Schlafräuber

im Juli 2003
 
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Peter Moser: Würzburg: Alltag in schwerer Zeit (1933-45). Babenberg-Verlag 2003. ISBN: 3-933469-06-6.

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Der Bildband bietet einen wunderbaren Einblick in das Würzburg der NS-Zeit.
Peter Moser, der bereits 1999 eine reich illustrierte Stadtchronik vorgelegt hat, griff auf das Bildarchiv von Erika Groth-Schmachtenberger (1906-1992) und auf Material des Landschaftsfotografen Hans Saebens (1895-1969) zurück. Entstanden ist ein herrliches Buch, das Bekanntes in einer völlig neuen Perspektive erscheinen lässt. Die Bilder sprechen unmittelbar. Berückend schöne Fotos und eine dezente Beschreibung machen den Band äußerst aussagekräftig: Alltag im faschistischen Umfeld (trotz/ angesichts/ oder aufgrund dieses Umfeldes?). Sehend eingebunden in diesen Alltag wird der Betrachter nachdenklich. Die für mein Empfinden zu glatte Einleitung befindet sich hierzu in einem konstruktiven Kontrast.
Unbedingt zu empfehlen – und zwar nicht nur als Geschenk.

Rezensent: Jörg Seiler

 

Erläuterungen zum Buchtipp

Bei dem hier abgedruckten Buchtipp handelt es sich um eine gekürzte (und aufgrund ihrer Kürze nicht ausreichend klare) Fassung eines Buchtipps, der auf Wuevita steht. Diese Langfassung beschreibt den Hintergrund, weshalb und unter welchen Voraussetzungen ich das Buch empfehlenswert finde.

Das Buch von Peter Moser hat eine Debatte hervorgerufen (Artikel in der Mainpost vom 02.08.2003, WÜS C 3; vom 09.08.2003, WÜS C 3 und Süddeutsche Zeitung vom 16./17.08.2003, S. 40). In der Zeittafel am Ende des Bandes werden Ereignisse nämlich im Originalton der damaligen Zeit, also mit direkten Zitaten beschrieben, wobei diese in einigen Fällen nicht kursiv kenntlich gemacht wurden.

Hier scheinen einige Anmerkungen sinnvoll zu sein.

  1. In dem Augenblick, wo die Möglichkeit besteht, in einer Publikation oder bei einer Äußerung das Grauen der nationalsozialistischen Herrschaft zu verharmlosen, muss klar gemacht werden, dass es nicht in der Absicht des Verfassers liegt, durch seine Art der Darstellung dieses Grauen zu verharmlosen. Da diese Möglichkeit offensichtlich besteht (sonst gäbe es über das Buch keine Diskussion), wären hier klarere Worte von Moser zu wünschen gewesen. Eine entsprechende Kritik am Vorwort ("zu glatt") habe ich formuliert. Auf mich wirkte der Band insgesamt jedoch nicht verharmlosend.

  2. Da Moser in seinem Vorwort darauf verwies, er wolle möglichst im Originalton zitieren, war für mich klar, dass es sich bei den nun strittigen Stellen um nationalsozialistische Phraseologie handelt, gleichgültig ob kursiv oder nicht kursiv.

  3. Dass einige Stellen nicht kursiv kenntlich gemacht wurden, ist ein Fehler, der einem Lektorat und einem Autor eigentlich nicht passieren darf. Hierauf hätte man im Buchtipp eingehen sollen (wobei es sich jedoch bei einem Buchtipp auch nicht um eine umfassende Besprechung handelt). Ähnliches gilt für Hinweise auf die zitierten Quellen, auf die man nur zum eigenen Schaden verzichtet, wie sich nun zeigt.

  4. Die Bilder sprechen eine eigene Sprache, auf die es mir im Buchtipp ankommt: Gerade das Fehlen der Monströsität und der menschenverachtenden Gewalt in vermeintlich schönen Bildern offenbart, wie selbstverständlich (und schleichend) Faschismus und Totalitarismus eine Gesellschaft durchdringen kann (vgl. hierzu die entlarvende Beschreibung bei Sebastian Haffner, Geschichte eines Deutschen). Es ist hiermit ein zeitübergreifendes Problem angesprochen, das sich ähnlich auch für unsere modernen Gesellschaften stellen kann. Hier setzt das Lernen aus der Geschichte an. Man lernt aus ihr nicht nur durch die Beschreibung des Grauens, sondern auch durch die Beschreibung dessen, wie selbstverständlich eine Gesellschaft dieses Grauen verdrängen und hinter der Fassade betulicher Bürgerlichkeit verbergen kann. Einzig aus diesen Zusammenhängen heraus ist die Kaufempfehlung erwachsen (die Bewertungen "unbedingt zu empfehlen" und "wunderbarer Einblick" sind fehl am Platz. Der Band bietet vielmehr einen erschreckenden Einblick in den faschistischen Alltag in Würzburg, und aufgrund dessen ist er zu empfehlen. Hier würde ich heute klarer formulieren.).

  5. Hinter dieser Einschätzung steht die Überzeugung, dass das Wissen um den menschenverachtenden Kontrast zu einem vermeintlich schönen oder nur "schweren" Alltag mittlerweile und endlich Allgemeingut ist (nach Auschwitz, den 68ern, einer normalen Schulbildung und den immer wieder neuen Diskussionen [Historikerstreit; Goldhagen]), so dass sich die Fragen, die sich beim Betrachten der Bilder einstellen, automatisch ergeben (etwa: Ist es Alltag trotz/aufgrund/angesichts des faschistischen Umfeldes?). Man kann bezüglich dieser Selbstverständlichkeit auch anderer Meinung sein.

Jörg Seiler, 01.09.2003

Weitere Informationen: Moser-Buchbesprechung auf der Würzburg-Seite

Brigitte Giraud: Das Leben entzwei. S. Fischer-Verlag 2003. ISBN: 3-10-024420-6.

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"Das Leben entzwei" ist eine wahre Geschichte. Sie wird von einer Frau erzählt, deren Mann durch einen Motorradunfall jäh aus dem Leben gerissen wird. Völlig unvorbereitet auf diesen Verlust beschreibt sie den relativ kurzen Zeitraum von dem Tag der Todesnachricht an bis zur Beerdigung. Schmerz und Fassungslosigkeit sind in diesen Tagen ebenso präsent wie die Notwendigkeit, weiter zu leben und den Alltag zu organisieren.
Ohne pathetisch zu wirken, gelingt es der Autorin, die Gefühle und Gedanken dieser Frau in Worte zu fassen, die tief unter die Haut gehen. Ein äußerst bemerkenswertes Buch!

Rezensentin: Susanne Wuttig

Oskar Maria Graf: Das Leben meiner Mutter. Deutscher Taschenbuch-Verlag 2003. ISBN: 3-423-10044-3.

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Das Leben der Familie Graf und besonders das der Mutter in Berg am Starnberger See steht im Mittelpunkt dieses fast schon klassischen Buches. Es ist eine harte, bäuerliche Existenz, eingebunden in bayrische und christliche Tradition, die wenig Spielraum für eine individuelle Entwicklung lässt.
Wie in allen Büchern Oskar Maria Grafs spielen sozialkritische und politische Aspekte eine herausragende Rolle. Die Klassengesellschaft war Ende des vorigen Jahrhunderts noch sehr ausgeprägt.
Ein sehr lesenswertes Buch, das nichts an seiner Aktualität verloren hat.

Rezensentin: Dr. Gerhild Götz

Maarten t'Hart: Die Sonnenuhr. Arche-Verlag 2003. ISBN: 3-7160-2311-6.

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Leonie führt ein bescheidenes und zurückgezogenes Leben als Übersetzerin, bis ihre beste Freundin Roos an einem Sonnenstich stirbt und sie als ihre Alleinerbin einsetzt. Einzige Bedingung ist, dass Leonie sich um deren 3 Katzen kümmert und in Roos Apartment zieht. Leonie lässt sich auf diesen Deal ein, und gerät umgehend in eine verworrene, spannende und unheimliche Kriminalgeschichte. Im Laufe der Geschichte nimmt Leonie immer öfter die Identität ihrer verstorbenen Freundin ein und kommt somit zum einem der Lösung des Kriminalfalles immer näher, entdeckt aber auch wie trist und öde ihr bisheriges Leben eigentlich verlief. 
Für alle Maarten t'Hart-Fans und solche, die es werden wollen. Gute und spannende Unterhaltung.

Rezensentin: Dagmar Dauerer

Heidi Knetsch/Stefan Richwien: Biber und Specht. Ohrenbär. Verlag Deutsche Grammophon 2003. ISBN: 3-8291-0921-0.

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Im Tennenmooswald geht's eigentlich recht ruhig und beschaulich zu – und wenn doch einmal Ungewöhnliches passiert, gibt's keinen Grund zur Beunruhigung mehr, seit Biber und Specht ihr Detektivbüro eröffnet haben. Ob nun ein "heulender und brausender Leopold" den kleinen Wald heimsucht, ein unsichtbares Hindernis Hirsch am majestätischen Schreiten hindert, der Mond gefüttert werden muss, weil er immer dünner wird oder Eichhörnchen nicht als Stotterer beschimpft werden will – an Aufträgen mangelt es den zwei pfiffigen Detektiven jedenfalls nicht.
Die witzigen und skurrilen Abenteuer sind spannend, lehrreich und stecken so voller kleiner
philosophischer Lebensweisheiten, dass auch erwachsene Zuhörer ihre Freude haben. Zudem sind die kleinen Geschichten von dem Schauspieler Jürgen Thormann so famos erzählt (jedes Tier hat eine andere Stimme und erhält so seinen eigenen Charakter), dass die ganze Sache zu einem wunderbaren Hörerlebnis abgerundet wird.

Rezensent: Oliver Wichmann


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Stand: 07. Oktober 2006
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