Montag, 12. November 2001, 20:30 Uhr
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Zum Buch
Dreieinhalb Jahrhunderte liegen zwischen der Biographie des Rabbi Menasseh und der des
jüdischen Österreichers Viktor Abravanel. Sie bilden im Roman zwei so
eng verwobene Handlungsstränge, dass Übergänge fließend zu sein
scheinen. Auf allen Ebenen gibt es Parallelen, sowohl geschichtliche
Ereignisse wie auch alltägliche scheinen immer wiederzukehren, egal in
welchem Jahrhundert wir uns befinden.
Aufhänger der Handlung um Viktor Abravanel ist ein Klassentreffen zur 25jährigen
Maturafeier. Mit seiner Frage nach der Vergangenheit der Lehrer lässt
Viktor das Klassentreffen platzen. Alle verlassen entsetzt das Lokal,
nachdem Viktor NSDAP-Mitgliedsnummern der Lehrer verlesen hatte. Nur
Viktor und Hildegund – seine Jugendliebe – bleiben. Sie verbringen den
ganzen Abend zusammen und unterhalten sich über ihre Jugend. Mit viel
Witz und Ironie entfaltet Menasse ein Panorama Österreichs in der zweiten
Jahrhunderthälfte.
Parallel dazu wird die Geschichte des jüdischen Jungen Mané aus Portugal
erzählt. Zunächst nimmt er an Treibjagden gegen Juden teil, dann flieht
er auf abenteuerliche Weise nach Amsterdam. Dort wird er als Rabbi
Menasseh ben Israel zum ideellen Vorkämpfer der Neuzeit und geht als
erster Lehrer Spinozas in die Geschichte ein. Menasse schildert das Leben
dieses Rabbiners in ganz anderen Farben als das Viktors.
Er entwickelt vor
unseren Augen ein großes Gemälde der Zeit in dunklen Farben, jedoch
plastisch und nuancenreich. Menasse hat in seinem Roman zwei Personen in
den Fokus genommen, die zwar in unterschiedlichsten Zeiten aufgewachsen
sind, aber doch auf vielfältigste Weise in Beziehung zueinander stehen.
Brillant konstruiert und unheimlich fesselnd möchte man den Roman nicht
mehr weglegen, wenn man einmal begonnen hat.
Zum Autor
Robert
Menasse, geboren 1954 in Wien, studierte Germanistik, Philosophie und
Politikwissenschaft in Wien,
Salzburg und Messina. Er lebt heute als Romancier und Essayist in Wien und
Amsterdam.
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