Free21 Magazin April 2025
Völkermord im Stil des Westens. 360 Grad in 24 Stunden

EDITORIAL
Liebe Leserinnen, liebe Leser, Donald Trump ist einer der außergewöhnlichsten Präsidenten der USA. So wie Annalena Baerbock die außergewöhnlichste Außenministerin Deutschlands ist. Jahrhunderte diplomatischer Gepflogenheiten perlen an ihnen ab wie Sprühregen an einem Friesennerz.
Donald Trump wurde gerade wegen seiner Unberechenbarkeit unterstellt, 4D-Schach zu spielen. Es gab mit Q-Anon sogar eine eigene Exegesegruppe, die behauptete, seine angeblich genialen Züge dem staunendem Volk erklären zu können. Trust the Plan!
Der Zauber, der jedem Anfang innewohnt, ist verflogen. Nicht nur bei Annalena Baerbock. Auch bei Donald Trump. Sorgte er mit seiner Ankündigung, den Ukrainekrieg in 24 Stunden zu beenden noch für Erstaunen, immerhin signalisierte er damit seine Entschlossenheit zu Friedensverhandlungen, so zeigte sein Handeln im Gazakrieg und im Jemen, dass er doch kein Friedensbringer ist. Sein 1-Minuten-Video zu Gaza mit goldenen Statuen seiner selbst sagt viel über ihn aus und das ist gar nicht mal so gut.
Jetzt hat Trump die wundersame Schönheit der Zölle für sich entdeckt und schwelgt in Strafandrohungen für fremde Länder. Angeblich sind die daran Schuld, dass die USA ein furchterregendes Außenhandelsbilanzdefizit haben. Die Amerikaner sollen also glauben, dass es nicht der Umzug der Produktion der US-Unternehmen in Billiglohnländer war, nicht die Entindustrialisierung der heimischen Industriestandorte und der Ausbau des Casinokapitalismus der Oligarchen war, der dem Land fantastillionen Schulden brachte. Sondern es soll die Hinterhältigkeit fremder Regierungen gewesen sein. Sie hätten die USA hintergangen, sie über den Tisch gezogen, um sie auszunehmen. Ob Joe Sixpack, die US-Version von Otto Normalverbraucher, sich von dieser Anschuldigung und den Lösungsvorschlägen des Präsidenten überzeugen lässt?
Wirtschaftswissenschaftler warnen im Chor vor dieser Politik. Jeffrey Sachs, eine der bedeutendsten der Welt behauptet sogar, es gäbe keinen einzigen, der Trumps Pläne befürworte. Der Präsident regiert wie ein Autokrat, indem er einen wirtschaftlichen Ausnahmezustand behauptet, der ihm die Befugnisse verschafft, mit Dekreten am Kongress vorbei die Politik zu bestimmen. Trump hat de facto die Gewaltenteilung außer Kraft gesetzt, das US-Parlament schaut teilnahmslos zu, wie die Exekutive regiert.
Möglicherweise steckt Absicht dahinter, nämlich ein rechtslibertärer Plan. Die Abschaffung der Einkommensteuer für seine Oligarchenkollegen und ihn und den Ersatz der Steuereinnahmen durch die Zölle. Da Wirtschaft kein Nullsummenspiel ist und, wie die Realität bereits zeigt, würde der Plan desaströs enden. So wie der Versuch, den Iran anzugreifen. Oder die Huthis im Jemen zu besiegen.
Die Absicht des britischen Premierministers George Grenville in den US-Kolonien Steuern durchzusetzen, ohne die nordamerikanischen Siedler anzuhören und ihnen ein Mitspracherecht im britischen Parlament zu geben, führte 1776 zu Aufständen und der Unabhängigkeitserklärung der USA vom Kolonialreich Großbritannien.
Da könnte man auf Ideen kommen…
Nüchtern betrachtet sind alle unsere Regierungen, die alte Ampel, der neue deutsche Merz und Trumps Oligarchenstadel die besten Argumente für die Einführung der direkten Demokratie.
Meint ihr Team von Free21
Inhalt der Ausgabe
GESCHICHTE & GESELLSCHAFT
4 Völkermord im Stil des Westens
Donald Trump möchte aus Gaza ein Luxusresort machen. Dazu sollen die Palästinenser „freiwillig“ verschwinden. Schon jetzt hat es Israel geschafft, Gaza zur Hölle zu machen – mit freundlicher Unterstützung der USA, Deutschlands, Italiens und Großbritanniens. Die Vernichtung von Gaza markiert den Untergang einer globalen Ordnung, meint Chris Hedges.
21 Trump und ein früherer Vorgänger
Sind Trumps Maßnahmen einzigartig in der Geschichte der USA? 1897 wurde William McKinley zum Präsidenten der USA gewählt. Über die verblüffenden Ähnlichkeiten, schreibt Atilo Borón.
23 Kettensägen-Diplomatie
Elon Musk und sein DOGE nehmen sich den Rechts-Libertären argentischen Präsidenten Javier Milei und seine Kettensägen-Politik zum Vorbild. Ein abtraumhaftes Vorbild für die USA, meint Alan MacLeod.
28 Ach Europa! – Tränen eines deutschen Europäers
Europa stand einmal für Frieden und Versöhnung. Aus Franzosen und Deutschen wurden Freunde. Nun ist die EU
zu einer kopflos rasenden Kriegsfurie geworden. Von Leo Ensel.
31 „Putin muss sterben“
Obwohl es viele Beweise für das Gegenteil gibt, wird uns die Ukraine immer noch als Hort der Demokratie, Freiheit und Menschenrechte verkauft. Psychologische Kriegsführung, Massenpsychologie und -propaganda konstruieren eine „Wirklichkeit“. Eine soziologische Analyse von Dr. Michael Günther.
47 Die Sprachpolizei
„Etwas, um jeden zu beleidigen.“ Nach diesem Motto wird in diesem satirischen Beitrag der uns umgebende Irrsinn angegangen. Von CJ Hopkins
GEOPOLITIK
8 Europa vor „MAGA-Stimmungsumschwung“
Europa rüstet auf und möchte den Krieg in der Ukraine gegen Russland weiterführen. Die USA sind zum Feind des Westens geworden und sind dabei die Außenpolitik Europas zu übernehmen. Von Alastair Crooke.
11 Der Krieg zweier Welten hat begonnen
Der Hegemon kämpft um die Vorherrschaft gegen eine multipolare Welt. Untergehende Imperien haben im Kampf um ihren Hegemonial-Status in der Geschichte immer wieder Krieg geführt und versucht die Rivalen zu schwächen. Von Peter Hänseler.
KRIEG & FRIEDEN
18 Die nordkoreanische Phantomarmee
Angeblich sollen in Kursk nordkoreanische Soldaten für die Russen kämpfen, nur wo sind sie geblieben. Alles reine Propaganda? Von Felix Abt.
MEDIEN & TECHNIK
40 iDrone
Die Entwicklung von Schwarmverhalten in Computerspielen und in der Robotik führte zu der Frage, ob dies auch
auf soziale Netzwerke anwendbar wäre, um Menschen wie Drohnen zu steuern und in einem Hive-Mind in die gewünschte Richtung zu lenken. Von Tom-Oliver Regenauer.
Erstellt: 01.07.2025 - 12:32 | Geändert: 01.07.2025 - 13:36