17.01.2024

Ulrike Eifler: DIE LINKE – Warum wir einen Klassenkompass brauchen

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„Linke Gewerkschaftspolitik auf der Höhe der Zeit muss die Stärkung gewerkschaftlicher Organisationsmacht unterstützen, darf aber nicht dabei stehen bleiben. Wenn unter dem Einfluss von Inflation und Energiekrise Tarifpolitik schwieriger wird, muss sie die Auswirkungen des Krieges stärker in den Mittelpunkt gewerkschaftlicher Strategiedebatten stellen. Hinzu kommen die Auswirkungen milliardenschwerer Aufrüstungsprogramme, aber auch die deutschen Nachhaltigkeitsbemühungen, die sich im Kontext des Krieges gerade in Luft auflösen, natürlich der gesellschaftliche Rechtsruck und die wachsende Stärke der AfD. Beides torpediert gesellschaftliche Solidarisierungsprozesse und schwächt die Klasse der Lohnabhängigen.“ (Ulrike Eifler).
Ulrike weiß, wovon sie spricht: Sie war 10 Jahre Gewerkschaftssekretärin beim DGB und  ist Bundessprecherin der AG betrieb & gewerkschaft. Seit über sechs Jahren bemüht sie sich, gemeinsam mit den anderen Bundessprechern der BAG den Zusammenschluss so aufzustellen, dass er stärker noch als bisher in die strategischen Debatten der Partei eingreift und dabei die Welt der Arbeit klarer in den Blick nimmt.
Jetzt, nach deutlicher Zunahme gewerkschaftlicher Kampf- und Streikaktivitäten in der Krise, steht die Frage, wie die LINKE generell gewerkschaftlich aufgestellt ist. Ulrike Eifler und Jan Richter, Sprecher:innen der BAG betrieb&gewerkschaft sowie Susanne Ferschl (ehem. Vize-Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE im Bundestag und Mitglied der BAG), kommen zu der Schlussfolgerung:  „Es ist falsch zu behaupten, DIE LINKE kümmere sich nicht mehr oder zu wenig um die soziale Frage. Richtig ist: DIE LINKE hat ihren Klassenkompass beim Betrachten gesellschaftlicher Entwicklungen verloren. Es war immer die Stärke sozialistischer Parteien, gesellschaftliche Kräfteverhältnisse auf der Basis ökonomischer Zusammenhänge zu analysieren. DIE LINKE aber streitet über die Hohe von Alimentierungen, statt notwendige strukturelle Veränderungen in den Blick zu nehmen. Einen Klassenkompass zu haben, bedeutet, auch den Stolz und die Stärke der abhängig Beschäftigten zu sehen, ihnen bei der Durchsetzung ihrer Interessen eine subjektive Rolle zuzugestehen, die Klasse nicht auf ein heroisches Treppchen zu heben, sondern ihre Widersprüche zur Kenntnis zu nehmen und er bedeutet letztendlich auch, über die Rolle nachzudenken, die eine linke, sozialistische, aus der Tradition der Arbeiterbewegung kommende Partei hat: nämlich nicht für die Klasse zu kämpfen, sondern sie dabei zu unterstützen, ihre Interessen gemeinsam durchzusetzen.“ 
Immerhin konnte zwischenzeitlich ein Gewerkschaftsrat beim Parteivorstand der LINKEN gebildet werden.
Wie wird es in der Gewerkschaftsfrage weitergehen?
Ulrike Eifler studierte in Marburg Politologie und Sinologie. Im Anschluss arbeitete sie als Journalistin und Hörbuchrezensentin. Von 2009 bis 2019 war sie in unterschiedlichen Funktionen als Gewerkschaftssekretärin für den DGB tätig, zuletzt als Geschäftsführerin der DGB Region Südosthessen. Von 2019 bis 2020 leitete sie das Auslandsbüro der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Genf mit dem Schwerpunkt Internationale Gewerkschaftspolitik. Aktuell arbeitet sie als politische Sekretärin in der IG Metall Geschäftsstelle Würzburg. (Stand 01.2024)

Sprache (Ton)
Deutsch
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Erstellt: 16.05.2025 - 07:38  |  Geändert: 16.05.2025 - 08:02

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Ulrike Eifler (* 28. August 1975 in Eberswalde)[1] ist eine deutsche Gewerkschafterin, Journalistin, Schriftstellerin und Politikerin (Die Linke). Eifler wuchs in Eberswalde auf.[2] Ihr Großvater war der kommunistische Widerstandskämpfer Wilhelm Philipp Eifler, der Häftling im KZ Dachau war.[3] Sie besuchte die Polytechnische Oberschule „Karl Marx“ und machte ihr Abitur an der Westend-Gesamtschule. Nach einem Studium der Philosophie, Politologie und interkulturellen Kommunikation an der Technischen Universität Chemnitz[1] und der Politologie und Sinologie an der Philipps-Universität Marburg[2] arbeitete sie zunächst als Journalistin und Hörbuchrezensentin und von 2009 bis 2019 als Gewerkschaftssekretärin für den Deutschen Gewerkschaftsbund. Von 2019 bis 2020 leitete sie das Auslandsbüro der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Genf.[4] Seit 2023 arbeitet sie bei der Geschäftsstelle der Industriegewerkschaft Metall in Würzburg.

Wikipedia (DE): Ulrike Eifler

Beginnend mit dem Jahr 2010 wächst weltweit die Zahl flammender Proteste. Selbst während des Pandemiejahres kamen sie nicht zum Stillstand (u.a. in Belarus Demonstrationen gegen Lukaschenko, Black Lives Matter-Bewegung in den USA, gilets jaunes in Frankreich, Proteste in Hongkong), zumal diese die Kluft zwischen Arm und Reich verschärfte. Die weltweit wachsende Wut schürte die Krise liberaler Demokratien und begünstigte Rechtspopulismus und Rechtsextremismus. Sie machte zudem die kritischen Kerne des Systems sichtbar und seine Rücksichtslosigkeit gegen die popularen Klassen. Im historischen Rückblick haben die lohnabhängigen Klassen in den Krisen ihrer Zeit stets eine wichtige Rolle gespielt, und so wird die Frage nach einem Klassenhandeln auch in der Gegenwart drängend.