Die Affaire Moro

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Rom 1978. Die Entführung Aldo Moros durch die Brigate Rosse und seine Ermordung nach 55 Tagen im "Volksgefängnis", aus dem er als Vorsitzender der Democrazia Cristiana wie als Familienvater Briefe schreibend um sein Leben kämpft, sind für Sciascia schmerzlicher Anlass, dem Palazzo, den Allermächtigsten im Staat, den Prozess zu machen, im Gedenken an den Freund Pier Paolo Pasolini. So schlussfolgert er: Zum Tod war Moro verurteilt von seinen christdemokratischen Freunden mit ihrer harten, heuchlerischen Nichtverhandlungslinie, die Medien als willige Erfüllungsgehilfen. Moros ideologisch verirrte Kerkermeister waren der ausführende Arm. Sciascia, auf Borges gestützt, erkennt: Das Buch über Moros zeitlose Tragödie der Macht war bereits geschrieben, als sich das Verbrechen ereignete.

ISBN 978-3-949558-18-4 24,00 € Portofrei Bestellen

Neuübersetzung. Epilog von Fabio Stassi. Übersetzt von Monika Lustig.

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Leseprobe des Verlags

→ Aldo Moro auf Wikipedia

Zur Erinnerung an die Entführung und Ermordung von Aldo Moro und als Hinweis auf aktuelle ähnliche Vorgänge. Wer ist Subjekt, wer ist Objekt? Die Entführung von Aldo Moro. Von Stefan Schmitt NachdenkSeiten 11.04.18

Pressestimmen:

„Wenige Wochen nach Moros Tod schrieb der sizilianische Schriftsteller und Politiker in kürzester Zeit einen langen, zwischen den Genres oszillierenden Text, der noch im selben Jahr 1978 erschien. Monika Lustig hat diesen meisterlichen Roman-Essay als Verlegerin nun neu ediert. Sie hat die langen, komplexen Phrasen und Gedanken Sciascias souverän ins Deutsche gebracht und hervorragend kommentiert. Was macht diese Schrift, dieses Pamphlet, diese Intervention so eindrucksvoll? […] Sciascia glaubte an die Schrift und an ihre Wahrhaftigkeit. Das macht „Die Affaire Moro“ noch heute lesenswert: Sciascia versteht die Worte – man könnte auch sagen: die Literatur – als „tragisches Zeugnis der Wahrheit“ und „der menschlichen Solidarität“. Mit dieser Grundüberzeugung weist das Buch weit über den Anlass hinaus, der zu seiner Entstehung geführt hat.“ [Podcast 4:30] Von Ulrich RüdenauerSWR 2 22.05.23

„Fünfundvierzig Jahre nach der Erstveröffentlichung bleibt ‚Die Affaire Moro‘ eine aufwühlende Lektüre.“ Von Andreas Rossmann FAZ 10.05.23

Die 'Affäre Moro' ist ein Klassiker der politischen Polemik, man könnte es auch als grandioses Pamphlet bezeichnen, ganz auf der Linie von Pier Paolo Pasolinis 'Freibeuterschriften'. (...) Als politische Streitschrift ist 'Die Affäre Moro' nach wie vor grandios. Bei allem Spott und Sarkasmus verliert Sciascia nie den Anstand, er bleibt bei einer Position der Menschlichkeit, seine Invektiven richten sich gegen die Regierung, nicht den Staat." Von Thekla Dannenberg Perlentaucher 06.04.23

„Eine Publikation, die nicht zuletzt in der Kombination von Autor-Text, Essay, kommentierender Neu-Übersetzung und ausführlichen Anmerkungen die kriminelle Affaire um die Ermordung Aldo Moros hinreichend aufklärt, wenngleich die Schleier des Bösen auch nach 45 Jahren durch den Text wehen.“ Von Wolfgang Schlott Tabula Rasa Magazin 04.04.23

„(...) Warum ist das Thema „Mord an Aldo Moro“ heute so wichtig: Weil die Hinrichtung Moros weite und breite Wirkungen zeigt. Die DC ist verschwunden, als starke Kraft zeigte sich dann die Eventpartei des Medien-Herrschers und Aufschneiders Berlusconi, jetzt ist eine neofaschistisch geprägte Ministerpräsidentin an der Macht mit sehr rechten Koalitionspartnern. “Treten die schlimmsten Befürchtungen ein, so wäre der politische Mord an Aldo Moro auf lange Sicht auch ein Mord an der Politik“, schreibt der Historiker Michael Sommer (...)“ Von Christian Modehn Religionsphilosophischer Salon 14.03.23

„Vom Rand des Sonnensystems aus geschrieben - 45 Jahre ist es in diesem Frühling her, dass Italien seinen „Deutschen Herbst“ erlebte: nämlich die Parallele zur Schleyer-Entführung. Am 16. März 1978 entführten die „Brigate rosse“ Aldo Moro, den Parteivorsitzenden der Democrazia Cristiana und ehemaligen Ministerpräsidenten Italiens. Fünf Leibwächter starben im Kugelhagel. 55 Tage später wurde Moro mitten in Rom erschossen im Kofferraum eines Autos aufgefunden.“ → CulturMag 01.03.23

„Eine Geiselnahme, die Italien erschütterte: Leonardo Sciascias „Die Affäre Moro“ - Mit Anleihen bei Jorge Luis Borges verfasste Sciascia zugleich eine Tragödie und ein blutiges Königsspiel. Damit auch deutschsprachige Leser Detektiv sein können, gibt es in dieser von Monika Lustig neu übersetzten Ausgabe einen klugen Essay von Fabio Stassi als Nachwort.“ Von Ulrich van Loyen der Freitag April 2023

Der Autor:

Leonardo Sciascia kam am 8. Januar 1921 zur Welt: in Racalmuto, zwischen Agrigent (Girgenti) und Caltanisetta, inmitten der Schwefelgrubenwelt. Der Vater Pasquale war in die USA auswandert, diente freiwillig in der Army, blieb über diese seine Zeit wortkarg und verschlossen sein Leben lang; allenfalls verschaffte er sich in cholerischen Anfällen Luft oder in einem diktatorischen Familienregime, zu dem die 1919 geehelichte Genoveffa Martorelli gehörte und 1923 der Bruder Giuseppe, nach dessen Geburt Leonardo ins Haus der Tanten verbracht wird.

Der Bruder, in die Fußstapfen des Schwefelgrubenverwaltervaters gezwungen, nimmt sich 1948 das Leben. Leonardo spricht kaum je darüber, zu schwer die Last. Neben der Grundschule las Leonardo schon früh gewichtige Werke, es war die Zeit, da Bücher noch als Lebensmittel verstanden wurden, von "Die Brautleute" bis zu "Casanovas Memoiren". Mit 14 zieht er zusammen mit der Familie nach Caltanisetta, wo er ein istituto magistrale, Schule zur Grundschullehrerausbildung besuchte; dort unterrichtete auch Vitaliano Brancati, Romanschriftsteller und Dramaturg aus Pachino, neue Lektüren für Leonardo waren Caldwell, Hemingway, Dos Passos, Faulkner.

1941 tritt er einen Job als Verwalter eines Getreidelagers an, schreibt sich an der Pädagogischen Hochschule in Messina ein; verlässt sie vorzeitig. 1944 ist der 2. Weltkrieg mit der Landung der Alliierten in Sizlien zu Ende; seine ersten Zeitungsartikel erscheinen. Im Juli heiratete er, gerade 23jährig, Maria Andronico, im Jahr darauf kommt Laura, 1946 dann Anna Maria zur Welt. 1949 – tritt er in Racalmuto seine Stelle als Grundschullehrer an, gründet mit dem Verleger und Buchhändler Salvatore Sciascia, Caltanisetta, die Zeitschrift „Galleria“. Aus seinen Notizen eines Grundschullehrers entstehen die Parrocchie di Regalpetra (1956) (dt. mehrere Titel): das sehr berührende Erinnerungspanorama seiner Heimatstadt, die fiktive Realität eines sehr authentischen Siziliens, ein J’accuse des faschistischen Ventennios, der anschließenden Demokratie in all ihrer Unreife und Unehrlichkeit, der Condition humaine nach vollständiger Aushöhlung von Moralität und Gewissen. Verhalten und mächtig zugleich holt Sciascia die schreckliche Wirklichkeit der Salzbauern und Schwefelgrubenarbeiter ans Licht, deren Arbeit, die einzig mögliche, zugleich ihr Todesurteil darstellt; die Schulkinder, in deren Gesichter die Qualen der Väter und die totale Aussichtslosigkeit auf eine wirkliche Zukunft gezeichnet sind.

Die zweite Ausgabe erschien 1967 zusammen mit dem hier und heute von uns ins Deutsche übersetzten Werk Tod des Inquisitors (1964): die historische Studie eines so genannten Häretikers, seines idealen Mitbürgers aus Racalmuto, der 1658 den spanischen Inquisitor tötete, just als der ihn in der Folterkammer aufsuchte, und zwar mit seinen eisernen Handschellen (spätere Quellen sprechen von einem Foltereisen): sein Held Diego la Matina, der nach weiteren Folterungen in einem volksfestartigen Autodafé im Jahr auf dem Scheiterhaufen landet, bis zum Ende die Würde des Menschen hochhält, niemals einer nicht ausgewiesenen häretischen Schuld – nichts weiter als ein Menschlichsein, ein Sozialsein – abschwört, vor Gott, gegen Gott argumentiert und diesen als ungerecht bezeichnet.

Auf diesen idealen Mitbürger war Sciascia bei den Recherchen zu seinem von vielen als sein bestes bezeichneten Werk gestoßen – das Ägyptische Konzil (1963), bekannt auch als der arabische Betrug. Sciascias Werk umfasst viele tausend Seiten. Der erste ins Deutsche übersetzte (Kriminal)Roman war Der Tag der Eule (1961), der erste in Italien, der die Mafia zum Thema hatte. Gewichtig auch Sciascias politische Karriere, die er 1975 als Kommunalpolitiker im Gemeinderat von Palermo begann (1967 war er mit der Familie in den Viale Scaduto nach P. gezogen), 1977 verlässt er unter Polemiken dieses Amt, was sich in Streitgesprächen und -schriften über die Rolle der Intellektuellen gegenüber dem Terrorismus niederschlägt.

Leonardo Sciascia auf Wikipedia

Die Übersetzerin:

Monika Lustig, 1953 in Karlsruhe geboren, hat in Heidelberg Philosophie und Germanistik studiert und ist 1979, anstatt zu promovieren, nach Italien emigriert. Sie hat Nester gebaut auf der Insel Elba, in Sardinien und in Sizilien, in der Emilia-Romagna, der Toskana und ist bis heute nicht darüber hinweg, Florenz verlassen zu haben. Nach ergiebigen Jahren des Unterrichtens an italienischen Gymnasien, hat sie eine eigene Sprachschule „Studio Fiore Blu“ (Deutsch-Italienisch-Englisch) auf Elba eröffnet. Sie hat immer schon geschrieben; so auch 1993 eine Auftragsarbeit: Biografie eines Mafiajägers – Leoluca Orlando. Sie plante einen erzählenden Dokumentarfilm über den Palermer Frühling. Für den Verlag Kaos edizioni, Mailand, hat sie als Lektorin und Agentin gearbeitet und auch ihr erstes Buch übersetzt (Mario Krebs. Ulrike-Meinhof: Ein Leben im Widerspruch). Sie war Landwirtin auf Sardinien im Dorf der Künstlerin Maria Lai, wo auch ihr Sohn geboren ist.

Lieblingsautoren aus ihrem Übersetzerportfolio sind Leonardo Sciascia, Simona Vinci, Fabio Stassi, Marcello Fois, Giorgio Chiesura, Andrea de Carlo, Carlo Lucarelli, der Andrea Camilleri der historischen Romane. Für ihre Übersetzungen erhielt sie mehrere Stipendien (Deutscher Literaturfond; Freundeskreis zur Förderung literarischer und wissenschaftlicher Übersetzungen e.V. Befruchtende Aufenthalte im Übersetzerhaus Looren/Zürich runden das Übersetzerleben ab. 2013 hat sie ihre erste Veranstaltungsreihe Südwärts-um-die-ganze-Welt (https://textstudio-monika-lustig.de) ins Leben gerufen und viel Freude und Anerkennung geerntet; auf diese Reihe folgte 2017 Die Liebe öffnet Tor und Tür, deren letzte März 2018: Heimatliebe für Fortgeschrittene u. Wiedereinsteiger zugleich den Stab an den im selben Monat gegründeten Verlag Edition CONVERSO weitergab.

Autor des Epilogs:

Fabio Stassi ist in Rom geboren, in einer Familie von Emigranten aus vielen Weltregionen: Sizilien, Buenos Aires, Albanien, Karthago, Mittlerer Orient. Im Mittelpunkt seiner literarischen Suche steht das Thema der mehrfachen Identität, der geretteten Sprachen, der Geographie des Bluts. Seine Vorbilder sind seit immer schon Leonardo Sciascia, Gesualdo Bufalino und Vincenzo Consolo. Seinen Durchbruch als Schriftsteller hatte er mit einem Roman über das Massaker bei Portella della Ginestra: Fumisteria. (2006, Neuauflage 2015 bei Sellerio.) Rasch aufeinander folgten die Romane Die letzte Partie und Die Trophäe. Mit der romanzierten fiktiven Biografie von Charlie Chaplin L’ultimo ballo di Charlot , deutsch Ein Pakt fürs Leben (Ü Monika Lustig), der in 19 Sprachen übersetzt wurde, schaffte er den internationalen Durchbruch. Veröffentlichungen wie „Das Buch der literarischen Figuren“ bis hin zu illustrierten Kinderbüchern, das letzte „Zoe’s Alphabet“, ein Roman über ein legasthenisches Kind (2016). Zahlreiche seiner Texte sind im Laufe der Jahre bei LETTRE International veröffentlicht worden. Fabio Stassi geht noch anderen Bücherberufen nach.

Fabio Stassi auf Wikipedia

 

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Die Affäre Aldo Moro 1 5
wholelottalova Youtube 04.06.16
Teil 2
Teil 3
Teil 4
Teil 5

Der 1986 entstandene Spielfilm Die Affäre Aldo Moro von Regisseur Giuseppe Ferrara
liefert, unter Einbeziehung von Originalfilmmaterial, eine Rekonstruktion der Ereignisse
von der Entführung bis zum Mord, die auch ein kritisches Licht auf die
damalige politische Klasse Italiens wirft.

Erstellt: 03.01.2024 - 08:41  |  Geändert: 21.09.2024 - 09:34