Srebrenica:
"Symbol des serbischen Faschismus" (Joschka Fischer)?

"Auch die Geschichte von der als "Symbol des serbischen Faschismus " (Joschka Fischer) zu Berühmtheit gelangten Stadt Srebrenica ist nur halb erzählt, wenn man lediglich die Ereignisse vom Sommer 1995 berücksichtigt, als mehrere 10.000 muslimische Zivilisten aus der Enklave brutal vertrieben wurden. Die andere Hälfte der Geschichte ist, daß im Herbst 1992 in den Gemeinden Srebrenica und Bratunac zwischen 1.200 und 1.500 serbische Zivilisten massakriert und 50 serbische Dörfer abgebrannt wurden, wofür Naser Oric, der bosnisch-muslimische General und Kommandant von Srebrenica, verantwortlich zeigte.

Schließlich würde die ganze Wahrheit über Srebrenica noch berücksichtigen müssen, daß der Vorwurf, die bosnischen Serben hätten bei der Eroberung der Schutzzone 6.000 bis 8.000 muslimische Männer exekutiert, in Massengräbern verscharrt und damit das "größte Verbrechen nach dem zweiten Weltkrieg" in Europa begangen, von der amerikanischen Regierung lanciert wurde. Der spätere UN-Bericht über das Massaker stützte sich auf diese offiziellen US-Quellen und die von ihnen bereitgestellten Zeugen. In den Monaten nach dem Fall vor Srebrenica versuchten 24 internationale Journalisten, darunter Mike Wallace von CBS, ein BBC-Team und mehrere CNN-Mitarbeiter, anhand der bekannten US-Satellitenfotos und aller vorliegenden Informationen die Massengräber vor Ort ausfindig zu machen - vergeblich. Die Ereignisse ihrer fruchtlosen Recherchen gaben sie der Weltöffentlichkeit indessen nicht bekannt. Es steht außer Zweifel, daß es beim Fall von Srebrenica Grausamkeiten gegeben hat, aber es ist zu befürchten, daß man ein umfassendes und wahres Bild von diesen und anderen blutigen Geschehnissen in Bosnien, das allen Opfern wirklich gerecht würde und damit einem echten Frieden zuträglich wäre, noch lange nicht bekommen wird." (Seite 228-229)

"Von allen an Serben begangenen Verbrechen in Bosnien sind die Massaker von Srebrenica und Bratunac am besten dokumentiert, so beispielsweise in der Publikation von Milivoy Ivaniservic "Hronika naseg groblja", 1993 in Belgrad erschienen, die die Ereignisse detailliert darstellt und von anderen unabhängigen Komitees als zuverlässige Chronik bewertet wurde. Auch der BBC-Korrespondent Misha Glenny hat im August 1994 in der vom britischen TV-Sender Channel 4 ausgestrahlten Sendung "Journalists at War" eindringlich auf diese Verbrechen hingewiesen.

Im Verlauf der Friedensverhandlungen von Dayton meldeten die Agenturen, daß gegen den für die Verbrechen von Srebrenica und Gratuna verantwortlichen General Naser Oric vor dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag Anklage erhoben werden sollte, was nicht geschah. Statt dessen wurde am nächsten Tag die zweite Anklage gegen den bosnischen Serbenführer Karadzic und seinen General Mladic erhoben - wegen der von ihnen zu verantwortenden Verbrechen in Srebrenica. Gleichzeitig hielt man in den Daytoner Verträgen fest, daß alle Personen von politischen Ämtern in Bosnien ausgeschlossen werden, gegen die in Den Haag ein Verfahren eingeleitet wurde.

Die Informationen über die Recherchen von Journalisten stammen von Obrad Kesic, einem Mitarbeiter und Medienexperten des Internationalen Reserach & Eschanges Board in Washington, und David Binder von der "New York Times", die nicht nur mit einigen der betreffenden Journalisten gesprochen, sondern die Arbeit und Vorgehensweise der Presseleute auch vor Ort, in Bosnien, dokumentiert haben." (Seite 254-255)

Quelle: Mira Beham: "Kriegstrommeln. Medien, Krieg und Politik." DTV 1996. ISBN 3-423-30531-2. 28 DM [B]

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Stand: 24 Dezember 2004
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