Jugendliteraturpreis 2006

Preisverleihung am 6. Oktober auf der Buchmesse in Frankfurt am Main


Der Deutsche Jugendliteraturpreis wird seit 1956 vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gestiftet und jährlich verliehen. Ausgezeichnet werden herausragende Werke der Kinder- und Jugendliteratur. Der Deutsche Jugendliteraturpreis wurde am 6. Oktober 2006 zum 51. Mal verliehen. Bundesministerin Ursula von der Leyen gab die Preisträger 2006 auf der Frankfurter Buchmesse bekannt. Der mit 10.000 Euro dotierte Sonderpreis für das Gesamtwerk einer deutschen Illustratorin wurde an Rotraut Susanne Berner vergeben.

In den Kategorien Bilder-, Kinder-, Jugend- und Sachbuch wurde je ein Preis in Höhe von 8.000 Euro verliehen. Die Kritikerjury zeichnete mit "Gehört das so??!" das Bilderbuch von Peter Schössow aus. Sieger in der Sparte Kinderbuch wurde "Lilis Leben eben" der Autorin Valérie Dayre (Übersetzung von Maja von Vogel). Den Preis für das beste Jugendbuch erhielten der niederländische Autor Dolf Verroen und sein Übersetzer Rolf Erdorf für "Wie schön weiß ich bin". Im Sachbuch wurde "Denk nicht, wir bleiben hier!" von Anja Tuckermann prämiert. Der ebenfalls mit 8.000 Euro dotierte Preis der Jugendjury ging an den englischen Autor Kevin Brooks und seinen Übersetzer Uwe-Michael Gutzschhahn.

Quelle: Jugendliteraturpreis 2006

- Nominierungen der Jugendjury

- Nominierungen der Kritikerjury: Bilderbuch

- Nominierungen der Kritikerjury: Kinderbuch

- Nominierungen der Kritikerjury: Jugendbuch

- Nominierungen der Kritikerjury: Sachbuch

 

Nominierungen der Jugendjury

 
1) Peter Schössow
 

Peter Schössow:
Gehört das so??!
Die Geschichte von Elvis.

Carl-Hanser-Verlag 2006
ISBN: 978-3-446-20563-5.
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Jurybegründung
Voll angestauter Gefühle zieht ein Mädchen durch den Hamburger Stadtpark, eine knallrote Lackleder-Omahandtasche hinter sich herschleifend. "Gehört das so??!", schreit es plötzlich voller Wut heraus. Nach und nach kommen sechs recht skurrile Freunde der Verzweiflung des Mädchens auf die Spur: Sein Kanarienvogel Elvis ist gestorben. Die Freunde nehmen sich Zeit, lauschen ihren Erinnerungen und finden gemeinsam einen Weg, um das Mädchen zu trösten. Dann steht der Entschluss fest: Sie betten Elvis in einer feierlichen Zeremonie zur letzten Ruhe.
In seinem melancholisch-lakonischen Alltagsdrama erzählt Peter Schössow ganz unsentimental, mit hanseatischer Nüchternheit und nicht ohne Humor von der stummen Hilflosigkeit im Umgang mit der Trauer anderer, von Anteilnahme und Hilfsbereitschaft. Die am Rechner generierten Bilder vermitteln mit ihrem raffinierten Schattenspiel einen eher unterkühlten Eindruck, der konträr zu den Gemütsbewegungen der Protagonisten steht. Ein ungewöhnliches, ausnehmend gelungenes Trauerbuch, das endlich einmal Wut als Gefühl zulässt und dem Betrachter viele Freiräume eröffnet.
- Ab 5 Jahre
 
2) Valérie Dayre
 

Valérie Dayre:
Lilis Leben eben.
Aus dem Französischen von Maja von Vogel.
Carlsen-Verlag 2006
ISBN: 978-3-551-58123-5.
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Jurybegründung
Ein Buch wie ein Vexierspiel: Kaum meint man, die ersten verschlungenen Fäden aus Realität und Träumerei, Wahrheit und Erfindung entwirrt zu haben, steht man vor dem nächsten Rätsel. Haben ihre Eltern die 12-jährige Lili auf der Fahrt in die Ferien tatsächlich und mit Bedacht an einer Raststätte zurückgelassen? Oder hat Lili diese Tagebuchgeschichte nur am Urlaubsstrand erfunden? Was ist mit Lili los? Warum drängt es sie fort? Auch die nachfolgenden Ereignisse hängen in einer merkwürdigen Schwebe und geben keine Antwort.
Valérie Dayres treffsichere Schilderung typischer Stationen eines Familienurlaubs wird zu einem raffinierten Spiel mit der Fiktion in der Fiktion. Schlüssig erzählt sie auf diese Weise von dem Versuch des Mädchens, sich durch den Schreibprozess mental auf die Trennung von den Eltern vorzubereiten und erwachsen zu werden.
Der von Maja von Vogel mit feinem Gespür übersetzte Roman fasst die Befindlichkeiten beim Übergang zur Pubertät in ein irritierend bedrückendes Szenario. Er bietet dem Leser weiten Interpretationsspielraum für seine eigenen ambivalenten Gefühle.
– Ab 11 Jahre
 
3) Dolf Verroen
 

Dolf Verroen (Text):
Wie schön weiß ich bin.
Aus dem Niederländischen von Rolf Erdorf.
Peter-Hammer-Verlag 2006.
ISBN: 978-3-7795-0039-1.

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Jurybegründung
Marias 12. Geburtstag wird mit einem großen Fest gefeiert. Es ist ihr Eintritt in das Erwachsenenleben als Dame auf einer Teeplantage im Surinam des 19. Jahrhunderts. Als Überraschung erhält sie einen kleinen Sklaven geschenkt, den sie bald gegen eine junge Frau eintauschen wird ...
In 40 kurzen, nach Art von Prosagedichten arrangierten Episoden erzählt Maria mit einfältiger Unbedarftheit vom Leben auf der Plantage und vom Umgang mit den Sklaven. Die herrschenden Zwänge und Normen hat sie ganz und gar verinnerlicht. Dass ihr eigenes Leben auf angemaßter Überlegenheit, Grausamkeit und Zynismus gründet, kommt ihr gar nicht erst in den Sinn. Die unreflektierte Selbstverständlichkeit, mit der das Mädchen das rassistische Gewaltverhältnis wahrnimmt und schildert, irritiert und provoziert den Leser und zwingt ihn zum Nachdenken.
Dolf Verroen entwirft eine völlig neue literarische Form der Auseinandersetzung mit einem wichtigen historischen Thema. Er hat eine ganz leichte, von Rolf Erdorf ins Deutsche übertragene Sprache gefunden, die im krassen Gegensatz zum bedrückenden Inhalt steht.
– Ab 12 Jahre
 

4) Anja Tuckermann

 

Anja Tuckermann:
"Denk nicht, wir bleiben hier!"
Die Lebensgeschichte des Sinto.
Hugo Höllenreiner
Carl-Hanser-Verlag 2006.
ISBN: 978-3-446-20648-9.
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Jurybegründung
"Denk nicht, wir bleiben hier. Wir kommen wieder raus, wir kommen wieder heim", beruhigt die Mutter den neunjährigen Hugo und seine Geschwister. Im März 1943 hat man sie aus München weggeschafft nach Auschwitz-Birkenau, ins "Zigeunerlager". Mehr als zwei Jahre dauert das Martyrium des Jungen und seiner Familie in verschiedenen Konzentrationslagern. Erst nach Jahrzehnten kann der Sinto Hugo Höllenreiner darüber sprechen.
Anja Tuckermann hat Höllenreiners Geschichte aufgeschrieben, ohne sich kommentierend einzumischen, hat sie distanzierend in die dritte Person versetzt und in ihre literarisierende Lebensnacherzählung Bruchstücke von Erinnerungen und Reflexionen als Originalzitate einmontiert. In diesen wird fühlbar, wie quälend es für Höllenreiner war, die Erinnerungen zuzulassen und mitzuteilen. Entstanden ist ein authentisches Zeitzeugnis, schonungslos und beeindruckend, ein tief berührender Text über ein lange tabuisiertes Thema. Anja Tuckermann gelingt es einfühlsam und versiert, ihre Erzähl-Methode dem Menschen Höllenreiner gemäß zu gestalten. Hieraus entsteht eine neue Qualität biografischen Schreibens.
– Ab 14 Jahre
 


Weitere Literaturpreisträger

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Stand: 28. Januar 2007
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  Die Nominierten
  der Jugendjury:


Der Autor, Peter Schössow, 1953 geboren, studierte an der Hochschule für Gestaltung in Hamburg. Er arbeitete u.a. für den Spiegel, den Stern und Die Sendung mit der Maus. Heute lebt Peter Schössow in Hamburg.


Die Autorin, Valérie Dayre, 1958 geboren, lebt heute im französischen Berry. In ihren Texten muss man nach Fährten suchen. Die Autorin mag es, wenn die Leser sich in ihren Büchern verlieren. Sie ist überzeugt davon, dass ein Schriftsteller grundsätzlich weniger interessant ist als seine Bücher.


Der Autor, Dolf Verroen,
1928 in Delft/Niederlande geboren, ist Autor, Kritiker, Übersetzer und Essayist. Sein erstes Buch erschien 1958. Inzwischen hat er rund 60 Kinderbücher veröffentlicht, für die er vielfach ausgezeichnet wurde.


Die Autorin, Anja Tuckermann, 1961 geboren, lebt als freie Schriftstellerin und Journalistin in Berlin. Sie schreibt Romane, Theaterstücke und Libretti sowohl für Kinder und Jugendliche als auch für Erwachsene. Für ihre Arbeit erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen.



Quelle: Jugendliteraturpreis 2006