Volksblatt Würzburg, 15.12.2005, 19:21 Uhr


Stadtrat macht Weg für Arcaden frei
 

 

Würzburg – Als Dr. Reinhart Stumpf am Mittwochabend kurz vor halb zehn als einziger Stadtrat der Würzburger Liste "Ja" sagte, war klar, dass das Arcaden-Projekt am Bahnhof im Stadtrat eine Mehrheit finden würde. Vor ihm hatte sich nämlich bereits mit Kurt Schubert (CSU) ein anderer "Wackelkandidat" der Meinung seiner Fraktion angeschlossen und pro Arcaden gestimmt. Schließlich konnten sich nach langer und intensiv geführter Diskussion die Arcaden-Befürworter mit 26 zu 23 Stimmen durchsetzen.

Schon vor der Sitzung ging es hitzig zu im Foyer, wo sich etwa 150 Besucher der Sondersitzung versammelt hatten und auf Einlass warteten. Die Arcaden befürwortenden Stadträte mussten sich deutliche Worte von Gegnern anhören. Stadtratsmitglieder berichteten, dass sie in den letzten Tagen mit Anrufen geradezu bombardiert worden seien, bei einem hatte sich am Vorabend sogar eine Gruppe von Gegnern vor seinem Haus versammelt und wollte ihn zur Rede stellen.

Einig waren sich die Stadträte, dass sie an diesem Tag "vor der vielleicht schwierigsten Sitzung der gesamten Wahlperiode stehen", wie es Matthias Pilz (Grüne) eingangs sagte. Gut vier Stunden lang wurden dann noch einmal Pro und Contra ausgebreitet, was zuvor schon monatelang in der Öffentlichkeit geschah. In der Debatte wurde dann noch einmal deutlich, wo die Trennungslinie verlief.

CSU und SPD waren sich einig, dass es nur mit dem "Gespann" Bahn, Stadt, mfi möglich sei, Verbesserungen der Situation rund um den Bahnhof zu erzielen. "Es war der größte Erfolg der Oberbürgermeisterin, die Bahn bewegt zu haben, sich an dem Projekt zu beteiligen", lobte CSU-Fraktionsvorsitzende Ursula Weschta. Ihr SPD-Kollege Hans Werner Loew forderte, den Tunnel unter den Bahngleisen in den Vorgaben des Architekturwettbewerbs gleich bis zur Nordseite der Gleise zu planen. "Rechtliche Bedenken" führte er indessen dagegen an, die Sanierung des Kiliansbrunnens in das Programm aufzunehmen. Dies war zunächst geschehen, nicht zuletzt wohl deshalb, weil Willi Dürrnagel (CSU), seine Zustimmung davon abhängig gemacht hatte. Und bei der vorauszusehenden knappen Abstimmung zählte jede Stimme – hüben wir drüben. Loew gefiel auch nicht, dass die Kurzzeitparkplätze vor dem Bahnhof wegfallen sollen, dennoch signalisierte er die Zustimmung seiner Fraktion und zwar geschlossen.

Matthias Pilz, Fraktionsvorsitzender der Grünen, eröffnete den Reigen der Arcaden-Gegner. "Der Preis für die Arcaden ist zu hoch", so Pilz. Es entstehe ein Shopping Center, das nicht die Nähe der Stadt suche, sondern für sich selbst stehen solle. Er plädierte für die Mozart-Variante, weil sie durchlässiger sei, eine Ergänzung der Innenstadt darstelle und hervorragend an den ÖPNV angebunden sei.

Nicht lösbare Verkehrsprobleme, "die hier klein geredet werden", sah Dr. Werner Fischer (FWG) bei den Arcaden und den flankierenden Baumaßnahmen am Bahnhof. Was die Sanierung des Bahnhofs angeht, zeigte sich Fischer skeptisch, schließlich gebe es nur "Absichtserklärungen", von denen man nicht wisse, ob sie überhaupt realisierbar seien. Egon Schrenk (FDP) sah angesichts sinkender Kaufkraft die Arcaden als "eine Stadt neben der Stadt". "Wer einmal dort eingekauft hat, geht nicht mehr zurück in die Innenstadt", auch wenn das Parkticket als kostenloser Straba-Fahrschein diene. Auch Alt-Oberbürgermeister Jürgen Weber (WL) kritisierte, dass durch das Einkaufszentrum die Innenstadt geschwächt werde.

Auf Kritik stieß auch, dass die Sanierung des Bahnhofs durch die Bahn AG an ein Grundstücksgeschäft mit dem Arcaden-Investor mfi gekoppelt sei. Dies sei ausschließlich Sache der Bahn und dafür brauche man keine Arcaden, sagte Egon Schrenk. Deutlicher wurde Erich Felgenhauer (Bürgerforum): "Wir werden zu politischen Eunuchen, wenn wir da mitmachen. Es ist eine Ungezogenheit der Bahn, uns nach dem Motto zu degradieren: 'Wir lassen unseren Saustall stehen, wenn ihr nicht tut, was wir wollen'."

Zum guten Schluss wurden mehrere Anregungen aus dem Plenum in die Ausschreibung aufgenommen: Die Überdachung beider Pavillonreihen auf dem Vorplatz, die Anordnung von Kurzzeitparkplätzen auf dem Dach des Busbahnhofs sowie die strikte Einhaltung der Verkaufsfläche von 20.000 Quadratmetern.

Dann begann schließlich die spannende Abstimmung. Dürrnagel und Thomas Schrenk scherten aus der CSU-Fraktion aus, die SPD war sich einig und stimmte komplett für die Arcaden. Unmutsäußerungen aus dem Publikum erntete Kurt Schubert (CSU), den viele als Innenstadt-Lobbyisten auf der anderen Seite vermuteten, für sein Ja. Auch das Ja von Reinhart Stumpf war für viele überraschend, hieß es doch noch wenige Minuten vor der Sitzung, die WL-Fraktion stimme geschlossen gegen die Arcaden.

Mit Mehrheit angenommen wurde der Vorschlag der Verwaltung für das Mozart-Areal eine Investorenausschreibung durchzuführen. Schwerpunkt: Hochwertiges Wohnen und kleinteiliger Einzelhandel.

"Das ist ein knappes, aber eindeutiges Ergebnis", kommentierte mfi-Pressesprecherin Petra Richter die Entscheidung. Bei mfi wisse man, dass es noch viel zu tun gebe. Erfreut äußerte sie sich über die Resonanz im Infozelt vor dem Bahnhof, das von über 11.000 Bürgern besucht wurde. Die Auswertung der Fragebogen habe ergeben, dass sich 83,4 Prozent für die Arcaden ausgesprochen haben.

Von unserem Redaktionsmitglied Karl-Georg Rötter

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Quelle: http://www.mainpost.de/mainfranken/vbwue/art780,3363833.html


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