Jeanette
Winterson: Orangen sind nicht die einzige Frucht. Berliner
Taschenbuch-Verlag 2002. ISBN: 3-442-76032-1. |
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Die Protagonistin Jeanette wächst in England bei Stiefeltern
auf. Als Angehörige der Pfingstgemeinde haben diese sie adoptiert,
um sie quasi als "Auserwählte" vor dem Bösen der Welt zu
bewahren und sie auf den "rechten Weg" zu führen.
Völlig abgeschottet von allen weltlichen Versuchungen lebt Jeanette
in ihrer eigenen kleinen Welt. Wie scheinheilig, bigott und
einengend diese ist, wird ihr erst bewusst, als sie sich in eine
junge Frau verliebt, die nichts mit der Glaubensgemeinschaft zu tun
hat. Sie begreift, dass sie sich aus der bedrückenden Atmosphäre
ihres Elternhauses befreien muss, um ein eigenes, freies Leben führen
zu können. Mit ihrem Debütroman machte die Autorin bereits in den
80er Jahren in England Furore. Nun ist er glücklicherweise auch in deutscher Sprache
wieder lieferbar! |
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Rezensentin: Susanne
Wuttig |
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Ulrich
Völklein: Der Judenacker. Bleicher-Verlag 2002. ISBN: 3-88350-119-0. |
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Im Ochsenfurter Gau, 15 km südlich von Würzburg, liegt das
Dorf Geroldshausen. In diesem Ort wurde Ulrich Völklein 1949
geboren und bis 1955 seine Kindheit verbracht; jetzt hat er dort
"das Judenäckerle" geerbt. In seinem dokumentarischen Roman "Der Judenacker" geht Völklein den historischen Wurzeln
dieser Erbschaft auf den Grund: Wie kommt seine Familie in diesen
Besitz? Was ist aus den Juden geworden, die in dem Dorf gelebt
haben? Und was ist mit ihrem Besitz geschehen?
Akribisch folgt Völklein der Spuren der dörflichen
Vergangenheit, klammert dabei seine eigene Familiengeschichte
nicht aus.
Fesselnd und doch ohne jedes Pathos erzählt Völklein lokale
Zeitgeschichte zum Anfassen. Exemplarisch beschreibt er am
Beispiel Geroldshausen die Geschichte des mainfränkischen
Landjudentums; er ordnet die individuellen Lebensgeschichten in
die allgemeine Geschichte von den Verfolgungen des Mittelalters,
über die „Emanzipation“ bis zur Vernichtung der mainfränkischen
Juden ein. Es ist eine Geschichte, die nach 1945 mit dem
kollektiven Beschweigen der gemeinsamen Vergangenheit endet – aber
nach Völklein nicht enden darf. Deshalb hat er dieses Buch
geschrieben – sachlich, nüchtern, nie anklagend und deshalb um so
eindringlicher. Der
Autor liest am 7. Mai 2002 im
Buchladen um 20 Uhr! (Mehr
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Rezensent: Manfred
Kunz |
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Thomas
Hettche: Der Fall Arbogast. DuMont. ISBN 3-7701-5621-8. |

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Von einem authentischen
Kriminalfall und Justizirrtum Ende der 50er Jahre handelt Hettches
neuer Roman: Hans Arbogast ist als vermeintlicher Lustmörder von
der damaligen Justiz vorschnell mit zweifelhaften Gutachten zu
lebenslanger Haft verurteilt worden. Jahre später wird der Fall
wieder aufgerollt und
neu verhandelt. Sexualmord – wie damals angenommen wurde –
oder Unfall, das wird im wieder aufgenommenen Verfahren maßgeblich
durch eine DDR-Gutachterin bewiesen werden.
Mit der ihm eigenen sprachlichen Virtuosität gelingt es Thomas
Hettche auf beeindruckende Weise die schwüle Atmosphäre der
Nachkriegsjustiz aufleben zu lassen. Brutal und sehr direkt werden
die Sachverhalte dargestellt und lassen den Leser nur noch schwer
los. Aber nicht nur sprachlich und atmosphärisch ist der Roman
beeindruckend, auch die Erzählstruktur ist raffiniert gestrickt,
auch wenn sie auf den ersten Blick relativ konservativ geradlinig
erscheinen mag.
Absoluter Lesegenuss. |
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Rezensentin: Sandra Weisser |
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Martin
Suter: Ein perfekter Freund. Diogenes-Verlag 2002. ISBN: 3-257-06306-7. |
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Nach einem mysteriösen Unfall verliert der Journalist Fabio
Rossi das Gedächtnis, und nicht nur das, sondern auch seine
Arbeit, Freundin und Wohnung. Mühsam beginnt er Stück für Stück
mit der Rekonstruktion seiner Person. Er kommt dabei kriminellen
Vorgängen in der Lebensmittelindustrie auf die Spur, die das
hochbrisante Thema BSE zum Inhalt haben.
Ein spannender, leicht zu lesender und sehr unterhaltsamer Roman. |
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Rezensentin: Dr.
Gerhild Götz |
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Jorge
Victioriano Alonso: Die Hundertjahrfeier. Berlin-Verlag 2002.
ISBN: 3-8270-0322-9. |

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Ein farbenfrohes Feuerwerk irrwitziger Späße zündet der
Argentinier Jorge Victoriano Alonso (geboren 1936) in seinem ersten
und bislang einzigen Roman. Er spielt in einer Kleinstadt in der
argentinischen Pampa und erzählt mit viel schwarzem Humor die
Geschichte des Städtchens und seiner Bewohner von der Gründung
im Jahre 1870 bis zur Hundertjahrfeier, nach der im wahrsten Sinne
des Wortes kein Stein auf dem anderen bleibt. |
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Rezensent: Michael Meyer |
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Nick
Hornby: Fever
Pich – Ballfieber. Kiepenheuer & Witsch-Verlag 2002.
ISBN: 3-462-02586-4. |

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Es geht um eine
Liebesbeziehung voller Leidenschaft, Begehrlichkeiten und
Obsessionen. Nein, die Rede ist nicht von Sex, sondern es geht
vielmehr um das scheinbar innigste Verhältnis, zu dem wir Männer
überhaupt fähig sind der Verehrung für einen Fußballclub.
Eigentlich erstaunlich, aber vor Nick Hornby gab es keinen
Belletristik-Autor, der sich dieses Themas wirklich angenommen
hat. Daher kommt seinem Erstlingswerk quasi die Bedeutung eines
Standardwerkes zu. Und das durchaus zu Recht. Erstmals wird hier
der Versuch unternommen, eine Analyse der Umstände vorzunehmen,
die einen zum Fan werden lassen. Mit unwiderstehlichem Charme und
permanenter (Selbst-)Ironie, gleichwohl scharfem Blick für die
psychologischen Umstände, die erwachsenen Menschen für 90
Minuten in pubertierende Halbwüchsige zurück verwandeln.
Vor der bald beginnenden Fußball-WM ein Aufschluss gebendes Buch
sondergleichen. Es macht Spaß (uns Männern) und versucht
behutsam, Verständnis (bei den Frauen) zu wecken. |
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Rezensent: Oliver Wichmann |
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Armin
Greder: Die Insel. Sauerländer-Verlag 2002. ISBN: 3-7941-4930-0. |

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Selten gelingt es im
Bilderbuch so kongenial wie in diesem, Text und Bild zu verbinden.
Hier springt den Betrachter die Ablehnung und der Hass, den die
Menschen in der Geschichte dem Fremden entgegen bringen, förmlich
aus jedem Bild heraus an.
Die Bewohner einer Insel finden eines Morgens am Ufer einen Mann,
der anders ist als sie selbst. Sie nehmen ihn notgedrungen auf,
sperren ihn in einen alten Ziegenstall, geben ihm die Abfälle zu
essen. Aber niemand will etwas mit ihm zu tun haben, er macht
ihnen Angst, denn er ist doch so schrecklich anders. Irgendwann
halten sie die stille Bedrohung, die der Fremde allein durch seine
Anwesenheit auf ihrer Insel ausübt, nicht mehr aus. Sie setzen
ihn auf ein Floß, legen Feuer daran und übergeben ihn dem Meer
und den Flammen. Nur eine hohe Mauer rund um die Insel kann sie
davor bewahren, dass so etwas Schreckliches je wieder geschieht.
"Eine tägliche Geschichte" lautet der Untertitel und das ist
leider nur zu wahr. |
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Rezensentin:
Britta Kiersch |
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