Der Souveränitätseffekt. Von Joseph Vogl

Der Souveränitätseffekt. Von Joseph VoglWirtschaftskrisen bieten die Chance zur Realisierung des politisch Unbequemen, formulierte Milton Friedman einmal. Die Finanzkrise hat in ihrer jüngsten Zuspitzung zu einer unverkennbaren Krise des Regierens geführt, zu einer Notstandspolitik in der Grauzone zwischen Wirtschaft und Politik: Die Regierungsgeschäfte haben Expertenkomitees, improvisierte Gremien und Troikas übernommen, deren Legitimation der Ausnahmefall ist.

ISBN 978-3-03734-250-3     24,95 €  Portofrei     Bestellen

Diese Entwicklung ist allerdings keineswegs neu. Wie Joseph Vogl in seinem neuen Buch zeigt, sind die Dynamiken des kapitalistischen Systems und des Finanzkapitalismus durch eine Ko-Evolution von Staaten und Märkten geprägt, in der sich wechselseitige Abhängigkeiten etablieren und verstärken. Vom frühneuzeitlichen Fiskus und dem Auftritt des privaten Financiers über die Entstehung von Zentralbanken hin zur Herrschaft von Finanzökonomie und "global governance" zeichnen sich Souveränitätsreservate eigener Ordnung ab, die autonom innerhalb der Regierungspraxis wirken und im Interesse privater Reichtumssicherung die Geschicke unserer Gesellschaften bestimmen: als ungenannte Vierte Gewalt im Staat.

Die aktuelle Dominanz von Finanzmärkten wird so als jüngste Spielart einer Ökonomisierung des Regierens begriffen, in der die Verschränkung von Machtausübung und Kapitalakkumulation informelle Souveränitätseffekte erzeugt.In ihrer jüngsten Zuspitzung hat die Finanzkrise zu einer Sklerose politischer Entscheidungsprozesse, zu einer regelrechten Krise des Regierens geführt: Von den hektischen Verhandlungen über die Rettung von Lehman Brothers im September 2008 bis zu den Diktaten europäischer Krisenpolitik haben Expertenkomitees, improvisierte Gremien oder Troikas die Regierungsgeschäfte übernommen und wurden ausschließlich durch außerordentliche Ereignisse und Ausnahmefälle legitimiert. Diese Notstandspolitik belegt die Effizienz einer Entscheidungsmacht, die sich in Konsortien aus politischen und ökonomischen Akteuren formiert.Vor diesem Hintergrund verfolgt Joseph Vogl die Dynamik eines kapitalistischen Systems, das durch die Ko-Evolution von Staaten und Märkten geprägt ist und zu einer Intensivierung wechselseitiger Abhängigkeiten führte. Die Entgegensetzung von Politik und Wirtschaft, Staat und Markt erweist sich als Legende des Liberalismus und reicht nicht hin, die Dynamik moderner Regierungsmacht zu fassen. Von frühneuzeitlichen Großunternehmen über die Entstehung von Zentralbanken bis zur Herrschaft der Finanzökonomie wird das Geschick unserer Gesellschaften von unkontrollierten "Souveränitätseffekten" bestimmt, in denen sich die Produktion von Werten mit der Organisation von Macht verknüpft.

Pressestimmen

»Ein ebenso kühner wie kluger Traktat zur politischen Ökonomie ... Ein heftiger Streit über diesen Essay wäre hoch willkommen, er wäre ein Streit über das Selbstbild des Westens, die Verteidigung von Ausnahmezuständen und die Möglichkeiten, mit fiskalischer Verzweiflung zu leben.« Jens Bisky, Süddeutsche Zeitung

»Ein Buch von hoher Brisanz.« DIE ZEIT

»Eine profunde kleine Theoriegeschichte der Allianzen von Staat und Finanzmarkt ... ›Der Souveränitätseffekt‹ analysiert eine Macht, die im Kern demokratischer Wirtschaftsgesellschaften entsteht, eine Macht, von der Angela Merkel gerne behauptet, dass sie ›alternativlos‹ sei. Bevor wir das akzeptieren, müssen wir aber überhaupt erst verstehen, worauf wir uns eingelassen haben. Dabei leistet Joseph Vogls Buch unschätzbare Dienste.« Birger P. Priddat, Der Tagesspiegel

»›Ökonomisierung des Regierens‹ ist keine Erfindung des 21. Jahrhunderts. Und das macht das Buch so lesenswert: Vogl geht zurück in die Geschichte, schreibt über Thomas Hobbes' Leviathan, Rousseaus Gesellschaftsvertrag und über die Aufklärer, immer glasklar formuliert und wissenschaftlich fundiert … Seine Kritiker werfen ihm vor, er biete keine Lösungen, sein Buch sei gar von gefährlicher Brisanz … Aber sein Buch ist ein wohl durchdachter Debattenbeitrag und eine intellektuelle Freude in einer Zeit des Schwarz-Weiß-Zeichnens.« Regina Krieger, Handelsblatt

»Wer ist der Souverän im modernen Staat? Indem er detektivisch den historischen Voraussetzungen der aktuellen Finanz- und Haushaltskrisen und dem Zusammenspiel von Finanzmärkten und Regierungshandeln nachspürt, gibt Joseph Vogl eine politisch brisante Antwort.« Jury »Preis der Leipziger Buchmesse«

»Gewinnbringende Wirtschaftsgeschichte.« Thorsten Giersch, Handelsblatt.com

»Ein ebenso kühner wie kluger Traktat zur politischen Ökonomie ... Ein heftiger Streit über diesen Essay wäre hoch willkommen, er wäre ein Streit über das Selbstbild des Westens, die Verteidigung von Ausnahmezuständen und die Möglichkeiten, mit fiskalischer Verzweiflung zu leben.« Jens Bisky, Süddeutsche Zeitung

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Buchbesprechung

  • "Jede Krise ist ein intellektueller Glücksfall" Joseph Vogl über die Allianz zwischen Finanzinstitutionen und Politik. Seit längerer Zeit ist das seltsame Phänomen zu beobachten, dass die Politik unter allen Umständen ihre eigene Entscheidungsmacht an nicht demokratisch legitimierte Institutionen weiter delegieren möchte und dies in zunehmenden Umfang auch tut. Die Politik betreibt Demokratieabbau mit demokratischen Mitteln. Nach den Ausführungen von Joseph Vogl in seinem Buch Der Souveränitätseffekt ist aber dieser Prozess weniger paradox, als man gemeinhin annehmen möchte, weil die Verstrickungen und das einander Zuarbeiten von Politik und Wirtschaft zumindest für den Historiker bereits seit dem Aufkommen der bürgerlichen Gesellschaft zu beobachten waren. Mit der Finanzkrise wird dies nun auch für die Gegenwart offenbar und wir können gewissermaßen in Echtzeit nachvollziehen, wie sehr Finanzinstitutionen mit tatkräftiger Unterstützung der Politik bis in die Belange souveräner Staaten hinein regieren. Telepolis sprach mit dem Autor. Von Reinhard Jellen → Telepolis vom 15.03.2015
  • Neoliberalismus-Kritik. Bleibt also nur noch die Revolte? Der Literaturwissenschaftler Joseph Vogl sucht in „Der Souveränitätseffekt“ die Wurzeln neoliberalen Übels und findet sie in der Auslieferung des Staates an private Akteure. Doch vergisst er dabei einige Kleinigkeiten. Von Werner Plumpe → FAZ vom 11.03.2015
  • Joseph Vogl über sein neues Buch. „Das Finanzregime ist beunruhigt“. Joseph Vogl untersucht die gegenseitigen Abhängigkeiten von Staaten und Märkten. Er analysiert die Herausbildung souveräner Enklaven als „vierte Gewalt“. TAZ vom 11.03.2015

 

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