Friedenspreis des Dt. Buchhandels 2003
an
Susan Sontag
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Preisverleihung:
12. Oktober 2003, Paulskirche Frankfurt
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"Mit Susan Sontag ehren wir eine
Schriftstellerin, deren erzählendes und essayistisches Werk den
Begriff und den Wert der westlichen Kultur untersucht und
verteidigt. Mit großer analytischer Schärfe hat sie seit den
sechziger Jahren die Ausprägungen der dynamischen Alltagskultur und
ihre Bedeutung für unsere Vorstellung von Modernität und Freiheit
beschrieben. Durch ihre Arbeit, die nie das europäische Erbe aus dem
Blick verlor, ist sie zu der prominentesten intellektuellen
Botschafterin zwischen den beiden Kontinenten geworden. In einer
Welt der gefälschten Bilder und der verstümmelten Wahrheiten ist sie
für die Würde des freien Denkens eingetreten. Auch in dem letzten
ihrer vielen auch in Deutschland einflussreichen Bücher, „Das Leiden
anderer betrachten“, ist sie diesem unverrückbaren Ethos treu
geblieben, als Zeugin einer immer noch von Kriegen heimgesuchten
Epoche mutig und verantwortungsvoll auf dem Recht der Opfer zu
beharren."
(aus der Begründung des
Preiskomitees)
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Sontags neuestes Werk:
Das Leiden anderer betrachten.
Aus d. Amerikan.
v. Reinhard Kaiser.
Hanser 2003. 150 S. 21 cm. Gebunden. 300gr.
ISBN: 3-446-20396-6
15.90 EUR (unverbindlicher Richtpreis)
In diesem wichtigen Buch beschäftigt sich Sontag mit der Kriegsfotografie.
Leseprobe |
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Große Verdienste erwarb sie sich als Vermittlerin der
europäischen, insbesondere der deutschen Literatur. Sontag war oft
umstritten. So stand sie nach dem 11. September 2001 im Zentrum der
amerikanischen Kritik, weil sie die Kommentierung des Attentats auf
das World Trade Center in New York als eine Kampagne von Politikern
und Medien bezeichnete, die das Ziel habe, die Öffentlichkeit zu
verdummen.
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"Nach dem Sieg der Ideologie des Konsums
leben wir jetzt in einem Zeitalter des kapitalistischen Triumphalismus,
in dem das eigensüchtige Handeln in einem bisher ungeahnten Ausmaß
den meisten Leuten völlig akzeptabel, selbstverständlich und
vernünftig erscheint."
Susan Sontag |
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Aus einem
dpa-Interview
anlässlich der Tübinger Poetik-Vorlesungen, 23.06.2003:
dpa: Entwickeln etwa die amerikanische
Gesellschaft und einige westeuropäische Gesellschaften wie
Deutschland oder Frankreich inzwischen unterschiedliche Grundwerte
und Ideale?
Sontag: Ich glaube, dass es heute tatsächlich eine bestimmte
Divergenz der Werte zwischen Europa und den Vereinigten Staaten
gibt, auch tief greifende kulturelle Unterschiede. Zwei Dinge sind
sehr offensichtlich: Zum einen ist dies der Bereich der Religion. In
Europa sind viele Menschen sehr weltlich eingestellt. Die
Vereinigten Staaten dagegen sind ein Land voll von religiösem
Irrsinn, und dass religiöse Worte verwendet werden, um staatliches
Handeln zu rechtfertigen, wird weitgehend akzeptiert.
dpa: Und der zweite gravierende
Unterschied?
Sontag: Deutliche Unterschiede gibt es auch bei der Haltung zur
Gewalt. In den Vereinigten Staaten glauben viele, dass jeder Mensch
das Recht hat, Waffen zu besitzen. Zumindest wird das den Menschen
so vermittelt. Das ist in Europa anders.
dpa: Glauben Sie denn, dass diese
Unterschiede in Zukunft Bestand haben werden?
Sontag: Die Unterschiede wachsen zwar, ich glaube aber nicht,
dass sie ewig oder unumkehrbar sind. Problematisch ist nur, wenn
eine Regierung wie die jetzige die ideologische Hegemonie in den
Vereinigten Staaten innehat. Es gibt derzeit einfach keine
politische Opposition: Die Demokraten haben keinen Mut und stehen
nicht wirklich für eine andere Politik. Deshalb wird es weiterhin
große Unterschiede zwischen Europa und Amerika geben. Problematisch
ist auch, dass die USA so mächtig sind. Inzwischen wollen die
Amerikaner ja gar nicht mehr gemocht werden. Es ist ihnen egal, was
man von ihnen hält - in Europa und anderswo.
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1933 geboren in New York
Sie studierte Philosophie,
Literaturwissenschaft und Theologie unter anderem an der Harvard
University, wo sie dieselben Fächer auch unterrichtete
1959 als Mitherausgeberin der
Zeitschrift "Commentary"
60er Jahren Vorlesungen in
Englisch und Philosophie
1963 The Benefactor
Regisseur-Tätigkeit
Essays, Kurzgeschichten und
Kritiken
National Book Award
(2000)
Prinz-von-Asturien-Preis (2003)
Ehrendoktorwürde der Universität Tübingen (2003)
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