Briefe aus der Asche
Die Aufzeichnungen des jüdischen Sonderkommandos Auschwitz

Als 2017 das Zeugnis Marcel Nadjaris an die Nachwelt mit aufwändiger Technik entziffert werden konnte, war dies eine Sensation: Die letzte der »Aufzeichnungen aus der Hölle«, der geheimen Aufzeichnungen der jüdischen Häftlinge des Sonderkommandos in Auschwitz-Birkenau, war wieder lesbar gemacht.
Die Mitglieder des Sonderkommandos wurden von der SS gezwungen, bei dem Massenmord in den Krematorien, dem Verbrennen der Leichen, bei der Entsorgung der Asche von Hunderttausenden Menschen mitzuhelfen. Dass einige von ihnen den Drang verspürten, schriftliche Zeugnisse des Grauens zu verfassen, ist von erschütternder Menschlichkeit. Nur dieser Band versammelt alle erhaltenen neun Zeugnisse in deutscher Übersetzung und bettet sie mit ausführlichen Essays in den Entstehungszusammenhang ein.
Die Neuausgabe entstand unter besonderer Mitarbeit von Andreas Kilian.
Inhaltsverzeichnis und Leseprobe des Verlags
Sonderkommando KZ Auschwitz-Birkenau auf Wikipedia
Die von Andreas Kilian erstellte Website Sonderkommando Studien
Informationen zur Ausgabe von 2019 und weitere Dokumentationen zu Zwangsarbeit 1939 - 1945 zwangsarbeit-archiv.de
Heimliche Notizen vom Holocaust: »Briefe aus der Asche - die Aufzeichnungen des jüdischen Sonderkommandos Auschwitz« lautet der Titel des Buches des Historikers Pavel Polian. Er stellte es anlässlich des Holocaust-Gedenktags in der Stadtbibliothek Bad Vilbel mit dem Historiker Andreas Kilian vor, der die Geschichte des Sonderkommandos des KZ Auschwitz-Birkenau erforscht: (...) Zwischen 1945 und 1980 wurden sie dort gefunden - sechs Notizhefte, vier Briefe und eine Liste in jiddischer, französischer, griechischer und polnischer Sprache. Ein Teil konnte mit moderner Technik wieder lesbar gemacht werden. Der deutsch-russische Historiker Polian, der auch Experte für die russische Archivlandschaft ist, stieß 2002 bei seinen Recherchen zu russischen Kriegsgefangenen im Archiv der militär-medizinischen Akademie in St. Petersburg auf einige der Dokumente. 2004 begannen die Übersetzungen, 2005 erschien seine erste Veröffentlichung dazu. Nun legte er mit »Briefe aus der Asche« eine vollständige Sammlung und Dokumentation vor - mit vielen Fotos der Verfasser und der Manuskripte. Frankfurter Neue Presse 26.01.2025
REZENSION zur Ausgabe von 2019: 2015 sorgte der ungarische Film 'Son of Saul' für Aufsehen und gewann im folgenden Jahr in Los Angeles den Oscar als bester internationaler Film. Regisseur László Nemes hat die Geschichte des sog. "Sonderkommandos" des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau adaptiert und daraus ein berührendes Drama gemacht. Es ist die Geschichte der Juden, die für die Täter der SS die Krematorien bedienen und die in den Gaskammern ermordeten Menschen verbrennen mussten. Nemes thematisiert dabei insbesondere das jüdische religiöse Tabu der Einäscherung von Leichen, das der Held des Films einzuhalten versucht: Doch am Ende verliert er den toten Körper seines namengebenden Sohnes Saul - zwar nicht an die Verbrennungsöfen von Auschwitz, aber in einem Fluss. (...) Polian hat eine wichtige Edition vorgelegt, die unerlässlich zum Verständnis von Auschwitz ist und sich auch in der Lehre mit einigem Gewinn verwenden lässt, weil sie so viele An-knüpfungspunkte bietet. Und mehr noch, sie ist ein Denkmal für die Autoren, das auch dem Sonderkommando Gerechtigkeit widerfahren lässt. Von Stephan Lehnstaedt Sehepunkte Nr. 5 2021
Die Entschlossenen vom Sonderkommando: Das Sonderkommando war die schrecklichste Aufgabe, die die SS einem Häftling in Auschwitz zuteilen konnte: Die zeitweise mehr als 800 Männer dieser Einheit mussten die Krematorien des Vernichtungslagers bedienen, die Ermordeten aus den Gaskammern entfernen, sie berauben, verbrennen und schlussendlich deren Asche entsorgen. (...) Es ist eine merkwürdig geschichtsvergessene Perspektive, die unter den Bedingungen von Auschwitz allerhöchste ethische Standards, internationale Solidarität und nicht zuletzt die Bereitschaft zur Selbstaufopferung bis hin zum Tode verlangt, wo es sie selbst außerhalb der Vernichtungslager kaum je gab. Der Zeithistoriker Pavel Polian neigt nicht zum Moralisieren. Er will den tragischen, verzweifelten Helden ein Schriftdenkmal setzen und präsentiert deshalb in seinem neuen Buch neun Dokumente von fünf Autoren: Es sind die einzigen überlieferten Selbstzeugnisse des Sonderkommandos aus der Zeit des Holocaust. Von Stephan Lehnstaedt Süddeutsche Zeitung 24.01.2020
Der Autor
Pavel Polian, Prof. Dr. habil., geboren 1952, ist ein russischer Geograf, Historiker und Philologe (unter dem Namen Nerler). Er lebt und forscht seit 1991 im Spagat zwischen Moskau und Freiburg.
Zusammen mit
Andreas Kilian ist Historiker und erforscht seit 1992 die Geschichte der jüdischen „Sonderkommandos“ im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau.
Erstellt: 27.01.2025 - 07:04 | Geändert: 29.01.2025 - 13:52