Würzburg –
Genau eineinhalb Stunden lief die Bürgerversammlung am Dienstagabend
bereits, als das Thema angesprochen wurde, dessentwegen wohl die meisten
der 350 Zuhörer ins Veranstaltungszentrum Heiligkreuz gekommen waren:
die geplanten Arcaden am Bahnhof. Zuvor hatte Oberbürgermeisterin Dr.
Pia Beckmann erstmal "gut Wetter" gemacht und über die positive
Nachricht von der geplanten Ikea-Ansiedlung berichtet.

OB Pia Beckmann und Stadtbaurat Christian Baumgart voll
konzentriert bei der Bürgerversammlung. (FOTO: THERESA RUPPERT)
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Nachdem anschließend auch noch über die
Nutzung des Mozart-Areals gesprochen worden war, ging es dann zur Sache.
Sie wolle der gut funktionierenden Innenstadt keinen Schaden zufügen,
sagte OB Beckmann in ihrem Eingangsstatement. "Wir müssen einen Weg
finden, mit dem beide Seiten leben können", zeigte sie
Kompromissbereitschaft in Richtung Arcaden-Gegner. Und dann ließ sie die
Katze aus dem Sack. Der Investor mfi müsse ab sofort mit Vorgaben der
Stadt leben, die ihm kürzlich übermittelt worden seien.
Im Klartext: So soll die bislang vorgesehene Einzelhandelsfläche unter
Verzicht einer Nutzung des Ostflügels am Bahnhof reduziert werden. Es
bleiben unter dem Strich 16.500 Quadratmeter für die Arcaden und 7.500
für die Bahn, insgesamt also eine Verkaufsfläche von 20.000 Quadratmeter
plus die rund 500 bestehenden Quadratmeter im Bahnhof. Die
Verkaufsfläche für Textilwaren soll auf 7.500 Quadratmeter begrenzt
werden, wobei der größte Textilhändler maximal 5.000 Quadratmeter
belegen darf. So weit das Entgegenkommen in Richtung Handel.
Der Zentrale Omnibusbahnhof (ZOB) schließt nach den neuen Vorgaben
direkt an den Hauptbahnhof an. Es war bislang Hauptkritikpunkt der
Stadtratsfraktion der Grünen, dass der ZOB zu weit vom Bahnhof entfernt
sei.
Und auch in Richtung Denkmalschutz machte die Stadt ein Zugeständnis. Um
die Symmetrie des Bahnhofsvorplatzes zu wahren, soll es auch in Zukunft
zwei Pavillonreihen vor dem Bahnhof geben. Außerdem wird der jetzige ZOB
renaturiert und wieder dem Ringpark zugeführt.
Ob denn mfi schon von den neuen Vorgaben wisse, will Carl Schlier aus
dem Publikum wissen. Die Vorgaben seien dort bekannt, so Beckmann,
lächelt dabei und sagt "bis jetzt haben sie sich noch nicht
zurückgezogen." Architektur-Historikerin Dr. Suse Schmuck interessiert
sich für die Höhenentwicklungen. Höher als 11,60 Meter dürfe nichts
werden, erklärt Baumgart. Der heutige Bahnhof ist 12,10 Meter hoch.
Natürlich waren auch die Parkplätze ein Thema. Auch hier war Baumgart
perfekt vorbereitet. 562 gibt es heute am und um den Bahnhof, 1.340
sollen es künftig sein, wobei es Ziel der SVG ist, die 1.000 Plätze auf
den Arcaden zu bewirtschaften.

Die neue Bahnhofs-Planung: Im Osten stößt der Busbahnhof
jetzt direkt auf das Bahnhofsgebäude, die bisher geplante
Verkaufsfläche von 3.500 Quadratmetern entfällt hier. (GRAFIK:
STADT WÜRZBURG) |
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Und wo er schon mal bei den Zahlen war,
widerlegte er auch gleich den Vorwurf, die Stadt lasse sich von mfi
übertölpeln. Der Arcaden-Investor bringt demnach 25,6 Millionen allein
für die Infrastruktur vom neuen ZOB bis zur Brunnensanierung ein.
Baumgart: "Da ist es doch abstrus, zu behaupten, wir werden über den
Tisch gezogen."
Karl Graf, Kreisvorsitzender der FDP, war dies alles nicht genug. Er
plädierte für das Mozart-Areal als Standort für ein Einkaufszentrum und
beantragte: "Die Planung am Bahnhof ist einzustellen!" Dafür gab es viel
Beifall und Bravo-Rufe aus dem Publikum.
Während sich die Versammlung mit vielen Detailfragen in die Länge zog,
ergriff die Oberbürgermeisterin noch einmal das Wort: "Wenn ein
Einkaufszentrum auf dem Mozart-Areal kommt, wird es keinen neuen Bahnhof
geben. Für einen Umbau aus eigener Kraft hat die Bahn das Geld nicht,
das geht nur mit mfi". Dafür erntete sie Missfallenskundgebungen aus dem
Publikum. Drohte der mühsam aufgebaute Kompromiss noch einmal zu kippen?
Die Antwort brachte die Abstimmung über den Antrag von Karl Graf. Er
wurde kurz nach 22 Uhr von der großen Mehrheit der Anwesenden abgelehnt.
Jetzt hat am 14. und 15. Dezember der Stadtrat das Wort. Es wird
interessant sein, wieviele der zahlreich anwesenden Ratsmitglieder sich
von den Argumenten der Bürgerversammlung überzeugen bzw. umstimmen
ließen.
Von unserem Redaktionsmitglied Karl-Georg Rötter
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