Main Post Würzburg, 18.10.2005, 17:31 Uhr


Vom Staufer-Hof zur Einkaufsmeile?
 

 

Marktplatz, Bahnhofsplatz und Gelände des Mozart-Gymnasiums bilden das Bermudadreieck der Würzburger Neubaupläne zur Belebung der City. Eine Investorengruppe hat umfassende Pläne für die Bebauung des Areals zwischen Hofstraße, Maxstraße, Theaterstraße und Residenzplatz vorgelegt. Es handelt sich um den attraktivsten Platz Würzburgs für neue Architektur, direkt bei der Residenz und in Tuchfühlung mit der Stadtkrone, dem Ensemble von Dom und Neumünster.
 



Der Ausschnitt aus der Stadtansicht von Sebastian Münster (1548) ist das erste Bild des Katzenwicker-Hofs, heute Standort des früheren Mozart-Gymnasiums. Zur Orientierung: Links oben im Bild ist der Dom zu sehen.

 

Es geht um eine traditionsreiche Stätte. 1147 wird dort der größte Würzburger Domherrnhof, der Hof Katzenwicker, genannt. Der seltsame Name wird auf einen Turm an der Ecke von Residenzplatz und Theaterstraße zurückgeführt, der seinerseits auf einen frühmittelalterlichen Burghügel zurückgehen soll. Vielleicht befand sich hier der befestigte Wohnsitz der Grafen, die im Auftrag Karls des Großen die königlichen Hoheitsrechte wahrnahmen? Vielleicht.

Ins Licht der Geschichte trat der Katzenwickerhof, als Kaiser Friedrich Barbarossa ihn 1172 dem Domkapitel abkaufte. Dort, nicht mehr am alten Königshof jenseits des Mains, sollten Mitglieder und Beauftragte der staufischen Herrscherfamilie und deren Bedienstete absteigen. Die Legende, dass Barbarossa hier Beatrix von Burgund geheiratet habe, erinnert an den früheren Rang des Hofs.

Wegen seiner Größe spielte er eine bedeutende Rolle in Würzburgs Geschichte: Er nahm eine Fakultät der ersten Universität 1403 auf, hier ließen sich Fürstbischöfe huldigen und auch Julius Echter hätte hier später gerne seine Universität gebaut, wenn die knausrigen Domherren den Platz herausgerückt hätten. Als bei der Neuanlage der Hofstraße 1720 ein Streifen des Hofs zu opfern war, prozessierte das Domkapitel gegen den Bischof.

Im 18. Jahrhundert waren die Wohngebäude des 16. Jahrhunderts altmodisch, Mitte des 19. Jahrhunderts schon in malerisch vergammeltem Zustand. Neubaupläne begeisterten die Bürger: die Eisenbahn dampfte auf der heutigen Ludwigstraße in den Kopfbahnhof auf dem Platz des heutigen Theaters. Man planierte das alte Gemäuer stracks ein, so dass vom geheimnisumwitterten Katzenwickerhof nur noch ein paar alte Bilder und ein Säulenkapitell blieben.
 



Wo heute Standort der Mozartschule ist, stand bis 1945 die Maxschule. (FOTO: ARCHIV STEIDLE)

 

Vor 150 Jahren entstand die Maxstraße, die die Aufgabe hatte, modern und repräsentativ bebaut zu sein und auf den Bahnhof zuzulaufen. Bildung und Kultur fanden hier eine Heimstätte: die Maxschule und das Luitpoldmuseum, aus dem nach 1945 das Mainfränkische Museum erwuchs. Im Museumsgarten stand vor 1945 der Neumünsterkreuzgang, in dem 1930 auch der Würzburger Poet Max Dauthendey bestattet wurde.

Die Abrissbirne legte nieder, was der Bombenangriff auf Würzburg zerstört hatte. Stadtbaumeister Schlick hatte große Pläne mit dem Gelände. Ein weiträumiges Schulzentrum sollte sich mit repräsentativem Eingangsbereich zum Residenzplatz öffnen, das Staatsbank-Gebäude von 1840 niedergelegt werden und an der Stelle der heutigen Sparkasse eine lockere Bebauung mit Cafés, Boutiquen entstehen. Von den Neubauplänen blieb das Schulgebäude übrig, in dem bis 2001 das Mozart-Gymnasium seine Heimat hatte. Jetzt werden die lichten Unterrichtssäle vermietet.

Der Platz hat Tradition mit missglückten Neubauten. Nicht nur Schlick scheiterte mit seinem großen Wurf, sondern auch jener Mann, der eine palastartige Anlage um 1840 als Gegenüber der Residenz plante. Es blieb das jetzt in Renovierung begriffene klassizistische Eckhaus, das nach der Staatsbank künftig der Musikhochschule dienen wird.

Und jetzt also der große Wurf? Immerhin, die Planung zeigt ganz neue Dimensionen. Dass dabei das Bankhaus an der Ecke Residenzplatz/Theaterstraße verschwände, ließe sich verschmerzen. Aber muss man den Teufel mit dem Beelzebub austreiben? Die neuen Trakte fallen erheblich höher aus als die frisch renovierte Staatsbank von 1840. Zur Maxstraße und zur Hofstraße zeigt sich eine einheitliche fünfgeschossige Fassade, die die Straßen eng, dunkel und langweilig macht. Den Höhepunkt des geplanten Styling dürfte der turmartige Rundbau zum Faulhaberplatz bilden. Warum plant man nicht gleich ein neues Hochhaus, das die Stadtkrone effektvoll bereichern könnte?

Manche munkeln, entwarnen, es handle sich um eine strategische Finte, die Arcaden am Bahnhof zu fördern. Sollten die Pläne ernst gemeint sein, dann gehören sie in die Reihe von Visionen, die nur zur Reaktion: "Lieber nicht" veranlassen. Dann bewahre man den provinziellen Charme der 50er Jahre.

Das alte Moz ist ein Stück Würzburger Architekturgeschichte, Zeugnis einer eigenwilligen und modernen Stadtgestaltung. Die Gebäudestaffelung an der Maxstraße mit dem kleinen Park ist durchaus sehenswert, die kleine Piazza zur Hofstraße könnte von einem Eiscafé genutzt werden. Und der schwungvolle Treppenaufgang, der Pausenhof mit schattigen Bäumen, die alte Gartenmauer zum Residenzplatz, wo Rosen blühen - soll von alledem so viel bleiben wie von dem alten Katzenwickerhof, der Maxschule, dem Luitpoldmuseum?

 



Räsoniert künftig regelmäßig über die Stadtgeschichte: Historiker Dr. Hans Steidle. (FOTO: W. JUNG)

 

Muss es eine Einkaufsmeile sein? Ein Meilchen könnte es werden, auf das man sich nicht unbedingt freuen muss. Wo werden die Bewohner der Anlage und die Kunden parken? Der Faulhaberplatz wird bebaut, Parkplätze entfallen. Ist die Unterkellerung des Residenzplatzes angedacht? Möglich wär's.

Von Hans Steidle

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Quelle: http://www.mainpost.de/mainfranken/wuestadt/art735,3289974.html


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