Zeit abschaffen
Ein hauntologischer Essay gegen die Arbeit, die Familie und die Herrschaft der Zeit
Das Ende der Arbeit, die Aufhebung der Familie und die Abschaffung der Zeit treten in diesem Buch als verwandte, einander sogar bedingende Begehren auf. Sie alle drehen sich um das Ziel, der künstlichen Produktion von Gegenwart ein Ende zu setzen und vergangene Kämpfe in kollektiv bestimmte Zukünfte zu transformieren.
Es ist 175 Jahre her, dass es erstmals beim Namen genannt wurde: das die Gegenwart heimsuchende, aus der Zukunft flüsternde Gespenst des Kommunismus. In den letzten Jahren tauchen wieder vermehrt solche Gespenster auf, die von radikal anderen Zukünften zu flüstern wissen. Sie erscheinen vor allem in Filmen, Romanen und künstlerischen Arbeiten, sind aber gar nicht so leicht zu erkennen, weil sie sich nicht an althergebrachte Formen des Spuks halten. Es braucht neue Werkzeuge, um sie aufzuspüren, mit ihnen ins Gespräch zu treten und herauszufinden, was sie uns über unsere Zeit, ihre Abschaffung und von möglichen anderen Zeiten berichten können.
Der Essay "Zeit abschaffen" tritt mit Gespenstern der Gegenwart und der jüngsten Vergangenheit in einen solchen Dialog. Er sucht das Gespräch mit ihnen mit dem Ziel, ihr Flüstern nicht wie so oft als Drohung, sondern als Versprechen hörbar zu machen.
Achsen der Heimsuchung: Out of joint: Mit einem hauntologischen Essay wendet sich Simon Nagy gleichermaßen gegen die Zeit der Herrschaft und die Herrschaft der Zeit: »Kapitalistische Produktionsprinzipien organisieren nicht nur die Welt der materiellen Dinge, sondern auch die Wahrnehmung von Zeit: Die Ware ist nie fertig, die Zukunft nie erreicht, und das Leben findet nie im Jetzt statt. Egal, ob linear oder abstrakt, vermessen oder gestundet – die Zeit der Gegenwart verstreicht im Rhythmus der Produktion: Je mehr in kürzerer Zeit hergestellt werden kann, desto größer der Mehrwert für das Kapital – und um so geringer der Anteil an freier Zeit für alle Arbeitenden. Moishe Postone zufolge ist Arbeitszeit im Kapitalismus die zentrale Wertgröße, das in ihr zu vollbringende Soll nivelliert sich seit Jahrhunderten konstant nach oben. Je nach Produktivitätsentwicklung wird die gesellschaftliche Arbeitsstunde neu verhandelt, dasselbe Quantum an abstrakter Zeit wird dabei in Gegenwartszeit umgewandelt. In Konsequenz von Postones Argumentation ist für Nagy der Klassenkampf keiner um höhere Löhne allein; vielmehr müsse sich ein solcher gegen die Wertproduktion selbst richten. [hinter der Bezahlschranke; Auszug des Artikels beim Verlag] Von Barbara Eder junge Welt 26.03.2025
»Mit ›Zeit abschaffen‹ veröffentlicht der Gedankenkünstler Simon Nagy sein erstes Buch – eine luzide, poppige Kritik am Kapitalismus. (…) Hinter dem leicht sperrigen Buchtitel verbirgt sich ein blitzgescheiter und höchst unterhaltsamer Essay über Zeitbewirtschaftung und die gespenstische Nachwirkung philosophischer Strömungen. (…) Nagy schildert präzis, wie die Industrialisierung auch Taktgeber für eine Deformierung des Menschen hin zu einem Sklaven der Stechuhren und Termingeschäfte war. Dabei hebt er nie den mahnenden Zeigefinger, sondern bleibt ein hochgebildeter, selbstironischer Nerd, dem man stundenlang zuhören könnte. Im Kern handelt es sich um ein lakonisches Plädoyer für die Befreiung aus gesellschaftlichen Zwängen. (…) Nagys Sprünge und Assoziationen sind niemals diffus, sondern immer nachvollziehbar – und oft höchst originell. Man liest Zeit abschaffen in einem Zug, hat unzählige frische Ideen im Kopf – und spürt mit wohligem Unbehagen die Gegenwart der freundlichen Gespenster.« Von Lukas Meschik der Standard 26.01.2025
Die Konterrevolution des Kapitals: Simon Nagy analysiert, was Feministinnen und andere fortschrittliche Akteure erleben: sie müssen das Erreichte ständig verteidigen gegen die Agenten muffiger
Vergangenheiten, die gerade wieder manchen Erfolg einfahren. Nagy erzählt von der
Zerstörung von Freiheitsbestrebungen, davon, wie schwierig es ist, konkrete
Vorstellungen von einer besseren Welt auch nur zu denken, ja: von der Austreibung
der Bilder einer besseren Gesellschaft. Er versucht, das schwer Vorstellbare doch
zwischen zwei Buchdeckel zu bannen. Und er tut es äußerst inspirierend. [Podcast 6:38; Skript zur Sendung] Von Bodo Morshäuser Deutschlandfunk 08.03.2025
Weitere Rezensionen beim Verlag
Weitere Pressestimmen
"Mit ›Zeit abschaffen‹ führt Simon uns Leser:innen mittels resonierender Beispiele aus Popkultur und Zeitgeschichte ein in das dialektische Stahlbad der Gefühle und realen Verhältnisse und ruft auf zur Hoffnung in der totalen Hoffnungslosigkeit" az, Malmoe, Janaur 2025
»Angesichts der depressiv-defensiven linken Theorie- und Einfallslosigkeit ist Nagys Essay eins der wichtigen politischen Bücher des Jahres.« Christof Meueler, nd, 27. Dezember 2024
Simon Nagys kurzweilige und pointierte Fragmente-Sammlung von theoretischen, historischen und (pop-)kulturellen Referenzen sei allen empfohlen, die sich für linke Theorie interessieren. Seine Suche nach den Gespenstern zeigt, dass sie am Ende gar nicht so unsichtbar sind, wie es ihnen immer nachgesagt wird. @buecherkollektiv auf instagram
Nachwort
Erstellt: 11.04.2025 - 07:40 | Geändert: 11.04.2025 - 11:22