Marktplatz,
Bahnhofsplatz und Gelände des Mozart-Gymnasiums bilden das
Bermudadreieck der Würzburger Neubaupläne zur Belebung der City. Eine
Investorengruppe hat umfassende Pläne für die Bebauung des Areals
zwischen Hofstraße, Maxstraße, Theaterstraße und Residenzplatz
vorgelegt. Es handelt sich um den attraktivsten Platz Würzburgs für neue
Architektur, direkt bei der Residenz und in Tuchfühlung mit der
Stadtkrone, dem Ensemble von Dom und Neumünster.

Der Ausschnitt aus der Stadtansicht von Sebastian Münster
(1548) ist das erste Bild des Katzenwicker-Hofs, heute Standort
des früheren Mozart-Gymnasiums. Zur Orientierung: Links oben im
Bild ist der Dom zu sehen. |
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Es geht um eine traditionsreiche Stätte. 1147 wird
dort der größte Würzburger Domherrnhof, der Hof Katzenwicker, genannt.
Der seltsame Name wird auf einen Turm an der Ecke von Residenzplatz und
Theaterstraße zurückgeführt, der seinerseits auf einen
frühmittelalterlichen Burghügel zurückgehen soll. Vielleicht befand sich
hier der befestigte Wohnsitz der Grafen, die im Auftrag Karls des Großen
die königlichen Hoheitsrechte wahrnahmen? Vielleicht.
Ins Licht der Geschichte trat der Katzenwickerhof, als Kaiser Friedrich
Barbarossa ihn 1172 dem Domkapitel abkaufte. Dort, nicht mehr am alten
Königshof jenseits des Mains, sollten Mitglieder und Beauftragte der
staufischen Herrscherfamilie und deren Bedienstete absteigen. Die
Legende, dass Barbarossa hier Beatrix von Burgund geheiratet habe,
erinnert an den früheren Rang des Hofs.
Wegen seiner Größe spielte er eine bedeutende Rolle in Würzburgs
Geschichte: Er nahm eine Fakultät der ersten Universität 1403 auf, hier
ließen sich Fürstbischöfe huldigen und auch Julius Echter hätte hier
später gerne seine Universität gebaut, wenn die knausrigen Domherren den
Platz herausgerückt hätten. Als bei der Neuanlage der Hofstraße 1720 ein
Streifen des Hofs zu opfern war, prozessierte das Domkapitel gegen den
Bischof.
Im 18. Jahrhundert waren die Wohngebäude des 16. Jahrhunderts
altmodisch, Mitte des 19. Jahrhunderts schon in malerisch vergammeltem
Zustand. Neubaupläne begeisterten die Bürger: die Eisenbahn dampfte auf
der heutigen Ludwigstraße in den Kopfbahnhof auf dem Platz des heutigen
Theaters. Man planierte das alte Gemäuer stracks ein, so dass vom
geheimnisumwitterten Katzenwickerhof nur noch ein paar alte Bilder und
ein Säulenkapitell blieben.

Wo heute Standort der Mozartschule ist, stand bis 1945 die
Maxschule. (FOTO: ARCHIV STEIDLE) |
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Vor 150 Jahren entstand die Maxstraße, die die
Aufgabe hatte, modern und repräsentativ bebaut zu sein und auf den
Bahnhof zuzulaufen. Bildung und Kultur fanden hier eine Heimstätte: die
Maxschule und das Luitpoldmuseum, aus dem nach 1945 das Mainfränkische
Museum erwuchs. Im Museumsgarten stand vor 1945 der Neumünsterkreuzgang,
in dem 1930 auch der Würzburger Poet Max Dauthendey bestattet wurde.
Die Abrissbirne legte nieder, was der Bombenangriff auf Würzburg
zerstört hatte. Stadtbaumeister Schlick hatte große Pläne mit dem
Gelände. Ein weiträumiges Schulzentrum sollte sich mit repräsentativem
Eingangsbereich zum Residenzplatz öffnen, das Staatsbank-Gebäude von
1840 niedergelegt werden und an der Stelle der heutigen Sparkasse eine
lockere Bebauung mit Cafés, Boutiquen entstehen. Von den Neubauplänen
blieb das Schulgebäude übrig, in dem bis 2001 das Mozart-Gymnasium seine
Heimat hatte. Jetzt werden die lichten Unterrichtssäle vermietet.
Der Platz hat Tradition mit missglückten Neubauten. Nicht nur Schlick
scheiterte mit seinem großen Wurf, sondern auch jener Mann, der eine
palastartige Anlage um 1840 als Gegenüber der Residenz plante. Es blieb
das jetzt in Renovierung begriffene klassizistische Eckhaus, das nach
der Staatsbank künftig der Musikhochschule dienen wird.
Und jetzt also der große Wurf? Immerhin, die Planung zeigt ganz neue
Dimensionen. Dass dabei das Bankhaus an der Ecke
Residenzplatz/Theaterstraße verschwände, ließe sich verschmerzen. Aber
muss man den Teufel mit dem Beelzebub austreiben? Die neuen Trakte
fallen erheblich höher aus als die frisch renovierte Staatsbank von
1840. Zur Maxstraße und zur Hofstraße zeigt sich eine einheitliche
fünfgeschossige Fassade, die die Straßen eng, dunkel und langweilig
macht. Den Höhepunkt des geplanten Styling dürfte der turmartige Rundbau
zum Faulhaberplatz bilden. Warum plant man nicht gleich ein neues
Hochhaus, das die Stadtkrone effektvoll bereichern könnte?
Manche munkeln, entwarnen, es handle sich um eine strategische Finte,
die Arcaden am Bahnhof zu fördern. Sollten die Pläne ernst gemeint sein,
dann gehören sie in die Reihe von Visionen, die nur zur Reaktion:
"Lieber nicht" veranlassen. Dann bewahre man den provinziellen Charme
der 50er Jahre.
Das alte Moz ist ein Stück Würzburger Architekturgeschichte, Zeugnis
einer eigenwilligen und modernen Stadtgestaltung. Die Gebäudestaffelung
an der Maxstraße mit dem kleinen Park ist durchaus sehenswert, die
kleine Piazza zur Hofstraße könnte von einem Eiscafé genutzt werden. Und
der schwungvolle Treppenaufgang, der Pausenhof mit schattigen Bäumen,
die alte Gartenmauer zum Residenzplatz, wo Rosen blühen - soll von
alledem so viel bleiben wie von dem alten Katzenwickerhof, der
Maxschule, dem Luitpoldmuseum?

Räsoniert künftig regelmäßig über die Stadtgeschichte:
Historiker Dr. Hans Steidle. (FOTO: W. JUNG) |
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Muss es eine Einkaufsmeile sein? Ein Meilchen
könnte es werden, auf das man sich nicht unbedingt freuen muss. Wo
werden die Bewohner der Anlage und die Kunden parken? Der Faulhaberplatz
wird bebaut, Parkplätze entfallen. Ist die Unterkellerung des
Residenzplatzes angedacht? Möglich wär's.
Von Hans Steidle
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