Gespräch, Moderation: Christoph Fleischmann, Konferenz "Ihr aber Glaubet" der Kulturstiftung des Bundes, Juni 2015
Nicht erst seit der Finanzkrise 2007/2008 stellt sich die Frage nach der Rolle des Geldes und der Geschäftsbanken für die Volkswirtschaft. Josef Ackermann, der in seiner Zeit bei der Deutschen Bank zu einem der bekanntesten Protagonisten des Aufstiegs des Investment-Banking wurde, hat bereits 1977 in seiner Dissertationsschrift „Der Einfluss des Geldes auf das reale Wirtschaftsgeschehen“ argumentiert, dass die volkswirtschaftlichen Ersparnisse einer Periode nie ausreichen, um die für ein gleichgewichtiges Wachstum notwendigen Investitionen zu finanzieren. Den Geschäftsbanken sei es deshalb aufgegeben, die benötigte Finanzierung durch Kreditvergabe bereitzustellen. Ackermanns damaliger Doktorvater Hans Christoph Binswanger zeigte in seiner Forschung, namentlich in seinem Buch „Die Wachstumsspirale“, inwiefern sich daraus ein problematischer Zwang zum Wirtschaftswachstum ergibt. Im Gespräch wird das heutige Verhältnis von Real- und Finanzwirtschaft unter geldpolitischer Perspektive diskutiert. Lässt sich Wachstum politisch steuern? Und welche Rolle spielt dabei der Glaube an die selbsterhaltenden Kräfte des Marktes?
Josef Ackermann ist einer der international bekanntesten Bank- und Finanzspezialisten. Von 2002 bis 2012 war er Sprecher, danach Vorsitzender des Vorstands und des Group Executive Committee der Deutschen Bank. Heute bringt er seine Erfahrung in diverse Aufsichtsräte global tätiger Unternehmen ein. Überdies war er an der London School of Economics und der Goethe-Universität in Frankfurt am Main als Gast- und Honorarprofessor tätig.
Hans Christoph Binswanger ist einer der international angesehensten Wirtschaftswissenschaftler und gehört als solcher zu den Wachstumskritikern der ersten Stunde. Von 1969 bis zu seiner Emeritierung 1994 war er Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität St. Gallen. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählt die Geldtheorie, die Umweltökonomie und die Geschichte der Wirtschaftstheorie. Sein Hauptwerk ist das Buch „Die Wachstumsspirale: Geld, Energie und Imagination in der Dynamik des Marktprozesses“.
Christoph Fleischmann studierte evangelische Theologie und arbeitet seit 2003 als freiberuflicher Journalist und Moderator, überwiegend für den ARD-Hörfunk. Ein Schwerpunkt seiner Arbeit sind die verschiedenen Schnittmengen zwischen Wirtschaft und Religion. 2010 erschien sein Buch „Gewinn in alle Ewigkeit. Kapitalismus als Religion“, in dem er sich eingehend auch mit den wirtschaftswissenschaftlichen Positionen von Josef Ackermann und Hans Christoph Binswanger auseinandersetzt.