Schade, dass du Jude bist
Immer in Bewegung, sich ständig verändernd so ist das Leben Walter Kaufmanns. Als Fünfzehnjähriger flieht er aus Nazideutschland nach England, wird von dort nach Australien deportiert, wo er sich mit verschiedenen Arbeiten über Wasser hält im Krieg Soldat, später Hochzeitsfotograf, Dock- und Hafenarbeiter, zuletzt Seemann.
Zurück in Deutschland ist es die DDR, die er wählt. Dort lebt er als Schriftsteller, geht wieder zur See, schreibt Reportagen aus Japan, Irland, Israel und den USA. Er bleibt in der Welt zu Hause.
In seinen bewegenden, autobiografischen Erzählungen betrachtet Walter Kaufmann Menschen, so verschieden, wie die Länder, die er bereiste, von Begegnungen, von Stimmungen, die er einfängt und die berühren. So offenbart sich dem Leser ein immer wieder neues, stets anderes Bild und jedes davon überrascht und verzaubert.
Das literarische Kaleidoskop eines Lebens.
»In dieser meisterlichen Kurzprosa zeigt sich die Spannweite zwischen Region und weiter Welt, zwischen Vertrautem und Fremdem, zwischen kleinen Verhältnissen und exotischen Abenteuern, zwischen sozialer und künstlerisch-literarischer Erfahrung.« Aus der Laudatio zur Verleihung des Literaturpreises Ruhrgebiet
Mit australischem Pass in der DDR | Walter Kaufmann
Walter Kaufmann wurde 1924 als Jizchak Schmeidler im Berliner Scheunenviertel geboren und bald von einer gut situierten Anwaltsfamilie in Duisburg adoptiert, wo er eine glückliche Kindheit verlebte.
Seine Adoptiveltern, die später in Auschwitz ermordet wurden, schickten ihn 1939 mit einem Kindertransport nach England, von wo aus er 1940 als „Ausländer aus einem Feindesland“ („enemy aliens“) nach Australien deportiert und interniert wurde.
Er konnte seine Lage verbessern, indem er sich als Kriegsfreiwilliger meldete. Später arbeitete er u. a. als Seemann und schloss sich einer Gruppe junger schreibender Arbeiter an, die ihre Bücher zunächst selbst vermarkteten – in direktem Kontakt mit Arbeitern, z. B. auf Schiffen und innerhalb der Gewerkschaftsbewegung. Mit ´Voices in the Storm` hatte er einen ersten großen Erfolg.
Nachdem er Polen (Weltfestspiele der Jugend), die Sowjetunion und die DDR besucht hatte, prüfte er, ob er sich wieder in Duisburg niederlassen könnte. Aber er ging 1957 in die DDR – als ein Autor, der mehr in der anglophonen als in der deutschen Kultur verwurzelt war. Bis heute ist er ein Meister der Short Story.
Erstellt: 26.05.2014 - 11:34 | Geändert: 07.04.2025 - 08:55