Sylvie Neeman und Ingrid Godon: Etwas ganz Großes. Buchempfehlung von Britta Kiersch

Etwas ganz Großes. Von Sylvie Neeman u. Ingrid GodonBuchempfehlung
Sylvie Neeman und Ingrid Godon: Etwas ganz Großes    Mixtvision    ISBN 978-3-95854-019-4     14,90 €

„Ich bin wütend“, sagt der Kleine und leckt sich die Marmeladenfinger ab.
„Wieso bist du wütend?“, fragt der Große ein wenig beunruhigt.
„ Ich bin wütend, weil ich so klein bin. Weil ich gern etwas ganz Großes machen würde.“

Der Kleine und der Große versuchen nun erst einmal zu klären, was dieses „ganz Große“ sein könnte, denn das weiß der Kleine selbst noch gar nicht. Aber wer kennt diese Sehnsucht nicht aus dem eigenen Leben: Etwas Bedeutendes, irgendwie Wichtiges zu tun?

Also versucht der Große dem Kleinen etwas weiterzuhelfen: „Du willst also etwas ganz Großes machen, aber das ist nicht so leicht, weil du noch klein bist, richtig?“
„Richtig.“
„Und wenn du warten würdest, bis du groß bist, um es dann zu machen – das wäre zu einfach?“
„Na klar.“
„Weil…?“
„Weil ich es jetzt machen will. Deshalb bin ich ja so wütend.“

Man spürt, wie wichtig dieses Anliegen ist und der Große räumt der ganzen Sache den gebührenden Ernst ein. Dieser Große (Mutter, Vater, großer Bruder???) ist eine Wohltat, weil er den Kleinen nicht dominiert, sondern den Spielraum lässt, der notwendig ist. Und das ist illustratorisch genial umgesetzt. Das ist in meinen Augen wahre Kunst: Der Große überlagert den Kleinen nie, wird durchscheinend, auch wenn er vor ihm steht, den Arm um ihn legt. Immer ist der Kleine im Zentrum, alles geht um sein Ansinnen und der Große versucht, ihn in jeder Hinsicht zu unterstützen, mit ihm gemeinsam einen Weg zu finden.

Da ist diese Stelle im Buch, wo der Große den Kleinen am liebsten umarmen würde, ganz doll, weil er ihm so leid tut mit seinem Problem, aber er merkt, dass dem das jetzt gar nicht recht wäre. Ingrid Godon zeichnet den Kleinen mit angezogenen Beinen und da sind ganz viele durchsichtige Arme, die in aufnehmen möchten: So werden Gedanken sicht- und nachempfindbar.

Ich möchte nicht verraten, wo und wie der Kleine am Ende etwas vollbringt, dass ihn mit einer großen Zufriedenheit erfüllt, nur dass es geschieht. Und dass mich dieses traumhafte Büchlein mit einer nicht minder großen Zufriedenheit erfüllt hat, ist bestimmt inzwischen jedem klar geworden!

Von Britta Kiersch

 

Die Zitate und Bilder wurden mit Genehmigung des Mixtvision-Verlags veröffentlicht

 → Zum Buch Sylvie Neeman und Ingrid Godon: Etwas ganz Großes

 

Erstellt: 17.03.2015 - 12:43  |  Geändert: 02.12.2020 - 18:02

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