TERROR UND GEHEIMDIENSTE IN DER WELTPOLITIK
Schlussbetrachtungen aus dem Buch “Im
Namen des Staates” (Piper-Verlag, 2000)
Der Weg vom Einblick in die Hinterhöfe des Stasi-Imperiums Kommerzielle
Koordinierung in
der Wallstraße in Ostberlin zum Überblick über das internationale
Geflecht von Waffenhandel,
Terror, Technikschmuggel, Drogengeschäften und allgemeiner wie
organisierter Kriminalität bis
hin zum europäischen Extremismus von rechts und links ist weit
und verschlungen. Doch die
Erkenntnisse sind abzüglich einiger Prozentpunkte nicht
durchschauter Desinformation letztlich
zwingend, so schrecklich das Ergebnis auch erscheinen mag.
Weltweit operierende Geheimdienste einer Supermacht wie die CIA – in
stark abgeschwächter
Form gilt dies auch für Teile der Geheimdienste Großbritanniens
und Frankreichs, nur noch in
Spuren für den BND, um so stärker jedoch für den israelischen
Mossad – sind nur sehr
beschränkt Nachrichtendienste im eigentlichen Sinne. Vielmehr
beschäftigen sie sich im
Schwerpunkt mit den Methoden und Instrumenten der verdeckten
Durchsetzung von
Machtpolitik unterhalb und außerhalb der Schwelle des
Kriegsvölkerrechts und sammeln zu
diesem Zweck die erforderlichen Erkenntnisse. Diese inoffizielle,
verdeckte, reale Außenpolitik
schert sich weder um nationales noch internationales Recht,
geschweige denn um die Regeln des
Völkerrechts und der Menschenrechte. Diese Politik wird in den
Demokratien vor den
demokratischen Entscheidungsgremien im wesentlichen geheim
gehalten und öffentlich weder dargestellt
noch viel weniger in den Medien erörtert.
Dieser verdeckten, geheimdienstlichen
Außenpolitik fehlt in weiten Teilen jede demokratische
Legitimation. Die verdeckten
Operationen der CIA in den 50 wichtigsten Staaten der Welt nutzen
weltweit die Kräfte der organisierten Kriminalität und nicht zuletzt die
beachtlichen Finanzmittel des Drogenhandels. Dass
der Kampf gegen den Rauschgifthandel – allein in den USA mit 17
Milliarden Dollar vorgeblich mit hoher Priorität ausgestattet –
fortwährend ebenso verloren geht wie der gegen
den illegalen Waffenhandel oder die Rückschleusung des
kriminellen Bargeldes in das Bankensystem, hängt mit der weltweiten
Nutzung der organisierten Kriminalität durch die Geheimdienste zusammen.
Die organisierte Kriminalität erwirtschaftet Gelder, die sich zum
Aushalten von
Geheimdienststrukturen nutzen lassen, sei es die Finanzierung von
Rebellenbewegungen,
aufständischen Minderheiten, rechts- wie linksradikalen
Strömungen, die zur Beeinflussung
politischer Prozesse zum Einsatz gebracht werden können. Söldner
können so unauffällig
besoldet, politische Prozesse korrumpiert, wahlentscheidende
Ereignisse manipuliert werden.
Wer sich an dem geheimdienstlich gesegneten Manna nachhaltig
laben darf und wer nicht,
bestimmen in erheblichem Umfang die Dienste, indem sie über ihre
weltweite Abhör- und
Eindringtechnik in jede Kommunikation, in die Bankcomputer, über
den geheimdienstlichen
Informantenschutz, die Kronzeugenregelung sowie die Technik der
verdeckten Ermittlung den
Kampf gegen die organisierte Kriminalität steuern können.
Kriminelle, die sich des
Geheimdienstschutzes nicht erfreuen, werden gezielt der
Strafverfolgung zugeführt oder
befreundeten Diensten zur Trophäenjagd freigegeben. Dafür steht
der Drogenabsatz auch den
Diensten in den befreundeten Nationen zur Nutzung zur Verfügung.
Das symbiotische
Verhältnis zwischen Geheimdiensten und organisierter Kriminalität
macht sich für beide bezahlt.
Nun könnte das Ende der Sowjetunion und der kommunistischen
Staatengemeinschaft auch das
Ende der verdeckten Operationen gegen Freund und Feind mit sich
bringen. Doch dies ist mit
Sicherheit nicht der Fall. In allen lang
anhaltenden und blutigen Konflikten, die seit 1990 ohne
Unterlass die verschiedenen Erdteile erfassen, sind von der
Entstehungsgeschichte bis zu den
aktuellen Auseinandersetzungen nahezu ohne Ausnahme Geheimdienste
mit verdeckten
Operationen mit von der Partie. Dies gilt für die Ereignisse in
Zaire, in Ruanda, in Sri Lanka, in
Algerien wie in den neuen Teilstaaten des alten Jugoslawiens, in
Albanien, in Indonesien oder
auch den asiatischen Republiken des Kaukasus. Die Medien lassen
in ihrer Berichterstattung
durchweg die tatsächlichen Hintergründe von Konflikten
unbeachtet. Dabei lohnt sich für den
Betrachter der Szene stets die Frage nach dem kriminalistischen
cui bono: Wem gereichen Ereignisse und
politische Prozesse zum Nutzen, wem schaden sie, und kann es sein, dass
Vor- wie Nachteile aus dem Zufall geboren werden? Ein Blick auf
die Lage von wichtigen
Bodenschätzen und die Zugangswege zu diesen gibt in aller Regel
verlässliche Hinweise.
Die Entkolonialisierung nach 1945 hat sich auf den territorialen Rückzug
der Kolonialmächte
beschränkt. Die wirtschaftliche Nutzung der aus Kolonialbesitz
abgeleiteten Besitztümer bleibt
bis heute in den Händen der Erben und Nachfolger der alten
Kolonialeliten, die auch in den
Demokratien über Finanzierung von Wahlkämpfen den Zugang zur
Macht finden und so den
Einsatz des Staatsapparates zur Absicherung ihrer gefährdeten
Positionen weltweit abrufen
können1045. Allerdings gilt dies in vollem Umfang nur für die
einzige verbliebene Weltmacht.
Alle anderen Nationen, möglicherweise mit Ausnahme Israels in der
Durchdringung der
amerikanischen Szene, sind nicht mehr in der Lage, die
internationale Kriminalität in ihren
Verästelungen zu beeinflussen und entsprechend verantwortlich zu
handeln. Ihr Wissen ist in der Regel verfälscht,
vom großen Bruder abgeleitet und eingeschränkt. Wegen des übergeordneten
Interesses an der Nutzung des Drogenhandels zur Finanzierung
verdeckter Operationen ist nicht
nur die amerikanische, sondern auch die europäische und deutsche
Drogenbekämpfung in
höchstem Maße korrumpiert.
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