Marx, feudal
Beiträge zur Gegenwart des Feudalismus in der Geschichtswissenschaft, 1975-2020

Kaum ein Historiker kennt sich mit Marx' Theorie und dem Feudalismus gleichermaßen gut aus wie Ludolf Kuchenbuch. Er setzt Marx' Forschungsmaximen mittels kritischer Quellenforschung um, reflektiert Begrifflichkeiten, sucht methodisch neue Wege. Der Sammelband ist keine einfache Dokumentation. Er soll vielmehr ein Gespräch eröffnen, zwischen an Marx Interessierten, für die Mediävistik ein Fremdwort ist und die mit Feudalismus als streng historischem Ideologem bzw. eurozentrischem Epochensignum eher fremdeln.
Die versammelten Texte aus über 40 Jahren verdanken sich spezifischen Entstehungsumständen. Diese werden jeweils einleitend umrissen: Was war die jeweilige Motivation, den Beitrag zu schreiben, was der konkrete gesellschaftliche Hintergrund, welche Debattenkonstellation entschied? Manche Beiträge sind teilweise noch nicht veröffentlicht, nur einer wurde aktualisiert. Damit bietet der Band nicht nur einen Einstieg in die Marx und Feudalismus-Forschung, sondern auch einen Einblick in die Geschichtswissenschaften (beider deutscher Staaten) nach dem Zweiten Weltkrieg. Dabei zeigt das Themenfeld Feudalismus, wie fruchtbar es sein kann, mit Marx gegen Marx zu argumentieren.
REZENSION: 44 Jahre, ein ganzes bisheriges Forschungsleben – das umfassen die in der
Textsammlung Marx, feudal von Ludolf Kuchenbuch zusammengetragenen Beiträge aus seiner Arbeit im Feld zwischen Mittelalter, Feudalismus und dem Werk von Karl Marx. Die zwischen 1977 und 2021erstveröffentlichten Texte reichen von der Auseinandersetzung mit dem Konzept Feudalismus in der Historiografie und bei Marx selbst über Kuchenbuchs eigene Systematisierungsversuche dieses Gesellschaftssystems bis zu einer Untersuchung der gesellschaftlichen Bedeutung des Huhns. Jeweils orangestellte reflektierende Bemerkungen des Autors helfen, die Aufsätze im Kontext der Veränderung seines Denkens und der Entwicklung des Forschungsfeldes zu verorten. Ergebnis ist ein verästeltes Bild, das dank Kuchenbuchs allgegenwärtigem Bestreben, das »innere Band« der Epoche im lateinischen Okzident zu lokalisieren, nicht an Kohärenz verliert. [PDF] Von Leonhard Engelmaier in:
WerkstattGeschichte, 2024, 90 (2/2024) recensio.net 02.2024
REZENSION: Nach einem früheren Vortrag über die „mutation de l’an mil“ fragte mich Rudolf Schieffer in der Diskussion, er sei inhaltlich völlig mit mir einig, aber weshalb ich denn von „Feudalismus“ sprechen müsse. Tatsächlich geht man in West- und Südeuropa, auch in England und sogar in den U.S.A. (mit Ausnahme von Elizabeth Brown) mit dem Begriff sehr viel unbefangener um als in der westdeutschen Geschichtswissenschaft, die sich nicht dem Verdacht marxistischen Einflusses aussetzen wollte. Hier war und ist „Feudalismus“ ein Reizwort (und Ludolf Kuchenbuch liebt und versteht es, das auszureizen). Dabei geht es nicht darum, ob der inhaltlich gefüllte Begriff als Epochenbezeichnung besser oder schlechter ist als der in sich inhaltsleere „Verlegenheitsbegriff“ „Mittelalter“ – seit den Zweifeln an der Bedeutung des Lehnswesens ist das noch obsoleter geworden –; es ist in der sozialgeschichtlichen Diskussion vielmehr unumgänglich, sich mit dem Gebrauch und den Debatten um den „Feudalismus“ auseinanderzusetzen, ob man den Begriff mag oder nicht. Ludolf Kuchenbuch war einer der ersten, der sich dieser Aufgabe gestellt1 und das, in der ihm eigenen Genauigkeit und begrifflichen Schärfe und in durchaus erkennbarer Entwicklung, danach immer wieder aufgegriffen und sich mit Marx und seinem Verhältnis zu Marx auseinandergesetzt hat. Von Hans-Werner Goetz H/Soz/Kult 08.11.2023
Feudale Verhältnisse? Gibt es einen Neofeudalismus? Was ist feudale Produktionsweise? Der Sammelband »Marx, feudal« des Mediävisten Ludolf Kuchenbuch gibt Antworten. [hinter der Bezahlschranke] Von Thomas Land junge Welt 08.04.2022
Geleitwort von
Alain Guerreau, der ein Geleitwort beigetragen hat, war Forschungsdirektor am CNRS, dem Nationalen Zentrum für wissenschaftliche Forschung in Paris und ist seit 2011 korrespondierendes Mitglied der Zentraldirektion der Monumenta Germaniae Historica (MGH) in München.
Wikipedia (DE): Alain Guerreau
Vorwort von
Erstellt: 28.04.2025 - 08:15 | Geändert: 04.06.2025 - 11:30