Brynjulf Jung Tjønn: Mein Herz hämmert, dass es wehtut. Buchempfehlung von Britta Kiersch

Buchempfehlung
Brynjulf Jung Tjønn: Mein Herz hämmert, dass es wehtut     Dressler    ISBN  978-3-7915-1999-9     12,99 €

Dieses poetische Büchlein lebt von seinen Leerstellen, die den Lesern viel Raum für eigene Gefühle und Interpretationen lassen, was in meinen Augen genau das richtige Stilmittel für die Thematik des Romans ist. Nämlich der Gegensatz des Lebens schlechthin, der den jungen Protagonisten Henrik umtreibt: Leben und Tod.

Simon war mein großer Bruder, mein Onkel und mein Vater.
Alles auf einmal.
Und jetzt lag er in einem Krankenhausbett und lächelte mich an.
Sein Blick war da und gleichzeitig weit weg.
Seine Augen sahen mich an, ohne mich zu sehen
Bist du das, Henrik? Flüsterte er.
Ja, antwortete ich.
Komm her. Er winkte mich zu sich.
Ich ging ganz nah an sein Bett und kniete mich hin.
Ich fühlte seinen Atem in meinem Gesicht
…
Weißt du was?, fragte ich.
Er gab keine Antwort, sondern atmete nur.
Als ob er seine ganze Kraft aufbringen müsste, um das eine zu schaffte: Luft holen und ausatmen.
Ich weiß, wie es schmeckt, Kjersti zu küssen.
Simon drehte sich zu mir um, sah mir in die Augen. Er lächelte.
Wonach denn?, fragte er.
Es schmeckt nach Kjerstis Lippen und Kjerstis Atem, antwortet ich.
Besser als alles auf der Welt.

Sowenig und doch so viel verrät der Klappentext über diesen besonderen Roman.

Henriks noch sehr junger Onkel Simon (der jüngere Bruder der Mutter) hat für den Jungen mehrere Rollen ausgefüllt und seine Krebserkrankung macht Henrik sehr zu schaffen – Simon hatte doch noch so viel vor und mit wem soll Henrik jetzt über Kjersti reden, in die er so verliebt ist?! Zum Glück übernimmt die energische Kjersti die Initiative, denn sonst hätte der schüchterne Henrik Simon zu seinen Lebzeiten wahrscheinlich nicht viel zu berichten gehabt.

Aber es ist auch Simons Krebserkrankung, die Henrik blockiert. Wie kann er im Wissen um Simons Elend überhaupt nur an Liebe oder Sex denken? Gleichzeitig ist die aufkeimende Beziehung zu Kjersti Henriks Rettungsanker.

Dieser Roman hinterlässt Spuren, weil er mit viel Gespür zeigt, dass das Leben gleichzeitig total sinnlos und ungerecht, aber auch genau richtig und wunderbar sein kann. Und weil Henrik in seiner Verzweiflung und Hoffnung einen jeden von uns widerspiegelt.

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