Friedenspreis des Dt. Buchhandels 2006
an
Wolf Lepenies
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Preisverleihung: 8. Oktober 2006, Paulskirche Frankfurt
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Der Stiftungsrat des Friedenspreises
des Deutschen Buchhandels hat den deutschen Soziologen und früheren
Rektor des Wissenschaftskollegs zu Berlin, Wolf Lepenies, zum
diesjährigen Träger des Friedenspreises gewählt. Die Verleihung fand
während der Frankfurter Buchmesse am Sonntag, 8. Oktober 2006, in
der Paulskirche statt. Die Laudatio hielt der Schriftsteller und
ehemalige rumänische Außenminister Andrei Plesu.
Begründung
Mit Wolf Lepenies ehrt der Börsenverein
einen wissenschaftlichen Schriftsteller, den anschaulich
schreibenden Biographen, den stilsicheren Essayisten, der durch Wort
und Tat belegt, dass zwischen Verhalten und Wissen, zwischen Moral
und Wissenschaft ein unauflöslicher Zusammenhang besteht. Zwischen
den in Kunst und Wissenschaft verbreiteten Haltungen von
Enthusiasmus und Skepsis hat sich Wolf Lepenies für eine dritte
Haltung entschieden: für den intellektuellen Anstand, wie er ihn bei
Diderot vorgebildet sieht. Er hat den "handelnden Intellektuellen"
in der Geschichte gesucht und ihn als einen Typus beschrieben, der
für das Gemeinwohl einsteht. In den 15 Jahren seines Rektorats wurde
das "Wissenschaftskolleg zu Berlin" zu dem vielleicht anregendsten
und freiesten Ort Europas, zu einer Begegnungsstätte von westlicher
Rationalität und östlicher Weisheit, von Kunst und Wissenschaft, zu
einer Heimstätte für moderne Musik und Literatur. Den Samen dieses
freiheitlichen Denkens hat er nach dem Fall der Mauer mit großer
Tatkraft auch in anderen Städten und Institutionen gepflanzt, in St.
Petersburg und in Warschau, in Sofia, in Bukarest, in Budapest und
in Mali, und dadurch Völker und Kulturen im friedlichen Gespräch
zusammengeführt. An die Stelle des Drohbildes vom "Zusammenprall der
Kulturen" hat er das Hoffnungsbild kultureller Lerngemeinschaften
gesetzt und solche Gemeinschaften in seinem Umkreis beispielhaft
begründet. Er hat dem Frieden unter den Völkern einen Wurzelgrund
gegeben. Dafür danken wir ihm.
(Börsenverein des
Deutschen Buchhandels)
Weitere Artikel:
-
"Ein pragmatischer Don Quijote"
(Hessischer Rundfunk, 08.10.2006)
-
Auszeichnung: Friedenspreis für Wolf Lepenies
(F.A.Z., 12.06.2006)
-
Preis des Deutschen Buchhandels für Lepenies (Handelsblatt,
12.06.2006)
-
Der handelnde Intellektuelle (Süddeutsche Zeitung, 12.06.2006)
-
Wolf Lepenies erhält Friedenspreis des Deutschen Buchhandels (DIE
WELT, 12.06.2006)
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Kultur und Politik.
von Lepenies, Wolf;
Leinen
Deutsche Geschichten. 446 S. 22 cm 739g , in deutscher Sprache.
2006 Hanser
ISBN 978-3-446-20807-0
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Lange glaubten die Deutschen, unter ihnen
auch Intellektuelle wie Thomas Mann, Gottfried Benn oder Theodor W.
Adorno, an die Überlegenheit der Kultur gegenüber der Politik und an ihre
eigene Überlegenheit gegenüber den Nachbarn. Erst nach der Befreiung vom
Nationalsozialismus entwickelte sich eine demokratische Verfassung, deren
Autorität akzeptiert wurde und die bis heute die nationale Identität des
Landes prägt. Wolf Lepenies beschäftigt sich mit dem in Deutschland so
prekären Verhältnis von Kultur und Politik zwischen dem 18. und 20.
Jahrhundert und stellt damit die Katastrophen und Träume der Neuzeit in
ein neues Licht. |
Weitere Werke
von Wolf Lepenies finden sich
hier .
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Weitere
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Stand: 14. Januar 2007
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Wolf Lepenies, geboren am 11. Januar 1941 im ostpreußischen Deuthen
(Allenstein), wächst nach dem Krieg in Koblenz auf. Das Studium der
Soziologie und Philosophie schließt er 1967 in Münster mit der
Dissertation "Melancholie und Gesellschaft" ab, die 1969 auch als Buch
erscheint. 1970 habilitiert er sich an der Freien Universität Berlin.
Von 1977 an forscht Lepenies als Directeur d’études associé an der
Pariser Maison des sciences de l’homme. Nach einem ersten Aufenthalt im
Jahr 1979/80 wird er 1982 Mitglied der School of Science am renommierten
Institute for Advanced Study in Princeton, New Jersey. 1984 nimmt er
eine Berufung an das Wissenschaftskolleg zu Berlin und ordentlicher
Professor für Soziologie an der Freien Universität Berlin an. Dem
Institut in Princeton bleibt er durch regelmäßige Forschungsaufenthalte
(zuletzt 2002-2004) verbunden. 1991/92 ist Lepenies Inhaber der Chaire
européenne am Collège de France in Paris.
1986 übernimmt Wolf Lepenies als Nachfolger von Peter Wapnewski die
Leitung des Wissenschaftskollegs zu Berlin, einem "Institut für
Spitzenforschung und wissenschaftliche Begegnung". Nach den Umbrüchen
des Jahres 1989 sieht der die Notwendigkeit gemeinsamen Lernens mit dem
Osten, um die überkommenen westlichen "Belehrungsgesellschaften" wieder
in fruchtbare "Lerngesellschaften" umzuwandeln. Unter dieser Zielsetzung
setzt er sich mit dem Wissenschaftskolleg in den 1990er Jahren für die
Erneuerung und Stärkung lokaler Wissenschaftseinrichtungen im Ausland
ein. So entsteht in einem europäischen Förderverbund mit dem Collegium
Budapest das erste Institute for Advanced Study in Mittel- und Osteuropa
– eine "einmalige europäische Erfolgsgeschichte" (Ralf Dahrendorf). Es
folgen das New Europe College in Bukarest, die Bibliotheca Classica in
St. Petersburg, das Centre for Advanced Study in Sofia, das
Forschungszentrum Point Sud - Muscler le savoir local in Bamako/Mali
sowie das vom Wissenschaftskolleg initiierte Forschungsprojekt "Europa
im Nahen Osten" am Van Leer Institute in Jerusalem. 1994 hält Wolf
Lepenies in der Frankfurter Paulskirche die Laudatio mit dem Titel "Was
für ein schöner Sonntag!" auf den Träger des Friedenspreis des Deutschen
Buchhandels Jorge Semprún.
2001 übergibt Wolf Lepenies sein Amt an der Spitze des
Wissenschaftskollegs an Dieter Grimm und bleibt dort als "Permanent
Fellow" und bis zu seiner Emeritierung 2006 als Professor an der Freien
Universität engagiert. Von 2000 bis 2004 ist er Autor bei der
"Süddeutschen Zeitung". 2004 übernimmt er einen Aufsichtsratsposten in
der Axel Springer AG und publiziert seitdem exklusiv für die Blätter der
"Welt"-Gruppe.
In seinen eigenen Forschungsarbeiten, die in viele Sprachen übersetzt
werden, und für die er eine Reihe von Preisen und Auszeichnungen erhält,
setzt sich Wolf Lepenies mit den Chancen und Grenzen intellektuellen
Engagements auseinander. Mit seinen Werken "Melancholie und
Gesellschaft" (1969) und "Das Ende der Naturgeschichte" (1976) liefert
er wichtige Beiträge zum Selbstverständnis der Moderne. 1981 gibt er das
vierbändige Werk "Geschichte der Soziologie" mit Studien zur kognitiven,
sozialen und historischen Identität dieser Disziplin heraus. Als sein
Hauptwerk gilt die Studie "Die drei Kulturen. Soziologie zwischen
Literatur und Wissenschaft" (1985) über die Entstehung der
Sozialwissenschaften und ihre nationaltypischen Besonderheiten in
England, Frankreich und Deutschland. In seinem Buch "Folgen einer
unerhörten Begebenheit" (1992) zieht er eine Bilanz der
Wiedervereinigung im Spannungsfeld von westdeutscher Überheblichkeit und
ostdeutschem Ressentiment. Die Ausdifferenzierung der akademischen
Disziplinen während der letzten Jahrhunderte kennzeichnet Lepenies in
seinem Buch "Benimm und Erkenntnis" (1997) als Prozess der "Entmoralisierung"
und plädiert für die notwendige Rückkehr der Werte in die
Wissenschaften. 2006 erschienen sein neuestes Buch "Kultur und Politik.
Deutsche Geschichten" sowie seine Vorlesungen am Collège de France unter
dem Titel "Qu’est-ce qu’un intellectuel européen? La Politique de
l’esprit".
Geehrt wurde Wolf Lepenies unter anderem mit dem
Alexander-von-Humboldt-Preis für seine Verdienste um die
deutsch-französische wissenschaftliche Zusammenarbeit (1984) sowie dem
Leibniz-Ring (1998).
Wolf Lepenies ist Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats der Fritz
Thyssen Stiftung Köln sowie Mitglied zahlreicher renommierter
Vereinigungen wie der American Academy of Arts and Sciences, der
Académie Universelle des Cultures (Paris) sowie der Deutschen Akademie
für Sprache und Dichtung. Er ist Ehrendoktor der Pariser Sorbonne,
Offizier der Französischen Ehrenlegion, Inhaber des Offizierskreuzes des
Verdienstordens der Republik Ungarn und Kommandeur des schwedischen
Königlichen Nordsternordens.
Wolf Lepenies ist verheiratet, hat drei Kinder und lebt in Berlin.
Bibliografie
Quelle:
Börsenverein des dt. Buchhandels
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