffen, in welcher das Recht auf Gastfreundschaft und schützende Aufnahme unbedingt regiert.

Wie könnte so eine Welt politisch aussehen? Und: Stellt diese offene Welt gerade im globalisierten 21. Jahrhundert den einzigen Weg in ein friedvolles Miteinander dar? Überlebenswichtige Fragen, denen sich Di Cesare im Gespräch mit Wolfram Eilenberger stellt.

Erstbesteigungen, Vulkanausbrüche, Flugzeugabstürze. Werner Herzogs Filme handeln fast alle von extremen Ereignissen und Charakteren, sie zeigen absolute Grenzsituationen menschlicher Existenz. Warum tut er sich das immer wieder an und was treibt ihn an? 

«Aguirre, der Zorn Gottes», «Fitzcarraldo» oder «Queen Of The Desert» - Werner Herzog dreht Filme über herausragende Figuren in Grenzsituationen, über 80 sind es bereits. Dieses Jahr feiern gleich zwei seiner Filme Premiere. Dabei wechselt Herzog scheinbar mühelos zwischen Spiel- und Dokumentarfilm, gilt im Filmgeschäft eher als Solitär, inszenierte Opern in Mailand und Bayreuth und betätigt sich inzwischen auch als Autor. Mit «Jeder für sich und Gott gegen alle» legte er kürzlich seine Memoiren vor. Darin beschreibt der Autorenfilmer unter anderem seine Kindheit in Bayern, als die Bauern noch ausschliesslich mit Pferden arbeiteten und die Breaking News per Ausrufer auf dem Dorfplatz verbreitet wurden.

Im Gespräch mit Wolfram Eilenberger spricht Herzog über die beschwerliche Suche nach dem richtigen Bild, über die Ehrfurcht vor der Schöpfung und über das Staunen als Anfang jeder Kunst.