11. September 1973:

Der faschistische Putsch gegen Allende in Chile


Der Putsch und seine Folgen Chronik zum 11.09.1973 Artikel und Links
 

 Der Putsch und seine Folgen                                                          


Zitate
"Chile beginnt seinen Marsch in den Sozialismus, ohne die tragischen Erfahrungen eines Bruderkrieges gemacht zu haben. [...] Der Sieg gehört dem geprüften Volk, das eineinhalb Jahrhunderte lang unter dem Deckmantel so genannter Unabhängigkeit die Ausbeutung der herrschenden Klasse ertrug, die unfähig ist, den Fortschritt zu sichern, und die auch gar kein Interesse daran hat. Die Wahrheit ist, dass Rückständigkeit, Unwissenheit und Hunger unseres Volkes und aller Völker der Dritten Welt einigen wenigen Privilegierten Gewinne bringen. Aber jetzt endlich ist der Tag gekommen, um Schluss zu sagen, Schluss mit der wirtschaftlichen Ausbeutung! Schluss mit der sozialen Ungleichheit! Schluss mit der politischen Unterdrückung!"
Der chilenische Präsident Salvador Allende Gossens am 05.11.1970, dem Tag seines Amtsantritts

"Wir brauchen Entwicklungsmodelle, die realistischer, menschlicher, rentabler und sinnvoller als die jetzigen sind. Das ist die große Aufgabe unserer Zeit."
Der mexikanische Schriftsteller Octavio Paz, Anfang der siebziger Jahre in seinem Essay "Das Labyrinth der Einsamkeit"

"Landsleute! Es ist sicherlich das letzte Mal, dass ich mich an Sie wende. Die Luftstreitkräfte haben die Sendeanlagen von Radio Portales und Radio Corporación bombardiert [...] Meine Worte sind nicht von Bitternis geprägt, sondern von Enttäuschung, sie sind auch eine moralische Züchtigung derjenigen, die den Eid, den sie geleistet haben, gebrochen haben: Soldaten Chiles, amtierender Oberbefehlshaber. [...] Ich werde nicht zurücktreten. In eine historische Situation gestellt, werde ich meine Loyalität gegenüber dem Volk mit dem Leben bezahlen. [...] Sie haben die Gewalt, sie können zur Sklaverei zurückkehren, aber man kann weder durch Verbrechen noch durch Gewalt die gesellschaftlichen Prozesse aufhalten. Die Geschichte lehrt uns, es sind die Völker, die sie machen. [...] Das Auslandskapital, der mit der Reaktion verbündete Imperialismus haben ein solches Klima geschaffen, dass die Streitkräfte mit ihren Traditionen brechen... Die Geschichte wird über sie richten. [...] Es werden andere Chilenen kommen. In diesen düsteren und bitteren Augenblicken, in denen sich der Verrat durchsetzt, sollen sie wissen, dass sich früher oder später, sehr bald, erneut die großen Straßen auftun werden, auf denen der würdige Mensch dem Aufbau einer besseren Gesellschaft entgegengeht. Es lebe Chile! Es lebe das Volk! Es leben die Werkstätigen! Das sind meine letzten Worte, und ich habe die Gewissheit, dass diese Opfer zumindest eine moralische Lektion sein wird, die den Treuebruch, die Feigheit und den Verrat verurteilen."
Letzte Worte von Präsident Salvador Allende Gossens in Santiago de Chile am 11. September 1973 (siehe auch "Die letzte Rede von Präsident Allende" als WAV-Audio-Datei sowie die Buchbesprechung von "Der andere 11. September. Der Mord an Allende und Tausenden Chilenen vor 30 Jahren.")


"Man sagt, dass Demokratie hin und wieder in Blut gebadet werden muss, damit sie weiterhin eine Demokratie sein kann."

Militärdiktator Augusto Pinochet Ugarte
 



Bilder

 


Der chilenische General Augusto Pinochet (links) und der chilenische Präsident Salvador Allende auf der Feier zur Ernennung Pinochets zum Ober
befehlshaber der Armee am 23. August 1973. 18 Tage später putschte Pinochet gegen Allende, der dabei starb. (AP Photo/Enrique Aracena/FILE)
 


 

Die vier Mitglieder der Militärjunta, die durch den blutigen Putsch vom 11. September 1973 in Chile die Macht an sich rissen, während der Feierlichkeiten zum Nationalen Unabhängigkeitstag am 18. September 1973. Von links nach rechts: General Gustavo Leigh (Oberbefehlshaber der Luftwaffe), General Augusto Pinochet (Armeechef und Anführer des Putsches), Admiral José Toribio Merino (Oberbefehlshaber der Marine), General Cesar Mendoza (Oberbefehlshaber der Polizei). (AP Photo/FILE)

 

 



Die US-Regierung fördert den Putsch...

"That son of a bitch, that bastard..."
Richard Nixon, US-Präsident, im Oktober 1970

"I don't see why we need to stand by and watch a country go communist because of the irresponsibility of its own people."
Henry Kissinger, Chefberater des US-Präsidenten, am 27. Juni 1970

"Das chilenische Militär rettete Chile vor einem totalitären Regime und die Vereinigten Staaten vor einem Feind."
Henry Kissinger, früherer US-Sicherheitsberater und Außenminister unter Präsident Richard Nixon, am 09. September 2003 (AFP-Meldung)

"Not a nut or bolt shall reach Chile under Allende. Once Allende comes to power we shall do all within our power to condemn Chile and all Chileans to utmost deprivation and poverty."
Edward Korry, US-Botschafter in Chile, nach den ersten Berichten über Allendes Wahlsieg 1970

"...Informar a esos oficiales golpistas que el gobierno de EE.UU. les dará su respaldo total en el golpe..."
Cable 762 des CIA-Büros in Santiago de Chile am 14.10.1970
(Quelle: Indymedia, 11.09.2002)

l in 10 chance perhaps, but save Chile!; worth spending; not concerned; no involvement of embassy; $10,000,00 available, more if necessary; full-time job -- best men we have; game plan; make the economy scream; 48 hours for plan of action.
Handschriftliche Notiz des CIA-Chefs von einem Gespräch mit US-Präsident Nixon am 15. September 1970, aus dem das Projekt FUBELT entstand
 



... Regierung und Kapital in der Bundesrepublik Deutschland freuen sich ...

Heinrich Gewandt, CDU-Bundestagsabgeordneter und Experte für Probleme der Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern, versichert nach dem Putsch der chilenischen Militärjunta, dass Chile für das BRD-Kapital nun wieder kreditwürdig werde. (Foto)

"Angesichts des Chaos, das in Chile geherrscht hat, erhält das Wort Ordnung für die Chilenen plötzlich wieder einen süßen Klang."
Franz Josef Strauss, CSU-Politiker und späterer Kanzlerkandidat, im Bayernkurier am 22.09.1973

"Die Ereignisse in Chile haben bewiesen, dass Marxismus und freiheitlich-demokratische Grundsätze unvereinbar sind."
Karl Carstens, Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU im Bundestag, am 12.09.1973

"Soweit wir Einblick bekommen haben, bemüht sich die Militärregierung in optimalem Umfang um die Gefangenen. Die Verhafteten, die wir sprachen, haben sich nicht beklagt."
Über die Lage der im Stadion von Santiago de Chile gefangenen und gefolterten Chilenen: "Das Leben im Stadion ist bei sonnigem Wetter recht angenehm." (Süddt. Zeitung, 18.10.1973)
Bruno Heck, Generalsekretär der CDU, nach seiner Rückkehr aus Chile am 18.10.1973

"Sie wissen, wir gewähren an viele Länder dieser Welt Entwicklungshilfe, die keine Demokratien sind."
Hans-Jürgen Wischnewski, Bundesgeschäftsführer der SPD, am 01.10.1973
 

"Jetzt geht es wieder aufwärts."
DIE WELT am 29.09.1973

"Wer sich einigermaßen in der chilenischen Geschichte auskennt, kann sogar für das Vorgehen der Streitkräfte ein gewisses Maß an Verständnis aufbringen..."
Deutschlandfunk am 13.09.1973

"Jetzt hat die Armee nicht mehr länger stillgehalten. Drei Jahre Marxismus sind ihr genug."
Bild-Zeitung am 12.09.1973

"Im Augenblick der höchsten Gefahr konnten sich die Streitkräfte ihrer Verantwortung nicht mehr länger entziehen. Sie können nur obsiegen, wenn sie sofort und mit aller Schärfe reinen Tisch machen."
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung am 12.09.1973
 

"Chile – jetzt investieren."
Anzeige in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung am 29.09.1973

"Putsch in Chile ist für Banken positiv – In Südamerika kann wieder investiert werden."
Gerhard Liedtke, Dresdner Bank AG, am 08.10.1973

"[...] Der so lang erwartete Eingriff der Militärs hat endlich stattgefunden [...] Säuberungsaktion ist immer noch im Gange [...] Wir sind der Ansicht, dass das Vorgehen der Militärs und der Polizei nicht intelligenter geplant und koordiniert werden konnte, und dass es sich um eine Aktion handelte, die bis ins letzte Detail vorbereitet war und glänzend ausgeführt wurde [...] Chile wird in Zukunft ein für Hoechster Produkte zunehmend interessanter Markt sein [...] Die Regierung Allende hat das Ende gefunden, das sie verdient [...]"
Siebenseitiger Brief der chilenischen Tochtergesellschaft an die Farbwerke Hoechst AG (Quelle: M. Mann, April 2003)

"Wir sind der Ansicht, dass das Vorgehen der Polizei und des Militärs nicht intelligenter geplant und koordiniert werden konnte und dass es sich um eine Aktion handelte, die bis ins letzte Detail vorbereitet war und glänzend ausgeführt wurde ... Die Regierung Allende hat das Ende gefunden, das sie verdiente ... Chile wird in Zukunft ein für Hoechster Produkte zunehmend interessanter Markt sein."
Farbwerke Hoechst am 06.12.1973


... noch heute

Das Heer ist, wenn man so sagen darf, bis auf den heutigen Tag seiner preußischen Schule treu geblieben".
DIE WELT am 13.09.2003

"War der Sturz Allendes für seine Anhänger ein Schock, so lernten die Chilenen am Beispiel der DDR, dass der Allende-Sozialismus ein Irrtum gewesen war."
Frankfurter Allgemeine Zeitung am 10.09.2003

s.a. Artikel in DIE WELT am 11.09.2003


 Artikel und Links                                                                                 


Der Putsch: Vorgeschichte und Folgen

30 Jahre Militärputsch in Chile: Allendes Auferstehung (SP. ONLINE, 08.09.2003)

30 Jahre Pinochet: Das Märchen von den Chicago Boys (SP. ONLINE, 05.09.2003)

Pinochet: Der Diktator mit der Turnschuhsammlung (SP. ONLINE, 01.09.2003)

30 Jahre Pinochet: Die Mauer des Schweigens bröckelt (SP. ONLINE, 12.08.2003)
Der Putsch in Chile – eine kritische Bilanz der Allende-Ära (Telepolis, 11.09.2003)

"Es werden andere Chilenen kommen...". Ein Rückblick (ana
lyse + kritik, 15.08.2003)
Chile vor 30 Jahren: Zusehen, wie ein Land kommunistisch wird? (FREITAG, 05.09.2003)
Die Schuld der Linken an Chiles Untergang (DIE ZEIT, 11.09.2003)
Der Putsch: Eine Chronologie (Frankf. Rundschau, 11.09.2003)

30 Jahre später: Hat der Geist der Generäle gesiegt? (Frankf. Rundschau, 11.09.2003)

Gewerkschafter kämpfen gegen Pinochet-Altlasten (Frankf. Rundschau, 09.09.2003)
Der chilenische Weg – Solidarität mit Chile in der BRD (Frankf. Rundschau, 30.08.2003)
Victor Jara: Allendes starke Stimme (Frankf. Rundschau, 30.08.2003)
Chiles 11. September: 1973 und 2001 (Frankf. Rundschau, 28.11.2002)

11.09.: "Terror" aus Sicht südamerikanischer Zeitungen (Frankf. Rundschau, 01.10.2001)
Mutig: Porträt des chilen. Präsidenten Ricardo Lagos (Frankf. Rundschau, 12.03.2003)

Salvador Allende Gossens: Ein Porträt (junge Welt, 11.09.2003)
Chiles Linke in der Krise: Abschied von der Avantgarde? (junge Welt, 06.09.2003)

Des Sieges sicher. Szenen aus Allendes Leben (junge Welt, 04.
09.2003)
Mrs. Albrights späte Einsichten zu Chile (junge Welt, 05.12.1998)
"Mea Culpa" der Generäle in Chile (taz, 07.07.2003)
Franz Hinkelammert: Für eine Kultur der Hoffnung. Eine Rezension (SoZ, 20.01.2000)
Eduardo Galeano: Das Theater vom Guten und vom Bösen (npla-POONAL, 28.09.2001)
Der 11. September wiederholt sich (Oldenburger Stachel Nr. 11/2001)

Ein 11. September. Erinnerungen an den 11.09.1973 (Indymedia, 11.09.2002)

11.09.1973 in Chile – Widerstand gegen Neoliberalismus heute (Indymedia, 07.09.2003)

Die Kampagne gegen Pinochet dient dem deutschen Interesse (jungle world, 18.11.1998)

Flashback: The Caravan of Death in 1973 (BBC, 25.07.2000)

Testimony: Detainee remembers Chile 1973 (BBC, 23.10.1998)

Linksammlung zum Putsch von 1973 (www.remember-chile.org.uk)
Biografie von Salvador Allende Gossens / Biografie von Augusto Pinochet Ugarte / Geschichte Chiles (wikipedia, die freie Enzyklopädie)
Chile: Historische Daten (Chile-Koordinationsgruppe von ai Deutschland)


Eine ausführliche Darstellung der Allende-Regierungszeit (Lateinamerika-Komitee Ulm, 14.09.1998)
Die Vorgeschichte eines Staatsstreichs (Le Monde diplomatique, 12.09.2003)
Genosse Präsident: Ein Nachruf auf Salvador Allende (Le Monde diplomatique, 12.09.2003)
1970: Abend der Euphorie – 1973: Fluchthilfe für Verfolgte (Le Monde diplomatique, 12.09.2003)
Literatur nach einer bleiernen Zeit: Chilenische Literatur heute (Le Monde diplomatique, 12.09.2003)
Bücher aus Chile (Le Monde diplomatique, 12.09.2003)

Asyl in der DDR: Die Solidaritätspolitik mit Chile nach dem 11.09.1973 (junge Welt, 12.09.2003)

Chile 1973-2003 (junge Welt-Beilage mit zehn Artikeln, 11.09.2003)
Der Putschversuch in Venezuela 2002: Parallelen zu Chile 1973 (junge Welt, 10.03.2003)
"Fehlt nur noch, dass sie Salvador Allende heilig sprechen" – Chile gedenkt (DIE WELT, 10.09.20
03)
Der gute, strenge Papa Pinochet: Psychologische Hinterlassenschaften (DIE WELT, 10.09.2003)
Pinochets Anhängerinnen demonstrieren für seine Freiheit (WELT AM SONNTAG, 16.01.2000)
Chile-Party mit Konzert und viele Informationen zu Chile (Antifaschistische Linke Berlin, Sept. 2003)
Beim Gedenken an Allende marschieren in Chile Pinochet-Anhänger (EPD, 11.09.2003)


Interviews und Gespräche mit Zeitzeugen

Der andere 11. September: Der Putsch der Putsche (WoZ, 04.09.2003)
Soziale Bewegungen heute: "Protest wie in Zeiten der Diktatur" (Labournet Germany, 15.08.2003)
Sein oder nicht sein: Gespräch mit Joan Garcés, Berater Salvador Allendes (FREITAG, 05.09.2003)
"Pinochet ist ein lebendes Symbol": Interview mit dem Soziologen Tomás Moulián (jungle world, 06.08.2003)
Chile nach Pinochet: Hat die Linke nichts gelernt? (junge Welt, 04.09.2003)
30 Jahre nach Putsch in Chile: Wer kämpft für Gerechtigkeit? (junge Welt, 01.09.2003)
"Heute fehlt Kühnheit": Gespräch mit Manuel Cabieses Donoso (junge Welt, 30.08.2003)

Die Torturen der Allende-Anhängerin Maria nach dem 11.09. (Frankf. Rundschau, 11.09.2003)

"30 Jahre Demütigungen": Gespräch mit Joyce Horman
(Frankf. Rundschau, 30.08.2003)

Das Nationalstadion überlebt: Manuel Medina (Frankf. Rundschau, 30.08.2003)

Menschenrechte und Strafverfolgung
Die Strafverfolgung von Putschist und Ex-General Pinochet (Human Rights Watch)
Chile-Koordinationsgruppe von amnesty international in Deutschland (ai Deutschland)
Pinochet droht neues Verfahren / Fall Pinochet vor chilenischer Justiz (taz, 19.07.2003)
Immunität von Pinochet soll aufgehoben werden (junge Welt, 21.07.2003)

Ein Todesflug-Augenzeuge sagt aus (junge Welt, 10.07.2003)
Tod durch Vergessen: Der Schatten General Pinochets (Süddt. Zeitung, 09.09.2003)
Chilenische Regierung will für Hinrichtungen entschädigen (Süddt. Zeitung, 19.08.2003)
Die Aufarbeitung der Verbrechen der Diktatur in Chile (SoZ, 25.04.2001)
Alerce-Preis für Pinochet-Opfer Luis Vitale (SoZ, 31.08.2000)


Bilder und Dokumente
von Verhaftungen, Ermordungen (über 3.000 Tote), Bücherverbrennung, vom Gefangenenlager im Stadion von Santiago de Chile (M. Mann, April 2003)
Chile Documentation Project: 16,000 secret U.S. documents declassified (The National Security Archive)

Der 11.09.1973 in Fernsehen und Kino
Dokumentarfilmwoche im Berliner Kino Moviemento (junge Welt, 05.09.2003)
11'09''01: Ken Loach über zwei verschiedene "11. September" (Telepolis, 28.11.2003)
Filmprojekt "11‘09"01 — September 11" (SoZ, Januar 2003)

Chilenische Geschichte in 30 Jahren Film (Filmmuseum Potsdam)
Militärputsch 1973 in Chile: Tragödie im Weichzeichner (Frankf. Rundschau, 30.08.2003)

Gedenkveranstaltungen und Ausstellungen

Veranstaltungen zum 30. Jahrestag des Putsches in Chile (junge Welt, 08.09.2003)

"Allende ist nicht gescheitert": Internationale Solidaritätskonferenz in Berlin
(junge Welt, 08.09.2003)
Chile-Party in Berlin "Der Kampf geht weiter" am 13.09.2003 (Linke Seite, September 2003)

Berliner Organisationskomitee zum 30. Jahrestag des Militärputsches in Chile

Chilenischer Gewerkschafter Ahumada erinnert an 11.09.1973 (junge Welt, 03.09.2003)
Zur Ausstellung "Neruda, Kämpfer für den Frieden" in Berlin (junge Welt, 27.08.2003)

 Chronik:                                
 11. September 1973   
    
     




"Ich werde diese chilenische Revolution

verteidigen, und ich werde die

Volksregierung verteidigen, weil es das

Mandat ist, das mir die Bevölkerung
übertragen hat. Ich habe keine andere

Alternative, und nur, wenn sie mich mit

Schüssen durchlöchern, werden sie

meinen Willen auslöschen können, das

Programm des Volkes zu erfüllen."
Salvador Allende Gossens
(26.07.1908 – 11.09.1973)


29. Juni 1973
Der erste Putschversuch der Militärs. Da
sich der Befehlshaber des Heeres, General
Prats, auf die Seite der verfassungs-
mäßigen Regierung stellt, wird der Putsch
niedergeschlagen.

Juli und August 1973
Verunsicherung und psychologischer
Druck auf die Bevölkerung und die Armee:
Verfassungsklagen der Opposition, Über-
fälle auf Lebensmittel- und Material-
transporte

Aufruf zur Wirtschaftssabotage, von US-

Kapital finanzierter Streik (die Streikgelder
sind höher als die Löhne!) der Fuhr-
unternehmer

Streik der Einzelhändler, Ärzte und des
Flugpersonals (ihnen waren Privilegien

entzogen worden)

Eliminierung der loyalen Kräfte in der
Armee: Ermordung von Kapitän Araya;
Mordanschlag auf General Prats, weitere
Morde innerhalb der Armee; Verurteilung
von Marineoffizieren, die Putschpläne
enthüllten, durch das Militärgericht.

Bewaffnete Überfälle und Sprengstoff-
anschläge durch die Terrororganisation
"Patria y Libertad". Zwischen 23. Juli und
5. September wurden insgesamt 1.015
(!)
Terroranschläge bekannt.

Razzien durch die Armee in Arbeiter-
siedlungen und staatlichen Betrieben,
teilweise mit Schußwaffeneinsatz (unter
Berufung auf das "Gesetz über Waffen-
kontrolle")

Propagandafeldzug in den rechten Me-
dien: angebliche Attentatspläne und be-
waffnete Extremisten; Forderung an den
Präsidenten, sich das Leben zu nehmen.

24. August
General Pinochet tritt als Oberbefehls-
haber des Heeres an die Stelle von Ge-
neral Prats. Bereits vorher wurde der

Oberbefehlshaber der Luftwaffe, General
Ruiz, durch General Leigh abgelöst.

4. September
Kleinhändler beginnen einen unbegrenzten
Streik; öffentliche Verkehrsmittel sind zum

großen Teil außer Betrieb; es herrscht

Benzinmangel. Der langandauernde Streik
der Fuhrunternehmer führt in vielen Be-
reichen der Industrie zur Einstellung der
Produktion.

11. September 1973

4:30 Uhr
Besetzung aller strategisch wichtigen
Punkte in den beiden großen Hafen-
städten Valparaiso und Concepción durch
Marine und Luftwaffe (Postämter, Ver-

waltungen, Universitäten, Parteibüros,

Druckereien, Rundfunkstationen, Betriebe,
Brücken). Unterbrechung des Telefon-

verkehrs zur Hauptstadt Santiago de Chile.
Verhaftung aller linken Funktionäre, die
"gefährlichsten" werden sofort erschossen.

7:30 Uhr
Präsident Allende trifft mit Leibwache in
der "Moneda" ein. Davor wartet bereits
ein Heer von Journalisten auf díe kommen-
den Ereignisse.

8:00 Uhr
Rechte Rundfunksender übertragen eine
"Proklamation der Militärregierung". Diese
beinhaltet die Amtsenthebung des Prä-
sidenten und die Ausrufung des Kriegs-
rechtes.

8:30 Uhr
Der Regierungssitz "Moneda" wird von Pan-
z
ereinheiten umstellt. Aufforderung an

alle Radiosender, eigene Programme ein-
zustellen. Aufforderung an die Bevölkerung,
zu Hause zu bleiben. Aufforderung an den

Präsidenten, sich zu ergeben. Präsident
Allende erklärt über Radio "Portales", dass
er nicht zurücktreten und das ihm über-
tragene Amt verteidigen werde.

9:00 Uhr
Radio "Portales" wird durch einen Bomben-
angriff ausgeschaltet. Die Militärs melden
die Einstellung aller nicht von ihnen kon-
trollierten Radiosendungen. Entgegen
dieser Behauptung sendet Radio "Ma-
gellanes" noch und ermöglicht die Über-
tragung der letzten Rede von Präsident
Allende.
 
9:30 Uhr
Ultimatum der Militärs, den Palast der "Mo-
neda" bis 11:00 Uhr zu räumen; ansonsten
erfolgten Luftangriffe. Verbot an alle Ar-
beiter, ihre Betriebe zu verlassen. Bei Zu-
widerhandlung droht sofortige Erschießung.
Hubschrauber kreisen über der Stadt und
kontrollieren alle Bewegungen. Strategisch
wichtige Institutionen der Hauptstadt
werden militärisch angegriffen und, zum
Teil
nach erbitterter Gegenwehr, besetzt.

Dieses sind: alle Großbetriebe, Technische
Universität, Banken, Parteibüros, Zeitun-
gen, Ministerien und Behörden. Im
Nationalstadion von Santiago de Chile wird
ein Gefangenenlager eingerichtet.

10:30 Uhr
Präsident Allende lehnt das Angebot der
Kapitulation und freien Ausreise ins Ausland
ab. (Viele Jahre später wurden Tonband-
protokolle von Beratungen Pinochets be-
kannt, die belegen, dass auch im Falle der

Kapitulation Allendes dessen Ermordung
fest eingeplant war.)

10:45 Uhr
Einige Personen, darunter 2 Töchter
Allendes, verlassen unbewaffnet die

"Moneda".

11:00 Uhr
Bombardierung des Präsidentenpalastes
"Moneda". Gleichzeitig wird auch der
Wohnsitz von Allende angegriffen.

11:30 Uhr
Alle Reporter werden gezwungen, die
Gegend um die "Moneda" zu verlassen. Es
beginnen die Versuche, den Palast zu
stürmen, von dort erfolgt heftige Gegen-
wehr.

12:00 Uhr
Anweisung einer totalen Ausgangssperre
für die gesamte Stadt Santiago de Chile
ab 15:00 Uhr bei Drohung der Erschießung
für jede Zuwiderhandlung.

13:00 Uhr
In der "Universidad de Chile" wird die
Arbeit eingestellt.

14:00 Uhr
Einnahme der "Moneda".

16:00 Uhr
Der Leichnam Präsident Allendes wird
unter größten Sicherheitsvorkehrungen
aus der "Moneda" geholt und mit einem
Hubschrauber abtransportiert.

19:00 Uhr
Die Militärjunta, bestehend aus den vier
Befehlshabern der Waffengattungen, stellt
s
ich im Fernsehen (Canal 13) vor. Die
Befehlshaber der Marine (J. T. Merino)
und der Carabineros (C. Mendoza) haben
sich erst im Verlauf des Putsches selbst
eingesetzt. Es werden Zustimmungs-
erklärungen von Berufsverbänden ver-
breitet.

12. September
Vollständige Ausgangssperre für die ge-
samte Provinz Santiago. Verstärkung des
Terrors, der Hausdurchsuchungen und
Erschießungen. Stürmung der kubanischen
Botschaft, Verwundung des Botschafters
und Ausweisung aller kubanischen Diplo-
maten. Veröffentlichung von Namenslisten
gesuchter Personen, Beginn der Hetzjagd
im ganzen Land. Berufung der neuen Mini-
ster (fast ausschließlich Militärangehörige).

13. September
Brasilien, Uruguay und Paraguay erkennen
die Militärjunta diplomatisch an. Fortsetzung
der Terrorwelle und der Verhaftungen.
Etwa 7.000 Personen, darunter auch Aus-
länder, befinden sich in dem im National-
stadion eingerichteten Gefangenenlager.
Es erfolgen die ersten Verschleppungen
auf die Inseln Quiriquina und Selkirk. Der
Oberste Gerichtshof stellt sich hinter die
Militärjunta. Der Kardinal von Santiago de
Chile
äußert Bedauern über die Ereignisse.
Auflösung von Parlament und Senat,
Verbot linker Parteien und Gewerkschaften.

14. September
Die Ausgangssperre wird tagsüber zu be-
stimmten Zeiten aufgehoben. Der Reihe
nach werden in den Stadtvierteln von
Santiago de Chile
alle Wohnungen durch-
sucht. Tag und Nacht sind Schüsse aus
Gewehren und Maschinenpistolen zu hö-
ren. Schulen und Universitäten bleiben bis
auf weiteres geschlossen.

24. September
Der weltbekannte Dichter und Nobelpreis-
träger Pablo Neruda stirbt in seinem von
den Militärs völlig isolierten Haus in Chile,
einen Tag vor der geplanten Ausreise der
Familie ins mexikanische Exil. Noch am
Vortag hatte der französische Botschafter
ihm im Namen der französischen Regierung
den Orden der Ehrenlegion überrreicht.

25. September
Trotz der Militärpräsenz versammeln sich
Tausende, um Pablo Neruda die letzte
Ehre zu erweisen. Sein Haus wurde in-
zwischen von den Militärs völlig verwüstet.
In einem Bericht der französischen Sonder-
k
orrespondentin heißt es: [...] Fenster-
scheiben zerschossen, das Bett zersto-
chen, Schränke zertrümmert und Zeit-
schriften und Bücher verbrannt. Nerudas
Katafalk steht inmitten von Glasscherben,
zerrissenen Fotos und zersplitterten
Tonkrügen [...]

26. September
Ein großer Teil der in Chile befindlichen
DDR-Bürger verlässt das Land mit einem
der ersten Flugzeuge, die auf dem Flug-
hafen von Santiago de Chile nach dem
Putsch wieder starten dürfen. Die Regie-
rungen der USA und Israels erkennen die
Putschisten offiziell an. In Chile werden
alle bei freien Kommunalwahlen gewähl-
ten Bürgermeister und Gemeinderäte
abgesetzt.

26. Januar 1974
Alle unter der Regierung Allende heraus-
gegebenen Banknoten verlieren ihre Gül-
tigkeit. Die Umtauschaktion wird mit der
Tatsache begründet, dass sich schädliche
politische Propaganda darauf befindet.
Wer jetzt noch solches Geld besitzt, wird
mit Gefängnis bedroht.

(Quelle: M. Mann, April 2003)

 


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