Gab es eine Alternative? Gesamtausgabe. Von Wadim S. Rogowin

Seit Ende der achtziger Jahre arbeitete der russische Historiker Wadim S. Rogowin an der sechsbändigen Untersuchung über die politischen Konflikte in der Kommunistischen Partei der Sowjetunion und der Kommunistischen Internationale zwischen 1922 und 1940. Sie stützt sich auf Materialien aus sowjetischen Archiven, die in den letzten Jahren zugänglich geworden sind, und auf eine Vielzahl von neuen Memoirenquellen. Diese sechs Bände liegen jetzt in deutscher Sprache vor und können zusammen zum vergünstigten Preis erworben werden.

ISBN 978-3-88634-099-6     159,00 €  Portofrei     Bestellen

Die Einzelbände:

1) Trotzkismus
2) Stalins Kriegskommunismus
3) Vordem Großen Terror – Stalins Neo-NÖP
4) 1937 – Jahr des Terrors
5) Die Partei der Hingerichteten
6) Weltrevolution und Weltkrieg

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Band 1, 454 Seiten:
Im ersten Band werden die Auseinandersetzungen in der Kommunistischen Partei von 1922 bis 1927 beschrieben. Die Bildung der Linken Opposition 1923 ist der Beginn des Kampfs gegen den wachsenden Einfluss der Bürokratie in der Sowjetunion.

»Jede große Revolution stellt Zeitgenossen und Nachfahren vor historische Kardinalfragen, über die noch jahrzehntelang Streit geführt wird. Die grundlegendste Frage, die von der Oktoberrevolution und ihren Folgeerscheinungen aufgeworfen wurde, betrifft den Zusammenhang zwischen Bolschewismus und Stalinismus.«

Band 2, 443 Seiten:
Der zweite Band behandelt die Periode von 1928 bis 1933. 1928 wird Leo Trotzki, neben Lenin der wichtigste Führer der Oktoberrevolution 1917 in Russland, von Stalin in die Verbannung geschickt und ein Jahr später gänzlich aus der Sowjetunion ausgewiesen. Wadim Rogowin zeigt, dass die Opposition gegen das stalinsche bürokratische Regime in den Jahren 1928–1932 trotz Isolation und Illegalität weiter anwächst und die Bürokratie in ihrer Existenz bedroht, denn während Stalin mit der Zwangskollektivierung den Bürgerkrieg gegen die Bauernschaft entfesselt, legen Trotzki und die Linke Opposition in allen Grundfragen des Aufbaus des Sozialismus in der Sowjetunion ein ausgearbeitetes alternatives Programm vor, das bei vielen Unterstützung erhält.

Anhand von Materialien aus den früher verschlossenen sowjetischen Archiven legt Rogowin dar, dass Stalins Position trotz politischer Repressalien und gefälschter Prozesse Anfang der 1930er Jahre äußerst instabil ist, denn er bringt alle Klassen und sozialen Gruppen gegen sich auf. Viele Bolschewiki betrachten seinen Sieg als nicht endgültig, wie der Versuch, 1932 einen Block der gegen Stalin gerichteten Oppositionellen zu bilden, deutlich zeigt.

Band 3, 475 Seiten:
Der stalinsche Terror Ende der 1930er Jahre übersteigt, wie auch der Holocaust, in seinen Ausmaßen und Gräueln das menschliche Vorstellungsvermögen. Wadim Rogowin gelingt es mit diesem Buch, die gesellschaftlichen Veränderungen in der Sowjetunion der Jahre 1934–1936 aufzudecken, die den Großen Terror möglich und für die herrschende Bürokratie notwendig machten. Er widerlegt all diejenigen, die das anscheinend Unerklärliche der stalinschen Verbrechen nutzten, um sie als notwendiges Ergebnis der sozialistischen Ideen zu bezeichnen.

Nach dem sechsjährigen Bürgerkrieg gegen die Bauernschaft, der Zwangskollektivierung, begann die Bürokratie durch die Wiedereinführung marktwirtschaftlicher Mechanismen, der so genannten stalinschen Neo-NÖP (Neue Ökonomische Politik), privilegierte Schichten zu schaffen, die eine neue soziale Stütze in der Gesellschaft werden sollten.

Wadim Rogowin beschreibt im Einzelnen, wie die soziale Polarisierung zunahm und die »Welt der Privilegien« die Unterdrückung jeder Kritik und Opposition verlangte. Gestützt auf bisher unzugängliche Dokumente und Augenzeugenberichte zeigt Rogowin, dass die große Säuberung eine Reaktion auf ein starkes Anwachsen der oppositionellen Kräfte in den Jahren 1934–1936 darstellte. Mit einem präventiven Bürgerkrieg sollte die Herrschaft der stalinschen Bürokratie gesichert werden. Mit diesem Buch liefert Rogowin den Schlüssel zu einem Verständnis der Moskauer Prozesse, das über das gängige Geschichtswissen weit hinausgeht.

Band 4, 591 Seiten:

Die große Säuberung von 1936 bis 1938 in der Sowjetunion war kein irrationaler, sinnloser und krankhafter Gewaltausbruch. Es handelte sich vielmehr um einen präventiven Bürgerkrieg gegen jene sowjetischen und ausländischen Kommunisten, die potentiell oder tatsächlich eine Alternative zu Stalins totalitärem Regime boten. Wadim Rogowins »1937 – Jahr des Terrors« beschreibt einen Wendepunkt in der Geschichte der Sowjetunion.

Fast alle Kommunisten, die sich aktiv an der Oktoberrevolution beteiligt hatten oder unter ihrem Einfluss in die Politik gekommen waren, fielen dem stalinschen Terror zum Opfer und wurden ersetzt durch Karrieristen, die ihren Aufstieg der aktiven Beteiligung an den Fälschungen, Verfolgungen und Misshandlungen verdankten. Die gesellschaftlichen und politischen Folgen dieses politischen Völkermords waren verheerend: Die Vernichtung einer Generation von Kommunisten und ihrer Familienangehörigen löschte das soziale und das historische Gedächtnis der Bevölkerung aus; der Terror erstickte auf lange Zeit die Bereitschaft, das Bestreben und die Fähigkeit, nach neuen Ideen zu suchen.

In der Sowjetunion war das Thema des Großen Terrors bis Ende der 1980er Jahre für objektive Untersuchungen tabu. Die Werke, die darüber im Westen erschienen, litten unter grundlegenden Mängeln: Sie konnten sich nur auf eingeschränkte historische Quellen stützen; die meisten dienten aber schlichtweg den ideologischen Vorgaben des Kalten Kriegs. Rogowins umfangreiche Untersuchung über den Großen Terror stützt sich auf Materialien aus sowjetischen Archiven sowie eine Vielzahl von neuen Memoirenquellen und begründet damit ein neues Kapitel der Geschichtsschreibung zur großen Säuberung.

Band 5, 581 Seiten:

In diesem Band beleuchtet Wadim Rogowin den dritten Schauprozess gegen die alten Bolschewiki in der Sowjetunion, untersucht dessen innen- und außenpolitische Ziele und geht der Frage nach, ob es überhaupt Schuldige in den Prozessen gab. Anhand von Flugblättern und Briefen beweist er, dass es zur Zeit der Säuberungen Widerstand in unterschiedlich starker Form gab. Er tritt Konzeptionen entgegen, wie sie auch von Alexander Solschenizyn vertreten wurden, die die gesamte Bevölkerung der UdSSR als »Kaninchen« sahen, die nicht den Mut aufbrachten, sich Gewalt und Willkür zu widersetzen.

Rogowin legt das Hauptaugenmerk auf den Gegensatz und den Kampf von Stalinismus und Trotzkismus. Diese Auseinandersetzung führte nicht nur zur physischen Vernichtung der Anhänger der Linken Opposition, sondern auch zur Beseitigung mindestens zweier Generationen von Bolschewiki, welche die Oktoberrevolution vorbereitet und verteidigt hatten. Das Besondere dieses Vernichtungsfeldzugs gegen den Bolschewismus bestand darin, dass er von der Stalinclique unter dem Deckmantel der bolschewistischen Phraseologie und Symbolik geführt wurde. In den Jahren 1936–1938 wurde die leninsche Partei endgültig durch die stalinsche ersetzt und der Bolschewismus als politische und ideologische Massenkraft beseitigt – das war die Bedeutung des Großen Terrors.

Band 6, 399 Seiten:
Im Mittelpunkt dieses Bands steht der Hitler-Stalin-Pakt, einer der wesentlichen Wegbereiter des Zweiten Weltkriegs. Er widmet sich einer detaillierten Geschichte der Linken Opposition gegen den Stalinismus und stützt sich dabei auf die Auswertung sowjetischen Archivmaterials sowie die Schriften Leo Trotzkis. Rogowin führt den fundierten Nachweis der Tragweite des stalinschen antikommunistischen Vernichtungsfeldzugs bis über die sowjetischen Grenzen hinaus und belegt dabei sowohl dessen Rolle in der Zerschlagung der Weltrevolution als auch dessen maßgebliche Bedeutung für die Kriegsvorbereitungen des Nazi-Regimes.

Der Autor:

Wadim S. Rogowin (1937–1998) war der größte russische marxistische Soziologe und Historiker der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Als Doktor der Philosophie und Professor am Soziologischen Institut der Russischen Akademie der Wissenschaften in Moskau untersuchte er die soziale Differenzierung in der sowjetischen Gesellschaft. Nach der Auflösung der Sowjetunion 1991 begann Rogowin mit der intensiven Arbeit an seinem Werk »Gab es eine Alternative?«. Bis zu seinem Tod am 18. September 1998 entwickelte sich eine enge Zusammenarbeit mit dem Internationalen Komitee der Vierten Internationale.

Der Autor auf Wikipedia

Der Autor (vollständiger) auf der englischen Wikipedia

 

Erstellt: 14.10.2023 - 08:02  |  Geändert: 14.10.2023 - 08:02

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