Apartheid in Israel – Tabu in Deutschland?

Die Autoren legen Grundlagen, um die Auseinandersetzungen in Deutschland um Positionen zum jüdischen Leben, um Israel und Palästina nachvollziehbar zu machen. Sie gehen im ersten Teil der Frage nach, warum diese gerade hierzulande mit solcher Härte geführt werden.
Grundlage für den Palästina-Konflikt ist die historische Entwicklung der Region. Im zweiten Teil werden die Ursachen des Konfliktes – der aufkommende Zionismus und die verschiedenen jüdischen Einwanderungswellen – nicht erst in der Gründung des Staates Israels 1948, sondern schon lange zuvor in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts verortet.
Der dritte Teil widmet sich der Bewegung Boykott, Desinvestition und Sanktionen (BDS), die als eine zivilgesellschaftliche Initiative bemüht ist, seit Beginn dieses Jahrtausends einen neuen Lösungsansatz für den palästinensisch-jüdischen Antagonismus jenseits von Hamas und Abbas zu finden. Gleichzeitig untersuchen die Autoren die Frage, wie diese Auseinandersetzung in den USA und in Deutschland auf die Meinungsfreiheit einwirkt, und wie Israel alles tut, um diese Bewegung zu bekämpfen und als antisemitisch zu desavouieren.
Im letzten Teil des Buches untersuchen sie, wie man in Deutschland mit dem Vorwurf eines ›israelbezogenen Antisemitismus‹ und den daraus folgenden Einschränkungen der Meinungsfreiheit umgeht.
Die Autoren bemühen sich in ihrer detailreichen Studie sowohl die Vision eines binationalen Staates der jüdischen Philosophin Hannah Arendt als auch die des palästinensischen Orientalisten und Begründers postkolonialer Studien Edward Said wieder mit Leben zu füllen.
Zahlreiche Fotos, Schaubilder und Tabellen erleichtern den Zugang zum Thema.
Debatte über Palästina-Konflikt. Imperiale Ideologie. Wichtiges Nachschlagewerk, aber keine lesbare Monographie: Arne Andersen über den Nahostkonflikt und den Kampf gegen die Palästina-Solidarität. Geschichtsbewusstsein stärken und grundlegende Kenntnisse der Geschichte des Staates Israel vermitteln: Das verlangte der Bundestag im Januar. Auch der Hamburger Historiker Arne Andersen verfolgt dieses Ziel – wenn auch nicht unbedingt im Sinne der Bundestagsmehrheit. Andersen behandelt in »Apartheid in Israel: Tabu in Deutschland?« auf rund 500 Seiten in der Hauptsache zwei Komplexe. Einer ist die Geschichte Palästinas seit dem 19. Jahrhundert und die ersten zionistischen Siedlungsbemühungen. Dieser Teil schließt mit dem aktuell andauernden Krieg in Gaza ab und berücksichtigt die relevante vorliegende Literatur bis 2024. Das zweite Thema ist die Einschränkung der Meinungsfreiheit nicht zuletzt in Deutschland vor dem Hintergrund der umfassenden Strategie, Kritik an der Politik der israelischen Regierung mit dem Antisemitismusvorwurf niederzumachen. Inhaltlich sind das also eigentlich zwei verschiedene Bücher. Von Dieter Reinisch Junge Welt 26.05.2025
Die Autoren:
Erstellt: 14.11.2024 - 10:16 | Geändert: 27.05.2025 - 09:04