Ruhm und Verbrechen des Hoodie Rosen. Von Isaac Blum. Rezension von Britta Kiersch

REZENSION 
Ruhm und Verbrechen des Hoodie Rosen. Von Isaac Blum   Beltz Verlag   ISBN 978-3-407-75721-0

Hoodie Rosen und seine Familie sind orthodoxe Juden, die bisher in der (amerikanischen) Stadt Colwyn lebten, aber vor kurzem nach Tregaron umgezogen sind, wo sowohl eine neue Schule als auch eine neue Synagoge gegründet wurden und wo ein neues Hochhaus für die Mitglieder ihrer jüdischen Gemeinde errichtet werden soll. Aber sie haben nicht mit dem Widerstand der politischen Gemeinde in Tregaron gerechnet, allen voran die Bürgermeisterin. So gibt es laufend Probleme mit verschiedenen Genehmigungen und das Projekt steht vor dem Aus.

Dann lernt Hoodie auf dem Friedhof ein Mädchen kennen. So wie er selbst ist sie entsetzt über Schmierereien auf einigen Grabsteinen. Sie verabreden sich, um diese zu entfernen. Mit dieser Aktion kommt ein Stein, nein, eine ganze Lawine ins Rollen, denn Hoodie überschreitet Grenzen, bricht Regeln und Tabus. Als Mitglied seiner Gemeinde darf er keinen Kontakt zu einer Nichtjüdin haben, geschweige denn, sich mit ihr treffen oder gar sich in sie verlieben und mit ihr zusammen sein. Weil der Junge sich all dem zuwider verhält, gerät er in einen Strudel von Anfeindungen, Vorhaltungen und Verboten und das von allen Seiten. Mitschüler, Freunde und vor allem der Vater sind entsetzt. Hoodie will aber nicht nachgeben, zumal ihm diese Regeln völlig absurd und weltfremd erscheinen. Das Mädchen bedeutet ihm so viel, dass er bereit ist, Ärger in Kauf zu nehmen, natürlich ohne zu ahnen, wie sehr sein Leben auf den Kopf gestellt wird.

Mir gefällt alles an diesem Buch. Schon der Titel ist vielversprechend und das Cover bzw. der Einband sehr gelungen: Wenn man das Buch ganz aufklappt, ergeben Vorder- und Rückseite ein atmosphärisches Gesamtbild, auf dem wir sehen, wie Hoodie und Anne-Marie durch das Viertel laufen, in dem alles passiert. Man sieht die langen Schatten, das Abendrot leuchtet durch die Straßen und die Menschen scheinen in Feierabendlaune zu schlendern. Da entsteht gleich eine besondere Stimmung. Und dann nimmt einen Isaac Blum mit auf eine Reise in eine Parallelwelt, die Hoodie Rosens Gemeinde für mich darstellt. Sein Leben in einer großen Familie und in der Schule bei Rabbi Moritz mit täglichem Talmudlernen und Diskussionen über die verschiedenen Auslegungen bringen dem Leser diesen so anderen jüdischen Alltag in der Gegenwart sehr nahe. Das ist aufschlussreich und sehr interessant. Dann erlebt man mit, wie einzelne Mitglieder aus Hoodies Gemeinde unter den Anfeindungen der anderen Mitbürger in der Stadt leiden und wie ihnen der Neustart in diesem Ort schwergemacht wird. Hier liegt in meinen Augen die große Stärke dieses Buches, dass ganz deutlich wird, wie unmöglich sich beide Gruppen verhalten, sowohl nach außen den anders Denkenden (oder Glaubenden) gegenüber, als auch im Inneren, im Kleinen, den Jungen gegenüber. Regeln müssen befolgt und Tabus beachtet werden, ansonsten gibt es Probleme und Strafen. Dass Regeln mitwachsen müssen, dass sie immer wieder auf den Prüfstand gehören und dass ein Miteinander nur funktionieren kann, wenn man aufeinander zugeht, das macht der Autor sehr deutlich. Außerdem hat er mit Hoodie Rosen eine geniale Hauptfigur geschaffen. Dieser Junge will nicht kuschen, er ist selbstkritisch, witzig und stur. Den kann man nur mögen.

Über den absolut überraschenden Plot und die daraus entstehende überzeugende Wendung, darf man natürlich nichts verraten, nur so viel: Großes Kino!

Ruhm und Verbrechen des Hoodie Rosen. Von Isaac Blum

 

Erstellt: 08.04.2023 - 07:12  |  Geändert: 08.04.2023 - 07:15