Freihandelsabkommen TTIP. Alle Macht den Konzernen? Von Christian Felber

Freihandelsabkommen TTIP. Alle Macht den Konzernen? Von Christian FelberEU und USA verhandeln seit Juli 2013 über einen transatlantischen Binnenmarkt: TTIP. Die 'größte Freihandelszone der Welt' soll den Wohlstand mehren, verhandelt wird unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

ISBN 978-3-446-24801-4    3,99 €  Portofrei     E-Book bestellen

Die Agenda machen die Konzerne: Sie wollen Regulierungsunterschiede beseitigen - bei Gesundheit, Verbraucherschutz, Arbeitsstandards, kultureller Vielfalt, Nachhaltigkeit. Zudem verlangen die Lobbys Fesseln für die Politik: Regeln sollen vorschreiben, wie demokratisch gewählte Gemeinderäte, Landtage und Parlamente regulieren dürfen. Obendrauf erhalten die Konzerne ein direktes Klagerecht gegen Staaten. Was als 'Freihandel' verkauft wird, entpuppt sich mehr und mehr als Handelsdiktatur. Der Widerstand wächst.

Christian Felber, geboren 1972, ist die prominenteste Stimme der Globalisierungskritik in Österreich, Mitbegründer von Attac, erfolgreicher Autor, freier Tänzer, Universitätslektor und internationaler Referent. Bei Deuticke erschienen u.? a.: 'Die Gemeinwohl-Ökonomie. Das Wirtschaftsmodell der Zukunft' (aktualisierte und erweiterte Neuausgabe 2012), 'Retten wir den Euro!' (2012) und 'Geld. Die neuen Spielregeln' (2014).

Leseprobe

II. Die Inhalte des TTIP

Die klassischen "Handelsbarrieren" Zölle sind zwischen den USA und der EU nur noch "peanuts": im Schnitt vier Prozent. In diesem Sinn ist "Freihandel" praktisch erreicht. Zu den Ausreißern zählen einige Agrarzölle bis 205 Prozent sowie Schuhe und Lederwaren, die mit 63 Prozent Zoll belegt sind. 55 Dennoch ist der Umfang des TTIP-Abkommens enorm, eine Quelle spricht von 2000 Seiten Endversion des Textes. 56 Die EU-Kommission, die mit der Verhandlungsführung beauftragt ist, veröffentlichte zu Verhandlungsbeginn im Juli 2013 eine Serie von "initialen Verhandlungspositionen", die das Ausmaß des Abkommens deutlich machen: Neben "institutionellen Themen" und "technischen Handelsbarrieren" geht es um "sanitäre und phytosanitäre Maßnahmen", Lebensmittel und Landwirtschaft, Rohstoffe und Energie, öffentlichen Einkauf und Auftrag, geistiges Eigentum sowie Investitionsschutz einschließlich Klagerecht für Konzerne – eine Fülle von Themen, die man bei einem "Handelsabkommen" nicht vermuten würde. Es folgt ein Überblick über die wichtigsten Verhandlungsfelder:
a) Regulierung und "technische Handelsbarrieren"

Viel wichtiger als Zölle sind "nichttarifäre Handelshindernisse", das sind Regulierungen und Gesetze aller Art "hinter den Zollmauern", welche den Handel und das grenzüberschreitende Investieren erschweren. Das können unterschiedliche Umwelt-, Sicherheits-, VerbraucherInnenschutz- oder Arbeitsstandards sein, Zulassungs- und Genehmigungsverfahren, Exportbeschränkungen oder Anforderungen für Investoren oder öffentliche Ausschreibungen. Die EU-Kommission erwartet "zwischen zwei Drittel und vier Fünftel der Gewinne eines zukünftigen Abkommens von Regulierungsabbau und besserer Koordinierung der Regulierungsbehörden". 57 Betroffen wären Regulierungen, "egal auf welcher Ebene sie erlassen werden und welche Institution sie erlässt". 58 Allein zum Thema Regulierung beinhaltet das EU-Verhandlungsmandat fünf Bereiche:

ein Teil zu "technischen Handelsbarrieren" (TBT), der über das entsprechende Abkommen der WTO hinausgehen soll 59 : "TBT plus";
einen zu "sanitären und phytosanitären Maßnahmen" (SPS), der analog über das SPS-Abkommen der WTO hinausgehen soll 60 : "SPS plus";
sektorspezifische Maßnahmen und (De-)Regulierungen;
die "Harmonisierung" oder "gegenseitige Anerkennung" bestehender Standards quer durch alle Sektoren; um dies zu erreichen, sind "Transparenz, Regulierungsrichtlinien, Wirkungsstudien, regelmäßige Revisionen bestehender Regulierungen und die Suche nach kostengünstigeren und kompatibleren Maßnahmen" vorgesehen;
Kooperation bei zukünftigen Regulierungen. Diese umfasst die frühzeitige Vorabmeldung aller Regulierungsvorhaben auf allen Ebenen, das Abwarten von Stellungnahmen des Handelspartners, die Aufnahme der vorgeschlagenen Anpassungen oder die Begründung ihrer Nichtaufnahme. So soll TTIP ein "living agreement" werden und entscheidend in die zukünftigen Gesetzgebungsprozesse hineinwirken beziehungsweise diese selbst regulieren. 61
Für die Überwachung der Einhaltung der neuen Regulierungsspielregeln soll eine eigene Behörde eingerichtet werden, ein transatlantischer "Rat für Regulierungskooperation", englisch Regulatory Cooperation Council (RCC). 62 Dieser würde zu einer Art Superschnittstelle im zukünftigen Gesetzgebungsproz

 

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Buchbesprechung

TTIP Konzept gegen die Wirtschaftsdiktatur. Nicht nur Kritik, sondern eine Alternative zu TTIP finden sich in Christian Felbers Buch über das Freihandelsabkommen. Von Daniel Baumann → FR vom 17.04.2015

Erstellt: 20.04.2015 - 09:34  |  Geändert: 02.12.2020 - 18:02

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