»Die Welt möge Zeuge sein«. Von Dovid Bergelson

Dovid Bergelson, 1882 in Ochrimowo in der heutigen Ukraine geboren, prägte über vier Jahrzehnte die moderne jiddische Literatur. Ob in Kiew, Berlin, New York oder Moskau - Bergelsons literarische Stimme wurde gehört. Er gilt als Erneuerer der jiddischen Prosa zwischen Moderne und Sozialistischem Realismus, bis mit dem Zweiten Weltkrieg und der versuchten Judenvernichtung Bergelsons Schreiben schließlich eine neue, existenzielle Dimension erreichte. Am 12. August 1952 wurde Dovid Bergelson in der sogenannten »Nacht der ermordeten Dichter« in Moskau hingerichtet. Der vorliegende Band versammelt erstmalig ausgewählte Prosa sowie einen Dramenausschnitt aus Dovid Bergelsons umfänglichem Schaffen. Ergänzt sind die Texte um einen Anmerkungsapparat, ein Glossar und ein ausführliches Nachwort zum Leben und Werk Dovid Bergelsons.

ISBN 978-3-633-54324-3     29,95 €  Portofrei     Bestellen

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Inhaltsverzeichnis und Leseprobe des Verlags

Pressestimmen:

Dovid Bergelson: „Die Welt möge Zeuge sein“ – Mit dem Tod verbunden durch die Nabelschnur. Eine kleine Ukraine-Bibliothek (37): Der Schriftsteller Dovid Bergelson im Auswahlband „Die Welt möge Zeuge sein“. Heute vor 71 Jahren, am 12. August 1952 wurde Dovid Bergelson in Moskau ermordet, zusammen mit zwölf jüdischen Autoren nach drei Jahren Haft und Folter in der Lubjanka erschossen. Dass dieser „Justizmord“ (Arno Lustiger), nicht anders als Millionen weitere, heute noch als „Hinrichtung“ bezeichnet wird, bezeugt die Unterwerfung unter die Täterperspektive, weiterhin. → Frankfurter Rundschau Christian Thomas 11.08.23

Ein Schriftsteller träumt vom transnationalen «Jiddischland» – Dovid Bergelson beschreibt den Niedergang des jüdischen Lebens mit schonungsloser Härte: Der 1884 bei Kiew geborene Dovid Bergelson gehörte zur jüdischen Diaspora, die sich nach 1918 in Berlin tummelte. Als Dichter war er ein Apologet der säkularen jüdischen Wiedergeburt. 1934 floh er vor den Nazis zurück in die Sowjetunion. Dort wurde er zum Propagandisten des Sozialismus, bevor ihn ein grausames Schicksal ereilte. → Neue Zürcher Zeitung Judith Leister 05.08.23

Schtetl, Stalin, Agonie Ein Auswahl-Querschnittsband präsentiert ausgreifend und klug das Werk des jiddischen Schriftstellers Dovid Bergelson: 3. Juli 1952. Ein Schriftsteller gesteht seine Liebe zur Sprache. Er weiß, dass er demnächst sterben wird. Der Tod ist unvermeidbar. Denn die Verhöre, denen Dovid Bergelson im Juli 1952 ausgesetzt ist, sind eine Farce. Fünf Wochen später, am 12. August – es ist sein 68. Geburtstag –, wird er im Lubjanka-Gefängnis in Moskau erschossen. Es ist die »Nacht der ermordeten Dichter«. Und das Ende jiddischen Dichtens in der Sowjetunion. (...) Solche Ausgaben wie diese, deren 70 Seiten langer Anhang aus eminentem Anmerkungsapparat und einem Glossar besteht, wünschte man vielen fast vergessenen jiddischen Autoren. → Jüdische Allgemeine Alexander Kluy 28.05.23

Dovid Bergelson, ein Wegbereiter der modernen jiddischen Prosa, hatte die ganze Wucht der Umwälzungen durch die Oktoberrevolution erlebt. Seine jetzt auf Deutsch aufgelegten Erzählungen zeugen von tiefer Trauer über die Verluste der europäischen Juden im 20. Jahrhundert. Vor über 100 Jahren entstand in Osteuropa eine Bewegung, die sich Jiddischismus nannte. Einer der bedeutensten Schriftsteller der modernen jiddischen Prosa Dovid Bergelson. Bergelson hielt die Agonie des osteuropäischen Judentums über Jahrzehnte literarisch fest. Seine Texte sind oft geprägt von einer tiefen Verlorenheit und enden oft tragisch. [Audio, 4:00 Min.] → Judith Leister SR 2 24.05.2023

Der Autor:

Dovid Bergelson (eingedeutscht: David Bergelson), geboren 1884 in Ochrimowo, gehörte zu den führenden Vertretern der jiddischen Literatur während der Zeit der jüdischen Kulturrenaissance im östlichen Europa. Nach ersten Erfolgen als Prosaautor lässt er sich angesichts des Bürgerkrieges 1921 in Berlin nieder. 1934 kehrt er in die Sowjetunion zurück, um sich dort unter den Vorzeichen des Sozialismus literarisch neu zu erfinden. Dovid Bergelson wird im Januar 1949, unter Stalins totalitärer Hand, verhaftet und nach einem Geheimprozess gemeinsam mit zwölf weiteren ehemaligen Mitgliedern des Jüdischen Antifaschistischen Komitees am 12. August, an seinem 68. Geburtstag, hingerichtet.

Der Autor auf Wikipedia

Die Herausgeberinnen:

Sabine Koller, geboren 1971, studierte Romanistik und Slavistik an den Universitäten in Regensburg, Grenoble und Sankt-Petersburg. Seit 2013 ist sie Professorin für Slavisch-Jüdische Studien an der Universität Regensburg. Sabine Koller lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Regensburg.

Alexandra Polyan, geboren 1986, studierte Jüdische Studien und Sprachwissenschaft an der Moskauer Universität und an der Russischen Akademie der Wissenschaften. Seit 2020 arbeitet sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Forschungsprojekt »Das kurze Leben der sowjetisch jiddischen Literatur« an der Universität Regensburg. Alexandra Polyan lebt mit ihrer Familie in Frankfurt am Main.

Die Übersetzer/innen:

Peter Comans hat eine Auswahl der Lyrik und Prosa von Abraham Sutzkever und einen Band mit Gedichten von Anna Margolin, Kadja Molodowsky, Malka Heifetz Tussman und Rochl Korn aus dem Jiddischen übersetzt.

Susanne Klingenstein, geboren 1959 in Baden-Baden, ist Research Fellow am Zentrum für Jüdische Studien an der Harvard University. Sie veröffentlichte Studien zur Identitätsbildung jüdischer Literaturwissenschaftler, übersetzte bedeutende Erzählungen aus dem Jiddischen, schrieb ein Buch über Martin Walser und zuletzt die Studie Mendele der Buchhändler. Leben und Werk des Sholem Yankev Abramovitsh. Eine Geschichte der jiddischen Literatur zwischen Berdichev und Odessa, 1835-1917.

Sabine Koller, geboren 1971, studierte Romanistik und Slavistik an den Universitäten in Regensburg, Grenoble und Sankt-Petersburg. Seit 2013 ist sie Professorin für Slavisch-Jüdische Studien an der Universität Regensburg. Sabine Koller lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Regensburg.

Janina Wurbs hat Jüdische Studien, Religionswissenschaften und Geschichte an der Universität Potsdam sowie in New York und St. Petersburg studiert. Sie arbeitet vor allem in den Bereichen Jiddistik/jiddische Sprache, Kultur und Geschichte und jüdische Musik/Musikethnologie als Historikerin, Übersetzerin, Sprachdozentin, Journalistin, Radiojournalistin, Fotografin, sowie in Forschungsprojekten (finanziert durch die DFG und den SNF) und Museen. Seit 2003 ist sie im Yiddish Summer Weimar und all things Yiddish involviert – beim Radio, Theater, Veröffentlichungen von Gedichten, Kurzgeschichten, Foto-Essays und journalistischen Artikeln in verschiedenen jiddischsprachigen Zeitungen und Zeitschriften; bei Expeditionen und Interviewprojekten; für CDs, Filme u.a.

 

Erstellt: 06.10.2023 - 07:40  |  Geändert: 06.10.2023 - 08:44