Kritischer Journalismus im Kampf um Aufklärung
Medienfreiheit in Zeiten von Manipulation, Überwachung und Verfolgung

Als mit dem Ende der Naziherrschaft die Presse- und Rundfunkfreiheit in Westdeutschland einzog, entstanden hierzulande auch Frühformen des kritischen Journalismus nach angelsächsischem Vorbild. Doch anders als dort gerieten sie rasch in parteipolitisches Fahrwasser und in den Einflussbereich der im Bund und in den Ländern regierenden Mehrheitsparteien. Diese Entwicklung zeigte sich am deutlichsten bei den politischen Magazinen der ARD seit Anfang der 1960er-Jahre, und sie hält in abgeschwächter Form in vielen politischen Sendungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und Fernsehens bis heute an.
Aber auch andere Einflüsse machten und machen kritischem Journalismus zu schaffen: immer stärker werdende Abschottungstendenzen in Staat, Politik und Wirtschaft bei gleichzeitiger, großflächiger Ausforschung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kritischer Medien. Dafür nennt dieses Buch eines Insiders zahlreiche spannende Beispiele.
Doch es gibt auch Gegeninitiativen auf nationaler und europäischer Ebene, die den Schutz kritischer Journalistinnen und Journalisten und ihrer Quellen, darunter sog. Whistleblower, vor staatlicher und geheimdienstlicher Ausforschung und Überwachung zum Ziel haben. Das Europäische Medienfreiheitsgesetz (EMFA) soll diesen Schutz gewährleisten und noch 2024 verabschiedet werden. Der strittige Punkt »Nationale Sicherheit«, der u. a. Militär-, Rüstungs- und Geheimdienstthemen betrifft, wurde zu diesem Zweck aus dem Gesetzestext herausgehalten. Kritiker sehen darin aber neue Interventionsmöglichkeiten von Staaten gegen Journalistinnen und Journalisten, die in diesem Bereich recherchieren.
Netzfunde als Beispiele für Zusammenhänge von Journalismus, Medien und Macht:
RKI-Files – Hoffnungsschimmer und Wagenburgmentalität bei den Medien: In einem langen Rechtsstreit konnten die Kollegen von Multipolar das Robert Koch-Institut zwingen, die bislang geheim gehaltenen Protokolle des Corona-Krisenstabs herauszugeben. Die NachDenkSeiten berichteten dazu erstmals am letzten Dienstag. Mit Ausnahme von kleineren und alternativen Medien ignorierte der Blätterwald den Fall. Das änderte sich am Wochenende. Zunächst erschien ein durchaus objektiv-kritischer Bericht auf ZDF.de, dem am Sonntag eine erstaunlich kritische Berichterstattung im Rahmen des Heute Journals folgte. Wie von Zauberhand wurde der Bericht jedoch ebenfalls am Sonntag „überarbeitet“ und nun stiegen auch die meisten großen Medien in die Berichterstattung ein – teils kritisch, oft jedoch auch in skurriler Wagenburgmentalität. Ob daraus nun die so nötige Aufarbeitung der Coronazeit folgt, ist leider ungewiss. Von Jens Berger NachDenkSeiten 26.03.2024
Vertrauenskrise der Medien - Kritischer Journalismus ist gefragt: Journalisten sollten mehr Distanz zu den Mächtigen wahren, empfehlen Medienforscher. Denn die Mehrheit der Medienmacher sei ähnlich sozialisiert wie viele Politiker und Lobbyisten. Von Regina Kusch und Andreas Beckmann Deutschlandfunk 22.06.2017
Die Traumwelt maßgeblicher Journalisten - Die Pluralität unseres Medienangebots: Es ist immer wieder erstaunlich, wie rosig Journalisten ihre eigene Welt sehen. Und wie schnell und konsequent sie ihren politischen Einfluss missachten, weil es offenbar zu ihrem Selbstverständnis gehört, den Einfluss von Medieninterventionen auf politische Entscheidungen klein zu schreiben. Von Albrecht Müller → NachDenkSeiten 03. November 2010
Der Autor:
Wolfgang Landgraeber studierte Sozialwissenschaften an der Universität München sowie Dokumentarfilm und Fernsehpublizistik an der Hochschule für Fernsehen und Film (HFF). 1976 wurde er Redakteur beim politischen ARD-Magazin »Monitor«, 1988 wechselte er zu Panorama. 1993 ging er zurück zum WDR und leitete die Reportage-Redaktion »Nah dran«. Von 2001 bis 2012 war er Leiter der WDR-Programmgruppe für Kultur-, Geschichts- und Naturdokumentationen. Für seine eigenen Fernsehdokumentationen und Dokumentarfilme erhielt er zahlreiche Preise auf internationalen Film- und Fernsehfestivals. Landgraeber war von 1982 bis 2022 Lehrbeauftragter an verschiedenen Hochschulen und Universitäten und Mitglied in Festivaljuries.
MANOVA Podcast: „Der zahnlose Journalismus“ (Patrik Baab,
Sven Brajer und Aron Morhoff) → Manova Youtube 26.08.2023
"News im Netz. Gefahr oder Chance für den klassischen Journalismus?"
[Audioaufnahme eines Vortrags von Wolfgang Landgraeber]
→ Europäische Janusz Korczak Akademie Youtube 29.10.2013
Erstellt: 31.08.2024 - 07:52 | Geändert: 31.08.2024 - 08:18